Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode<br />
Der Staatshaushalt wird in dem laufenden Finanzjahr<br />
(April <strong>1991</strong> bis März 19<strong>92</strong>) mit einem Defizit in Relation<br />
zum Bruttosozialprodukt von schätzungsweise<br />
1 1 12. vH abschließen. Darin spiegeln sich die konjunkturbedingt<br />
höheren Ausgaben für Transferleistungen<br />
wider, aber auch der geringere Anstieg der Einnahmen<br />
vor allem im Unternehmenssektor. Die Regierung<br />
hat der Verschlechterung der Haushaltsposition<br />
nicht entgegengewirkt, beabsichtigt jedoch, den Konsolidierungskurs<br />
mittelfristig beizubehalten. Die im<br />
Jahre <strong>1991</strong> ergriffenen steuerlichen Maßnahmen<br />
(Senkung der Gemeindesteuer, Erhöhung der Mehrwertsteuer,<br />
Senkung der Körperschaftsteuer) hatten<br />
im Gesamtergebnis keinen Effekt auf den Haushalt.<br />
14. Auch in Schweden und in Finnland war die Wirtschaftsentwicklung<br />
von rezessiven Tendenzen geprägt.<br />
Angesichts hoher Zinsen, einer verschlechterten<br />
Gewinnsituation und einer gesunkenen Kapazitätsauslastung<br />
haben die Unternehmen ihre Investitionsgüternachfrage<br />
kräftig reduziert. In Finnland<br />
wurde die schwere Rezession dadurch verschärft, daß<br />
mit der Auflösung des Clearing-Verfahrens im Handel<br />
mit der Sowjetunion ein wichtiger Exportmarkt fast<br />
vollständig weggebrochen ist. Lediglich die kräftige<br />
Ausweitung der staatlichen Nachfrage konnte das<br />
Ausmaß des Konjunktureinbruchs etwas begrenzen.<br />
In Schweden hat man dagegen auf konjunkturstützende<br />
Ausgabenprogramme in diesem Jahr verzichtet.<br />
Die Geldpolitik hat ihren restriktiven Kurs durch<br />
die Anbindung der Krone an den ECU im Mai dieses<br />
Jahres bekräftigt. Auch in Finnland entschloß man<br />
sich im Juni zu diesem Schritt, um der Schwäche der<br />
Finnmark entgegenzuwirken.<br />
In Norwegen war die gesamtwirtschaftliche Entwicklung<br />
in diesem Jahr von gegenläufigen Kräften geprägt.<br />
Der Anstieg des Bruttosozialprodukts von etwa<br />
3 vH geht hauptsächlich auf die kräftigere Aktivität im<br />
ölproduzierenden Sektor und auf die Impulse seitens<br />
der Staatsnachfrage <strong>zur</strong>ück. Dagegen nahm die Konsumgüternachfrage<br />
der privaten Haushalte nur geringfügig<br />
zu, da angesichts steigender Arbeitslosigkeit<br />
und hoher Verschuldung ein größerer Teil der<br />
Einkommen gespart wurde. Auch blieb die Investitionstätigkeit<br />
außerhalb des ölproduzierenden Sektors<br />
schwach: Die Investitionsgüternachfrage der Unternehmen<br />
stagnierte, und im Wohnungsbau wurde<br />
das Vorjahresniveau nochmals deutlich unterschritten.<br />
15. In den übrigen Ländern Kontinentaleuropas verlangsamte<br />
sich das Expansionstempo gegenüber dem<br />
Vorjahr deutlich, doch konnten alle LänderWachstum<br />
verzeichnen. Vergleichsweise stark war das Wachstum<br />
außer in Westdeutschland in den iberischen Ländern,<br />
in Österreich und in den Beneluxländern; die<br />
Anzahl der Beschäftigten stieg nochmals an, wenn<br />
auch nicht mehr so kräftig wie im Vorjahr, so daß die<br />
Arbeitslosenquoten nicht oder lediglich in geringem<br />
rv1aße weiter <strong>zur</strong>ückgeführt werden konnten. Die gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage expandierte in diesen<br />
Ländern im Durchschnitt des Jahres mit gut 2112 vH.<br />
Die Beneluxländer und Österreich haben dabei in besonderem<br />
Maße von der kräftigen Steigerung ihrer<br />
Exporte in die Bundesrepublik profitieren könnenj<br />
