Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
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wicklungsstadium der Blastozyste sei<br />
ebenso untersagt wie eine <strong>Embryonen</strong>herstellung<br />
zu diesem Zweck, sagte Engels.<br />
Zwar habe eine pluripotente Zelle<br />
den Status eingebüßt, ein vollständiger<br />
Embryo zu sein, ihre Gewinnung, so<br />
Engels weiter, sei jedoch nicht ohne<br />
Zerstörung oder Schädigung des Embryos<br />
möglich. Ebenfalls verboten sei<br />
die Benutzung bereits existierender, so<br />
gen<strong>an</strong>nter überzähliger <strong>Embryonen</strong> aus<br />
der IVF zur Entnahme von Stammzellen.<br />
Der Import von im Ausl<strong>an</strong>d hergestellten,<br />
pluripotenten embryonalen<br />
Stammzellen (ES-Zellen) sei ethisch<br />
bedenklich, jedoch gesetzgeberisch<br />
nicht verboten. Nun würden Entwicklungen<br />
in der Biomedizin, etwa das<br />
therapeutische Klonen, die Frage aufwerfen,<br />
ob das ESchG geändert werden<br />
solle.<br />
Wolfrum erklärte, er halte eine Änderung<br />
des Gesetzes vorerst nicht für<br />
erforderlich. Die DFG lehne therapeutisches<br />
ebenso wie reproduktives Klonen<br />
nach wie vor ab. Vorr<strong>an</strong>gig solle<br />
weiterhin die ethisch unbedenklichere<br />
<strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> adulten Stammzellen<br />
(AS-Zellen) gefördert werden. Falls<br />
sich die Notwendigkeit einer <strong>Forschung</strong><br />
<strong>an</strong> ES-Zellen bestätigen sollte<br />
und die bisherigen Möglichkeiten dafür<br />
nicht ausreichen, schlage die DFG<br />
eine „zeitlich befristete“ Lockerung des<br />
ESchG vor.<br />
In der Frage des Lebensschutzes des<br />
Embryos sieht Wolfrum eine Ähnlichkeit<br />
zur Abtreibungsfrage, auch<br />
wenn bei der Stammzellforschung dem<br />
Lebensrecht des Embryos kein direktes,<br />
den vitalen mütterlichen Bedürfnissen<br />
gleichwertiges Äquivalent<br />
entgegengestellt werden könne. „Der<br />
Preis einer eingeschränkten Eröffnung<br />
dieser <strong>Forschung</strong> unter wissenschaftlicher<br />
und ethischer Kontrolle k<strong>an</strong>n gemessen<br />
<strong>an</strong> dem Schutz, den der Embryo<br />
im deutschen Recht de facto genießt,<br />
gering gehalten werden“, heißt es in<br />
seinem Thesenpapier. In der Diskussion<br />
wurde eingewendet, dass auch eine<br />
geringfügige Einschränkung des Lebensschutzes<br />
zw<strong>an</strong>gsläufig seine Vernichtung<br />
zur Folge habe. Merkel ging so<br />
weit, „ein echtes subjektives Grundrecht<br />
des Embryos auf Lebens- und<br />
Würdeschutz“ generell in Abrede zu<br />
stellen.<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
Visionen<br />
Einen ähnlichen St<strong>an</strong>dpunkt vertrat<br />
der britische Genomforscher Austin<br />
Smith. Nach seiner Ansicht ist der Fetus<br />
bis zur Geburt noch kein Mensch,<br />
sondern lediglich als „Teil des menschlichen<br />
Lebenszyklus“ zu betrachten. Der<br />
Embryo müsse jedoch allein schon wegen<br />
seines gewaltigen Potenzials<br />
besonders geachtet und geschätzt werden.ES-Zellen,möglicherweise<br />
der „biomedizinische<br />
Rohstoff des 21. Jahrhunderts“,<br />
seien aus der inneren Zellmasse<br />
von Blastozysten leicht zu gewinnen.<br />
ES-Zellen seien fähig, sich in identische<br />
Zellen zu teilen und schier grenzenlos<br />
zu vermehren. Zugleich zeigten sie<br />
eine ausgeprägte Plastizität. Smith hofft,<br />
aus ihnen tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tierbare Ersatzgewebe<br />
zu züchten. Nach Stimulation mit<br />
Wachstumsfaktoren könnten sie in den<br />
Händen von Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tationsmedizinern<br />
zu ausgezeichneten Werkzeugen<br />
werden. Bei zahlreichen bisl<strong>an</strong>g unheilbaren<br />
Kr<strong>an</strong>kheiten wie Herzinfarkt,Parkinsonismus,<br />
multipler Sklerose, Typ-1-<br />
