Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
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Heft 22, 1. Juni 2001<br />
Die Würde des Menschen ist un<strong>an</strong>tastbar.<br />
Das wird wohl von niem<strong>an</strong>dem<br />
bestritten.Doch ab w<strong>an</strong>n<br />
besitzt ein Embryo eine menschliche<br />
Würde? Darf <strong>an</strong> menschlichen <strong>Embryonen</strong><br />
geforscht werden, oder dürfen<br />
gar embryonale Stammzellen zu <strong>Forschung</strong>szwecken<br />
hergestellt werden?<br />
Nein – ist die Antwort des 104. Deutschen<br />
Ärztetages. Er erteilt der Herstellung,<br />
dem Import und der Verwendung<br />
von embryonalen Stammzellen eine<br />
klare Absage. Einschränkend wurde allerdings<br />
das Wort „derzeit“ eingefügt.<br />
Der Ärztetag w<strong>an</strong>dte sich damit gegen<br />
die Empfehlungen der Deutschen <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft<br />
(DFG), die den<br />
Import embryonaler Stammzellen und<br />
l<strong>an</strong>gfristig auch deren Gewinnung in<br />
Deutschl<strong>an</strong>d zulassen will (dazu DÄ,<br />
Heft 19/2001).<br />
Dieser Vorstoß der DFG ziele auf<br />
eine Änderung des <strong>Embryonen</strong>schutzgesetzes<br />
ab, um die <strong>Forschung</strong> mit<br />
embryonalen Stammzellen auch in<br />
Deutschl<strong>an</strong>d zu ermöglichen. Der Ärztetag<br />
stimmt in dieser Frage mit Bundespräsident<br />
Joh<strong>an</strong>nes Rau überein, der<br />
sich in seiner Berliner Rede „Wird alles<br />
gut? – Für einen Fortschritt nach<br />
menschlichem Maß“ am 18. Mai ebenfalls<br />
für eine Beibehaltung des <strong>Embryonen</strong>schutzgesetzes<br />
ausgesprochen hatte:<br />
„Auch hochr<strong>an</strong>gige Ziele wissenschaftlicher<br />
<strong>Forschung</strong> dürfen nicht darüber<br />
bestimmen, ab w<strong>an</strong>n menschliches Leben<br />
geschützt werden soll.“<br />
Um die vielen noch offenen Fragen<br />
der zellulären Entwicklungsbiologie<br />
zu klären, seien weitere intensive<br />
<strong>Forschung</strong>s<strong>an</strong>strengungen notwendig,<br />
heißt es in dem Beschluss. „Die Wissen-<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
TOP I: Ethik<br />
Die Unverfügbarkeit<br />
menschlichen Lebens<br />
Die Delegierten des Ärztetages legten sich (vorerst) fest:<br />
nein zur embryonalen Stammzellforschung, nein zur<br />
aktiven Euth<strong>an</strong>asie. Bei der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
konnten sie sich auf keine eindeutige Position einigen.<br />
Der Gesetzgeber soll zunächst die Rechtslage klären.<br />
92<br />
schaftler müssen die Öffentlichkeit<br />
sachlich und fundiert über die Grundlagen<br />
der <strong>Forschung</strong> mit embryonalen<br />
und adulten Stammzellen informieren“,<br />
forderte der Ärztetag. Auch die<br />
Quellen für menschliche Stammzellen<br />
müsse m<strong>an</strong> genau benennen (überzählige<br />
<strong>Embryonen</strong>, fetales Gewebe, adulte<br />
Stammzellen). Dabei dürften sich Ärzte<br />
und Patienten keine übertriebenen<br />
Hoffnungen auf eine baldige therapeutische<br />
Anwendung dieser Techniken<br />
machen. Die Öffentlichkeit müsse „ergebnisoffen“<br />
in den Dialog über die<br />
ethischen und rechtlichen Probleme<br />
eingebunden werden, um Möglichkeiten,<br />
aber auch Grenzen der <strong>Forschung</strong><br />
mit embryonalen Stammzellen zu erkennen.<br />
Der Präsident der Bundesärztekammer,<br />
Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe,<br />
sagte, er erwarte, dass der Beschluss<br />
eine politische Entscheidung zur embryonalen<br />
Stammzellforschung zumindest<br />
hinauszögere. Eine ethisch vertretbare<br />
Alternative sei die <strong>Forschung</strong> mit<br />
adulten Stammzellen oder Stammzellen<br />
aus Nabelschnurblut. Diese müsse<br />
gefördert werden, so wie es die Deutsche<br />
<strong>Forschung</strong>sgemeinschaft in ihrer<br />
vorletzten Stellungnahme noch empfohlen<br />
habe.<br />
Der Beschluss des Ärztetages wurde<br />
mehrheitlich gefasst. Zum Thema <strong>Embryonen</strong>forschung<br />
gab es zuvor jedoch<br />
erheblichen Diskussionsbedarf. Eine<br />
g<strong>an</strong>ze Reihe von Delegierten wollte einer<br />
Empfehlung des Vorsitzenden des<br />
Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer,<br />
Prof. Dr. med. Karl-<br />
Friedrich Sewing, folgen, der dafür plädierte,zunächst<br />
das Votum des Beirates,<br />
der sich in einem eigenen Ausschuss mit<br />
dem Problem beschäftige, abzuwarten.<br />
Zahlreiche Delegierte betonten dagegen,<br />
dass m<strong>an</strong> die Debatte nur befördern<br />
könne, wenn m<strong>an</strong> sich dar<strong>an</strong> beteilige,<br />
statt abzuwarten.<br />
Die Delegierten fordern<br />
rechtliche Klarheit<br />
Schwieriger als bei der embryonalen<br />
Stammzellforschung fiel dem Ärztetag<br />
eine Einschätzung der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
(<strong>PID</strong>). Auf eine klare<br />
Pro- oder Kontraposition wollte sich<br />
die Mehrheit der Delegierten nicht festlegen.<br />
Ein Grund dafür ist die bisher<br />
noch ungeklärte Rechtslage. Die Delegierten<br />
des Ärztetages appellierten deshalb<br />
<strong>an</strong> den Gesetzgeber, rechtliche<br />
Klarheit über die Zulässigkeit der <strong>PID</strong><br />
herzustellen. Es müsse geklärt werden,<br />
inwieweit genetische Untersuchungen<br />
von <strong>Embryonen</strong> vor einer möglichen<br />
Übertragung in die Gebärmutter mit<br />
der geltenden Rechtslage zu vereinbaren<br />
seien.<br />
Ärzte sähen sich häufig dazu gedrängt,<br />
Rat suchende Paare in einer<br />
Konfliktsituation auf eine Beh<strong>an</strong>dlung<br />
im Ausl<strong>an</strong>d hinzuweisen und sich dadurch<br />
möglicherweise strafbar zu machen.<br />
„Dies ist für die Ärzteschaft eine<br />
untragbare Situation“, heißt es in dem<br />
Beschluss. Für den Fall einer Zulassung<br />
müsse der Gesetzgeber weitere Kriterien<br />
für eine maximale Eingrenzbarkeit<br />
dieser Methode mitgestalten. Außerdem<br />
sollten zahlreiche noch offene Fragen<br />
geklärt werden, zum Beispiel wie es<br />
zu gewährleisten sei, dass der Embryo<br />
nur auf die genetischen Belastungen<br />
oder Chromosomenstörungen der Eltern<br />
untersucht wird und ob sich die<br />
Möglichkeit eines Spätschw<strong>an</strong>gerschaftsabbruchs<br />
nach Pränataldiagnostik mit<br />
einem Verbot der <strong>PID</strong> widerspruchsfrei<br />
vereinbaren lässt.<br />
Ein Antrag von Prof. Dr. med. Winfried<br />
Kahlke, Ärztekammer Hamburg,<br />
sprach sich dafür aus, „<strong>PID</strong> nicht in die<br />
medizinische Praxis aufzunehmen und<br />
das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz in seiner<br />
gegenwärtigen Fassung zu belassen“.<br />
Nach Auffassung Kahlkes bedeutet die<br />
Etablierung dieser Methode, dass die<br />
Entscheidung, welche Kinder ausgetra-