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Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode<br />

468. Eine mögliche Variante der Privatisierung ist<br />

die Auslagerung des Infrastrukturangebots an privatwirtschaftlich<br />

organisierte Gesellschaften, bei denen<br />

der Staat Mitgesellschafter ist. So ist es heute gang<br />

und gäbe, daß Flugbäfen und große Umscblageinrichtungen<br />

im Verkehrsbereich im wesentlichen nach privatwirtschaftlichen<br />

Kriterien organisiert sind und die<br />

damit bereitgestellte Infrastruktur durch die Benutzer<br />

finanziert wird. Auch hier soll durch professionelles<br />

Management eine größere Effizienz erreicht werden.<br />

Wichtig ist, daß geeignete Mechanismen vorliegen,<br />

die ein Ansteigen der Kosten verhindern.<br />

469. Entwicklungs- oder Erschließungsgesellschaften,<br />

sei es auf Landesebene oder auf kommunaler<br />

Ebene, können mit öffentlicher Beteiligung oder rein<br />

privat organisiert werden (JG 90 Ziffer 589). Ihre Leistung<br />

ist die Bereitstellung von Standorten, etwa die<br />

Erschließung von Gewerbefläche, die sie in einem<br />

Paket gegebenenfalls mit Hochbauteo, der KornmunikationsinfrastruktuI,<br />

dem Entsorgungssystem und der<br />

Verkehrsanbindung anbieten. Ihre Leistung kann<br />

aber auch darin bestehen, die Entscheidungsprozesse<br />

verschiedener staatlicher Stellen, von Länderministerieo,<br />

Kreisen, Gemeinden und anderen organisatorischen<br />

Einheiten wie regionalen Planungsgemeinschatten<br />

zu bündeln und zu koordinieren und damit<br />

dem [nvestor die Ansiedlung erheblich zu erleichtern.<br />

Entwicklungs- oder Erschließungsgesellschaften können<br />

den Staat entlasten.<br />

470. Wie beim Betreibermodell erstellt auch beim<br />

Leasing-Modell eine private Gesellschaft das Infrastrukturprojekt.<br />

Die private Gesellschaft ist Eigentümerin<br />

und überläßt dem Staat gegen eine Leasingrate<br />

die Nutzung. Nach Ablauf der Leasingzeit kann der<br />

Staat die Infrastruktur gegebenenfalls erwerben. Im<br />

Gegensatz zum Betreibermodell übernimmt der Leasingnehmer<br />

nicht das Risiko, ob bei der Nutzung der<br />

Infrastruktur Einnahmen entstehen; dieses liegt beim<br />

Staat. Dagegen wälzt der Staat - ähnlich wie beim<br />

Betreibermodell - das Risiko der Baukosten weitgehend<br />

auf den Leasingnehmer ab. Es wird erwartet,<br />

daß private Gesellschaften bei der Erstellung eine<br />

besseH~ Kostenkontrolle und ein effizienteres ~lanageHlent<br />

haben und daß die Infrastruktur schneller angeboten<br />

wird. Offen bleibt, ob diese Kostenvorteile<br />

weitergegeben werden. Von daher ist zu überprüfen,<br />

ob die Infrastruktur auch auf Dauer preiswerter bereitgesteLLt<br />

wird. Die öffentlichen Haushalte werden<br />

vorübergehend entlastet, weil die Baukosten nicht sofort<br />

haushaltswirksam werden. Allerdings ist zu beachten,<br />

daß das Leasing-Modell ähnlich wie eine Verschuldung<br />

wirkt, da der Staat später laufende Zahlungen<br />

zu leisten hat.<br />

471. Der Staat kann aber auch die Herstellung der<br />

Infrastruktur an einen Generalunternehmer auslagern,<br />

um auf diese Weise Defizite in Planung und<br />

Abwicklung der Programme zu kompensieren. Der<br />

Staat ist in diesem Fall Eigentümer. Auch bei dieser<br />

Lösungmuß die zu erstellende Leistung imvoraus eindeutig<br />

festgelegt werden. Das ist aber erfahrungsgemdß<br />

schwierig; die dabei notwendig werdenden Revisionen<br />