Diabetes oder Mukoviszidose seien<br />
künftig neue, sehr effektive Beh<strong>an</strong>dlungsmöglichkeiten<br />
denkbar.Schon bald<br />
könnten ES-Zellen in der pharmazeutischen<br />
<strong>Forschung</strong> eingesetzt werden.<br />
Smith führte aus, dass adulte Stammzellen<br />
sich weniger gut zur Weiterentwicklung<br />
der Gentherapie eigneten.<br />
Unter In-vitro-Bedingungen seien sie<br />
nicht so problemlos zu vermehren wie<br />
ES-Zellen. Ob die <strong>an</strong>gestrebten Differenzierungsprozesse<br />
bei ES-Zellen tatsächlich<br />
gut steuerbar und eine etwaige<br />
Onkogenität beherrschbar seien, müsse<br />
vordringlich erforscht werden. Restriktionen<br />
auf nationaler Ebene dürften die<br />
internationale Zusammenarbeit nicht<br />
behindern, so Smith.<br />
Auftragsforschung<br />
Der Bonner Neuropathologe Oliver<br />
Brüstle kritisierte die bisherigen <strong>Forschung</strong>sbedingungen<br />
in Deutschl<strong>an</strong>d.<br />
In einem früheren Projekt hatte Brüstle<br />
tierische ES-Zellen zu Vorläuferzellen<br />
gezüchtet und in die Gehirne von Mäusen<br />
mit einer Markscheidenerkr<strong>an</strong>kung<br />
tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tiert. Dort war der Zellersatz<br />
zu Myelin-bildenden Stützzellen ge-<br />
reift. Um weitere <strong>Forschung</strong>en auch mit<br />
menschlichen ES-Zellen durchzuführen,<br />
sei er aufgrund der Gesetzeslage in<br />
Deutschl<strong>an</strong>d jedoch auf Importe aus<br />
dem Ausl<strong>an</strong>d <strong>an</strong>gewiesen, sagte Brüstle.<br />
Zelllinien, aber auch Verfahren und<br />
selbst die <strong>Forschung</strong>sergebnisse, müssten<br />
dem ausländischen Partner zurückgegeben<br />
werden. „Krass gesagt, das ist<br />
Auftragsforschung für das Ausl<strong>an</strong>d“,<br />
beschrieb er die Situation. Auch um<br />
nicht in den Ruf einer – so Brüstle –<br />
„Doppelmoral“ zu geraten, möchte er<br />
die rechtlichen Grundlagen für die<br />
Stammzellforschung in Deutschl<strong>an</strong>d neu<br />
geregelt wissen.<br />
Brüstle stellte dar, warum sich ES-<br />
Zellen für die <strong>Forschung</strong> besser eigneten<br />
als AS-Zellen. Einzelne Gene könnten<br />
aus dem Kernmaterial gezielt eliminiert<br />
und ein Zellersatz zu Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tationszwecken<br />
einfacher hergestellt werden.AS-Zellen<br />
seien wenig proliferativ,<br />
ihre Anreicherung in der Zellkultur bisl<strong>an</strong>g<br />
selten gelungen und die gezielte<br />
Umzüchtung (Tr<strong>an</strong>sdifferenzierung)<br />
noch wenig überzeugend.<br />
Als ein wichtiger Vorteil der AS-Zellen<br />
müsse jedoch deren immunologische<br />
Kompatibilität gesehen werden, da<br />
ihr Spender zugleich Empfänger sei.<br />
Ebenso dürfe nicht verk<strong>an</strong>nt werden,<br />
dass die <strong>Forschung</strong> mit ES-Zellen gewisse<br />
Risiken berge.Diese beträfen ihre<br />
Zelltyp-Spezifizierung und den Reinheitsgrad<br />
der verwendeten Kulturen,<br />
was vielleicht zu Teratomen (Missbildungen)<br />
führen könnte.<br />
Einen Konflikt zwischen den <strong>Forschung</strong>en<br />
<strong>an</strong> ES-Zellen und AS-Zellen<br />
gibt es nach Brüstles Einschätzung<br />
nicht. Die meisten Stammzellforscher<br />
seien <strong>an</strong> beiden Richtungen interessiert,<br />
um sie mitein<strong>an</strong>der zu vergleichen.<br />
Gewarnt werden müsse allerdings<br />
vor allzu optimistischen Erwartungen.<br />
Vor dem Einsatz beim Menschen seien<br />
viele abgestufte Vorversuche notwendig,<br />
und früheste Therapieerfolge erst in<br />
fünf bis zehn Jahren zu erwarten.<br />
Auswirkungen auf die<br />
Gesellschaft<br />
Ein entschiedenes Plädoyer für eine<br />
Beschränkung der <strong>Forschung</strong> auf AS-<br />
Zellen unternahm der amerik<strong>an</strong>ische<br />
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