Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode<br />
endstand 1990. Gegenüber dem im Zuge der<br />
"Osteuphorie" des vergangenen Jahres erreichten<br />
Höchststand mußten damit Kursabschläge von mehr<br />
als 20 vH hingenommen werden. Ursache hierfür<br />
dürften eine verschlechterte Gewinneinschätzung für<br />
westdeutsche Unternehmen angesichts eingetrübter<br />
Konjunkturdaten und hoher Lohnabschlüsse sowie<br />
schwerwiegende Anpassungsprobleme in den neuen<br />
Bundesländern gewesen sein.<br />
Angesichts der gedämpften Kurssteigerungen blieb<br />
die Bereitschaft vieler Unternehmen <strong>zur</strong> Aufnahme<br />
Dellen Eigenkapitals in diesem Jahr gering. Von Januar<br />
bis August wurden junge Aktien im Wert von<br />
30,9 Mrd DM abgesetzt, 2,5 Mrd DM weniger als in<br />
dpn ersten acht Monaten des Vorjahres. Insbesondere<br />
deutsche Unternehmen verzichteten jedoch vielfach<br />
auf weitere Kapitalbeschaffungsmaßnahmen; der Löwenanteil<br />
der Aktienemissionen entfiel auf ausländische<br />
Gesellschaften.<br />
181. [m Kapitalverkehr mit dem Ausland kam es in<br />
diesem Jahr zu einem deutlichen Umschwung. Ursache<br />
hierfür war zum einen der enorme Finanzierungsbedarf<br />
der öffentlichen Hand und der Privaten, zum<br />
anderen die Notwendigkeit, das mit dem Umschwung<br />
im Außenhandel entstandene Leistungsbilanzdefizit<br />
zu finanzieren. So blieb kein Raum für umfangreiche<br />
Nettokapitalexporte. Vielmehr wurden bis August per<br />
saldo 25, t Mrd DM an Kapital importiert. Die Nettokapitalimporte<br />
konzentrierten sich dabei mit 65,4 l\lrd<br />
DM - einschließlich des Restpostens der Zahlungsbilanz<br />
gerechnet - auf den kurzfristigen Kapitalverkehr.<br />
Vor allem die Geschäftsbanken hatten erhebliche<br />
Celdzuflüsse zu verzeichnen, insbesondere weil<br />
ausländische Schuldner angesichts steigender D1'vI<br />
Zinsen ihre Verschuldung bei deutschen Kreditinstituten<br />
abbauten. [m langfristigen Kapitalverkehr mit<br />
dem Ausland überwogen auch in diesem Jahr noch<br />
die Nettokapitalabflüsse, wenn auch deutlich weniger<br />
t\.httel abströmten als im Jahr zuvor. Von Januar bis<br />
August belief sich der Nettokapitalexport im langfristigen<br />
Bereich auf 40,3 Mrd DM, 25,8 Mrd DM weniger<br />
als im gleichen Vorjahreszeitraum. Der Rückgang<br />
des langfristigen Nettokapitalexports spiegelt dabei<br />
vor allem das gesunkene Interesse von Inländern an<br />
ausländischen Kapitalanlagen wider. Der Zufluß von<br />
Auslandskapital blieb hingegen bis in den Sommer<br />
hinein vergleichsweise gering; im Frühjahr kam es<br />
unter dem Eindruck einer deutlich schwächeren Bewertung<br />
der D-Mark an den Devisenmärkten sogar zu<br />
Abflüssen von ausländischem Kapital. Insbesondere<br />
blieben auch die Direktinvestitionen ausländischer<br />
Unternehmen in der Bundesrepublik gering (Ziffer<br />
282); ausländischen Direktinvestitionen von<br />
2,0 1'vlrd Dl\'f in Deutschland standen Auslandsinvestilionen<br />
deutscher Unternehmen im Wert von 20,4 l\'lrd<br />
DM gegenüber.<br />
Schwächere intematlonale Bewertung der D-Mark<br />
182. An den Devisenmärkten mußte die D-1'vlark vor<br />
allem in den ersten Monaten des Jahres deutliche<br />
Wertverluste hinnehmen (Schaubild 27). Von Januar<br />
bis Oktober ermäßigte sich der gewogene Außenwert<br />
der D-l\lark gegenüber den wichtigsten Handelspart-<br />
nern insgesamt um 3,6 vB. Die nominale Abwertung<br />
