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Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...

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Heft 30, 25. Juli 2003<br />

Stammzellforschung<br />

„Verletzung der<br />

Menschenwürde“<br />

Die EU-Kommission will die <strong>Forschung</strong><br />

<strong>an</strong> embryonalen Stammzellen<br />

unter bestimmten Bedingungen<br />

mit einer Milliardensumme fördern. Das<br />

geht aus einer Vorlage des <strong>Forschung</strong>skommissars<br />

der EU, Philippe Busquin,<br />

hervor, die die Brüsseler Behörde am<br />

9. Juli verabschiedete. D<strong>an</strong>ach soll die<br />

<strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> embryonalen Stammzellen<br />

erlaubt sein, wenn diese bereits vor dem<br />

27. Juni 2002 existierten. Zusätzliche Zellen<br />

zu <strong>Forschung</strong>szwecken dürften nicht<br />

erzeugt werden, sagte Busquin.<br />

Außerdem sollten nur <strong>Forschung</strong>sarbeiten<br />

gefördert werden, für die es keine<br />

alternativen Methoden gebe, ergänzte<br />

der EU-Kommissar. Es dürften lediglich<br />

embryonale Stammzellen verwendet<br />

werden, die nicht von Eltern genutzt<br />

werden könnten. Zudem müssten diese<br />

der Verwendung der <strong>Embryonen</strong> zustimmen.<br />

Der Stichtag ist nach Aussage<br />

Busquins das Datum, <strong>an</strong> dem die Europäische<br />

Union das sechste <strong>Forschung</strong>srahmenprogramm<br />

beschlossen hat. Darin<br />

ist für die Biotechnologie bis zum Jahr<br />

2006 ein Etat von mehr als zwei Milliarden<br />

Euro vorgesehen. Bis Jahresende<br />

gilt in der EU ein Moratorium für die<br />

Förderung embryonaler Stammzellforschung.<br />

Der Kommissionsvorlage muss<br />

noch – nach einer Anhörung des Europäischen<br />

Parlaments – der Ministerrat<br />

zustimmen.<br />

In Deutschl<strong>an</strong>d stößt die EU-<strong>Forschung</strong>spl<strong>an</strong>ung<br />

auf scharfe Kritik. „Die<br />

Mittel der Europäischen Union dürfen<br />

nicht für eine <strong>Forschung</strong> ausgegeben werden,<br />

die die Menschenwürde verletzt“,<br />

sagte Dr.med.Otmar Kloiber,stellvertretender<br />

Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer,<br />

in Berlin. Kloiber hält es<br />

für sk<strong>an</strong>dalös, Mittel des EU-<strong>Forschung</strong>sprogramms<br />

für verbrauchende <strong>Embryonen</strong>forschung<br />

einzusetzen. „Hier werden<br />

190<br />

D O K U M E N T A T I O N<br />

Der EU-Beschluss über das <strong>Forschung</strong>sförderungsprogramm<br />

stößt in Deutschl<strong>an</strong>d auf scharfe Kritik.<br />

die ethischen Bedenken gegen eine <strong>Forschung</strong>,<br />

die menschliches Leben verbraucht,<br />

völlig<br />

ignoriert. Eine derartige Missachtung unserer<br />

Wertvorstellungen und unserer Verfassung<br />

durch die EU-Kommission ist inakzeptabel.<br />

So k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> ein gemeinsames<br />

Europa nicht aufbauen.“ Kloiber<br />

hält die EU-<strong>Forschung</strong>spl<strong>an</strong>ung auch aus<br />

medizinischer Sicht nicht für sinnvoll:<br />

„Betrachtet m<strong>an</strong> die Fakten,so muss m<strong>an</strong><br />

feststellen,dass es bereits heute viele Therapien<br />

mit adulten Stammzellen gibt. Damit<br />

k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> Menschen helfen, dafür<br />

sollten auch <strong>Forschung</strong>smittel ausgegeben<br />

werden.“ Die <strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> adulten<br />

Stammzellen sei ethisch unproblematisch<br />

und medizinisch viel sinnvoller. Kloiber<br />

gab zu bedenken, dass in äußerst fragwürdiger<br />

Weise mit den Gefühlen und<br />

Hoffnungen schwer kr<strong>an</strong>ker Menschen<br />

gespielt werde, da mit der embryonalen<br />

Stammzellforschung zu leichtfertig unrealistische<br />

Heilsversprechen verbunden<br />

würden.<br />

Der Staatssekretär im Bundesforschungsministerium,<br />

Wolf Michael Catenhusen,<br />

kündigte <strong>an</strong>, dass die Bundesregierung<br />

nach wie vor eine Lösung auf<br />

der Grundlage der deutschen Regelung<br />

<strong>an</strong>strebe. „Wir hoffen, unsere Partner in<br />

der EU von unserer Auffassung überzeugen<br />

zu können und eine Lösung zu<br />

finden, welche die ethischen Grundüberzeugungen<br />

aller Mitgliedstaaten respektiert.“<br />

Nach Aussage Catenhusens<br />

will die Bundesregierung weiterhin auf<br />

Grundlage des Bundestagsbeschlusses<br />

vom 30. J<strong>an</strong>uar 2002 zu embryonalen<br />

Stammzellen verh<strong>an</strong>deln, wonach die Fin<strong>an</strong>zierung<br />

der <strong>Forschung</strong>sarbeiten aus<br />

Mitteln der EU auf bestehende Stammzelllinien<br />

beschränkt werden soll. „Die<br />

Bundesregierung will alles dafür tun, um<br />

bis Ende des Jahres einen Kompromiss<br />

im EU-Ministerrat zu erreichen“, sagte<br />

Catenhusen. Auch der Europaabgeordnete<br />

Dr. med. Peter Liese (CDU) hält<br />

den Beschluss für nicht hinnehmbar. Die<br />

von der EU-Kommission vorgesehene<br />

Stichtagsregelung bezeichnete Liese als<br />

eine „Täuschung“. Sie sei kein Zugeständnis<br />

<strong>an</strong> die Kritiker der <strong>Forschung</strong><br />

mit embryonalen Stammzellen: „M<strong>an</strong><br />

k<strong>an</strong>n die Position der Europäischen<br />

Kommission damit vergleichen,dass m<strong>an</strong><br />

entscheidet, Menschen, die vor einem<br />

bestimmten Stichtag geboren wurden,<br />

zum Zwecke der Gewinnung von Org<strong>an</strong>en<br />

zu töten, Menschen, die nach diesem<br />

Stichtag geboren wurden, jedoch nicht.“<br />

Die deutsche Regelung sehe dagegen<br />

vor,dass m<strong>an</strong> die Zellen,die aus menschlichen<br />

<strong>Embryonen</strong> gewonnen wurden,<br />

unter bestimmten, sehr strengen Auflagen<br />

benutzen könne,aber nicht <strong>Embryonen</strong><br />

selbst zu <strong>Forschung</strong>szwecken zerstören<br />

dürfe.<br />

Die CDU-Abgeordnete Katharina<br />

Reiche sprach dagegen von einem guten<br />

Tag für die <strong>Forschung</strong> in Europa. Es<br />

müsse akzeptiert werden, dass unterschiedliche<br />

rechtliche, ethisch-moralische<br />

und religiöse Auffassungen zu<br />

Stammzellen und überzähligen <strong>Embryonen</strong><br />

existieren. Gisela Klinkhammer

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