führen zu hohen Kostensteigerungen.<br />

Regulierungen aus der alten Bundesrepublik ­<br />

Hemmnisse im TransforrnationsprozeB?<br />

472. Für den Umbau der Wirtschaft in Ostdeutscbland<br />

war die Übernahme der westdeutschen institutionellen<br />

Infrastruktur von erheblichem Vorteil, da<br />

anders als in den osteuropäischen Ländern institutionelle<br />

Regelungen nicht neu geschaffen werden mußten<br />

und ein funktionierendes und erprobtes System<br />

mit dem Beitritt sofort <strong>zur</strong> Verfügung stand. Allerdings<br />

stellt sich bei der Vereinigung der beiden deutschen<br />

Staaten die Frage, inwieweit die institutionellen<br />

Regelungen, die für die hochentwickelte alte Bundesrepublik<br />

konzipiert wurden, auf den Transformationsprozeß<br />

von der Planwirtschaft <strong>zur</strong> Marktwirtschaft<br />

passen.<br />

Die institutionellen Regelungen Westdeutschlands<br />

sind auf eine Volkswirtschaft zugeschnitten, die sich<br />

- mit hohem Anspruchsniveau ihrer Bürger - an<br />

einen mehr oder weniger stetigen Wachstumsprozeß<br />

gewöhnt hat, der durch konjunkturelle Bewegungen<br />

überlagert wird und von strukturellen Anpassungen,<br />

allerdings in einem allmählichen Prozeß, begleitet ist.<br />

Die Anreizwirkungen dieser institutionellen Regelungen<br />

können den Transformationsprozeß der ostdeutschen<br />

Wirtschaft erheblich behindern. In Westdeutschland<br />

haben die institutionellen Regelungen<br />

die Flexibilität des wirtschaftlichen Systems etwa im<br />

Interesse des sozialen Schutzes und der Abfederung<br />

negativer Beschäftigungseffekte verringert und durch<br />

die Regulierung des Marktabgangs und des Marktzugangs<br />

den Wettbewerb nicht gerade intensiviert<br />

(JG 85 Ziffern 32011.). Eine VolksWirtschaft im Übergang<br />

braucht dagegen institutionelle Regelungen, die<br />

angesichts der Komplexität der Probleme verwaltungsmäßig<br />

leicht zu handhaben sind, die den Marktzugang<br />

für neue Unternehmen öffnen, die den Zeitbedarf<br />

der Anpassungsprozesse reduzieren und die insgesamt<br />

mehr Flexibilität mit sich bringen. Von daher<br />

divergiert das Anforderungsprofil, das die neuen Bundesländer<br />

an die institutionellen Regelungen stellen,<br />

von den Charakteristika, die die westdeutschen Regelungen<br />

aufweisen.<br />

473. Es stellt sich damit die Frage, wo - bei grundsätzlich<br />

einheitlichem Rechtssystem ~ von der westdeutschen<br />

Regulierung vorübergehend abgewichen<br />

werden kann, um den Emeuerungsprozeß in Ostdeutschland<br />

zu beschleunigen. Eine Reihe von rechtlichen<br />

Regelungen, insbesondere solche, die für die<br />

Überführung des staatlichen Eigentums in privates<br />

Eigentum gelten, mußte ohnehin für die spezifischen<br />

Tatbestände Ostdeutschlands neu konzipiert werden.<br />

Die in Westdeutschland anerkannten Rechte mußten<br />

neu bewertet werden, wobei der wirtschaftlichen Erneuerung<br />

in Ostdeutschland, den dafür notwendigen<br />

Investitionen und dem Aufbau von Arbeitsplätzen ein<br />

besonderes Gewicht zukommt. Es kann grundsätzlich<br />

nicht ausgeschlossen werden, daß die spezifischen<br />

Gegebenheiten in Ostdeutschland zu einer anderen<br />

Bewertung eines Rechts im Vergleich zu Westdeutschland<br />

führen. Ein Beispiel hierfür ist § 3a Vermögensgesetz.<br />

474. Genehmigungsverfahren und ihre Dauer beeinflussen<br />

den Abbau des Engpasses in der Infra-<br />

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