gestützt wurde das Wachstum aber auch durch die<br />
Binnennachfrage. Angesichts der wenig verminder-<br />
ten Lohnzuwächse hatten die Haushalte kaum Veranlassung,<br />
ihre Konswngüternachfrage einzuschränken,<br />
zumal die Kaufkraft ihrer Einkommen nur in geringem<br />
Maße durch steigende Preise vennindert<br />
wurde. Somit stieg der Private Verbrauch in diesen<br />
Ländern mit einer Rate von etwa 3 vH nur wenig<br />
schwächer als im Vorjahr. Dagegen hat sich die<br />
Wachstumsrate der Anlageinvestitionen gegenüber<br />
dem Vorjahr halbiert (etwa 3 vH). Mit der allgemeinen<br />
Konjunkturabschwächung im westlichen Ausland<br />
und damit einhergehend einem schwachen Exportwachstum<br />
hatten die Unternehmen nur wenig Grund,<br />
ihre Kapazitäten auszuweiten. Besonders stark ließ<br />
die Investitionstätigkeit in den Beneluxländern nach.<br />
In Österreich und den iberischen Ländern blieb die<br />
Investitionstätigkeit dagegen vergleichsweise kräftig.<br />
In dieser Entwicklung spiegelte sich insbesondere die<br />
weiterhin lebhafte Bautätigkeit wider, die in Spanien<br />
zusätzliche Impulse durch die Vorbereitungen auf die<br />
Olympischen Spiele und auf die Weltausstellung in<br />
Sevilla erhielt.<br />
16. In Frankreich und in Italien, wie auch in der<br />
Schweiz und in Dänemark expandierte die gesamtwirtschaftliche<br />
Nachfrage dagegen nur schwach, und<br />
die Arbeitslosigkeit stieg wieder an. In diesen Ländern<br />
hatte sich die Konjunktur bereits seit dem Herbst<br />
letzten Jahres merklich abgekühlt, und zum Jahreswechsel<br />
stagnierte die gesamtwirtschaftliche Produktion,<br />
in der Schweiz ging sie sogar deutlich <strong>zur</strong>ück.<br />
Die schwache Nachfrageentwicklung war vor allem<br />
durch die stagnierende Investitionstätigkeit der Unternehmen<br />
geprägt. Die geringere Kapazitätsauslastung<br />
machte eine EIWeiterung der Anlagen in vielen<br />
Fällen nicht erforderlich. Von der Finanzierungsseite<br />
her haben sich zudem die Bedingungen für eine höhere<br />
Investitionstätigkeit erst allmählich verbessert.<br />
Auf die Unternehmensgewinne drückte nicht nur die<br />
schlechte Absatzentwicklung; hierzu hat auch der<br />
wenig gebremste Lohnanstieg vor allem in Italien und<br />
in der Schweiz erheblich beigetragen. Die Nachfrage<br />
im privaten Wohnungsbau expandierte in diesen Ländern<br />
kaum noch. Angesichts der scblechten Konjunkturlage<br />
haben die Haushalte Ausgaben in diesem Bereich,<br />
aber auch beilanglebigen Konsumgütern - vor<br />
allem bei Personenkraftwagen - vielfach <strong>zur</strong>ückgestellt.<br />
Daß der Private Verbrauch gleichwohl die wichtigste<br />
Konjunkturstütze blieb, lag hauptsächlich an<br />
den wenig verminderten Nominallohnsteigerungen,<br />
die den Haushalten noch relativ kräftige Realeinkommenszuwächse<br />
sicherten. In Frankreich verminderte<br />
allerdings die Erhöhung der Abgabenlast den Anstieg<br />
der verfügbaren Einkommen. Von der Auslandsnachfrage<br />
kamen dagegen nur schwache Impulse. Zwar<br />
profitierten diese Länder von höheren Lieferungen in<br />
die Bundesrepublik, jedoch wirkte sich die Konjunkturschwäche<br />
in anderen Ländern stärker aUSi die exportorientierten<br />
Unternehmen in Italien und in der<br />
Schweiz litten zudem unter der schlechten preislichen<br />
Wettbewerbsfähigkeit ihrer Produkte.<br />
Abgeschwächte Expansionsdynamik<br />
im pazifischen Raum<br />
17. Das hohe Wachstumstempo in Japan hat sich im<br />
Verlaufe des Jahres verlangsamt. Nachdem das Brut-<br />
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