der D-Mark verminderte dabei den realen DM-Außenwert<br />
in etwa gleichem Maße; der auf Basis der<br />
Verbraucherpreise ermittelte reale Außenwert der<br />
D-Mark ging bis zum Herbst um 3,8 vH <strong>zur</strong>ück. Ursache<br />
für den Gleichlauf von nominaler und realer Abwertung<br />
ist, daß die Bundesrepublik wegen derin diesem<br />
Jahr deutlich gestiegenen Preissteigerungsraten<br />
in Westdeutschland nicht mehr an vorderer Stelle im<br />
internationalen Stabilitätswettbewerb steht; wichtige<br />
Handelspartner Deutschlands weisen mittlerweile ein<br />
höheres tvlaß an Geldwertstabilität auf als die Bundesrepublik.<br />
Besonders deutlich war die nominale Abwertung der<br />
deutschen Währung gegenüber dem Yen mit bis zu<br />
14 vH, vor allem aber gegenüber dem US-Dollar mit<br />
zeitweise fast 17 vH. Der Dollarkurs stieg von 1,49<br />
DtvflDollar im Dezember 1990 bis auf 1,84 DMIDollar<br />
im Juli; erst unter dem Einfluß massiver Interventionen<br />
verschiedener Notenbanken konnte die Dollar<br />
Hausse gebrochen werden. Verstärkt durch eine Ausweitung<br />
der Zinsdifferenz zwischen den Vereinigten<br />
Staaten und der Bundesrepublik, sackte der Kurs des<br />
Dollar unter teilweise erheblichen Schwankungen bis<br />
zum Herbst auf weniger als 1,70 DM/Dollar ab.<br />
Die heftigen Kursschwankungen des Dollar haben<br />
sich damit auch in diesem Jahr fortgesetzt. Der Kursanstieg<br />
in der ersten Jahreshälfte bedeutete dabei<br />
zum einen eine Korrektur der Dollarschwäche des<br />
vergangenen Jahres, als sich der Wert der amerikanischen<br />
Währung unter dem Eindruck der Krise in der<br />
Golfregion und der nachlassenden Konjunkturdynamik<br />
in den Vereinigten Staaten auf einen historischen<br />
Tiefstand von weniger als 1,45 DM/Dollar ermäßigte.<br />
Jedoch dürfte nur ein Teil der Dollaraufwertung in<br />
diesem Jahr auf verbesserte Aussichten tür die US<br />
Wirtschaft nach Beendigung des Goltkrieges <strong>zur</strong>ückzuführen<br />
sein; der Rückgang des DM-Wechselkurses<br />
gegenüber dem US-Dollar spiegelt auch eine Schwäche<br />
der deutschen Währung wider. Offenbar waren<br />
die Akteure an den Finanzmärkten nicht davon überzeugt,<br />
daß der Transformationsprozeß in den neuen<br />
Bundesländern ohne eine Schwächung der westdeutschen<br />
Wirtschaft werde gelingen können. Insbesondere<br />
die Schwierigkeiten bei der Konsolidierung der<br />
öffentlichen Finanzen, aber auch die Beschleunigung<br />
der Geldentwertung dürften <strong>zur</strong> Schwäche der<br />
D-l\1ark beigetragen haben.<br />
D"r Wctndel in der Wertschätzung der D-Mark wirkte<br />
sich auch auf das Währungsgefüge im Europäischen<br />
Währungssystem aus. Allein von Jahresanfang bis<br />
zum April wurde die D-I'vlark gegenüber dem gewogenen<br />
Durchschnitt der am Interventionsmechanismus<br />
des Europäischen Währungssystems teilnehmenden<br />
Währungen um etwa 1V2 vH abgewertet. Besonders<br />
stark war der WertverIust der D-Mark dabei gegenüber<br />
den mit erweiterter Bandbreite am Wechselkursmechanismus<br />
teilnehmenden Währungen, nämlich<br />
dem britischen Pfund und der spanischen Peseta.<br />
Im weiteren Jahresverlauf konnte sich der Kurs der<br />
D-"tvlark im Währungsverbund des EWS zwar wieder<br />
verbessern, doch lag der DM-Außenwert gegenüber<br />
den EWS-Währungen im Oktober noch immer um<br />
0,4 vH niedriger als zu Jahresanfang.<br />
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