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Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...

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des Ergebnisses der PGD in der Regel<br />

eine spätere Pränataldiagnostik erforderlich<br />

ist.<br />

Auch der Verweis auf die Praxis im<br />

Ausl<strong>an</strong>d überzeugt nicht. Der deutsche<br />

Gesetzgeber k<strong>an</strong>n nur für den eigenen<br />

Zuständigkeitsbereich Regelungen treffen.<br />

Abweichende Bestimmungen im<br />

Ausl<strong>an</strong>d beeinflussen die Begründetheit<br />

der nationalen Regelung nicht. Die in<br />

Deutschl<strong>an</strong>d geltenden Arbeitsschutzbestimmungen<br />

können beispielsweise nicht<br />

schon deshalb zur Disposition gestellt<br />

werden, weil in Jap<strong>an</strong> oder Indien das<br />

Schutzniveau niedriger ist. Wenn es vernünftige<br />

Gründe für Schutzbestimmungen<br />

gibt,sollten sie verwirklicht werden –<br />

und möglicherweise <strong>an</strong>deren Staaten als<br />

Beispiel dienen. Das muss auch und vor<br />

allem für den Schutz menschlichen Lebens<br />

gelten.<br />

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass<br />

der Anwendung der PGD in Deutschl<strong>an</strong>d<br />

gegenwärtig mehrere Strafvorschriften<br />

des ESchG entgegenstehen.<br />

Dies gilt nicht nur bei der Verwendung<br />

totipotenter Zellen. Die PGD stellt nach<br />

geltendem Recht generell eine missbräuchliche<br />

Anwendung von Fortpfl<strong>an</strong>zungstechniken<br />

dar.<br />

Die rechtspolitische Frage, ob die bestehenden<br />

Schutzvorschriften geändert<br />

werden sollten, ist damit zwar nicht be<strong>an</strong>twortet.Falls<br />

sich aber die gesellschaftlichen,<br />

ethischen und verfassungsrechtlichen<br />

Einschätzungen, die zum ESchG<br />

geführt haben, seit dessen Verabschiedung<br />

im Jahr 1990 nicht verändert haben,<br />

gibt es keinen Grund, das Tor zur bedingten<br />

Zeugung mit vorgepl<strong>an</strong>ter Selektion<br />

und einkalkulierter Vernichtung menschlicher<br />

<strong>Embryonen</strong> zu öffnen.<br />

Literatur beim Verfasser<br />

Rainer Beckm<strong>an</strong>n<br />

Richter am Amtsgericht<br />

Mitglied der Enquete-Kommission „Recht und Ethik<br />

der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages<br />

Friedenstraße 3a, 97318 Kitzingen<br />

Wertungswidersprüche – oder<br />

widersprüchliche Wertungen?<br />

In der Debatte über die Einführung der<br />

Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik auf der<br />

Grundlage einer Richtlinie der Bundesärztekammer<br />

taucht, um die Zulässig-<br />

D O K U M E N T A T I O N<br />

keit der <strong>PID</strong> zu begründen, immer wieder<br />

die Argumentationslinie auf, es gebe<br />

einen Wertungswiderspruch zwischen<br />

§ 218 StGB neuer Fassung und einem<br />

Verbot der <strong>PID</strong>.Es könne nicht sein,dass<br />

dem Embryo in vitro eine höhere<br />

Schutzwürdigkeit zuerk<strong>an</strong>nt wird als<br />

dem Embryo in vivo, dessen Abtreibung<br />

nach § 218 a StGB straffrei möglich sein<br />

k<strong>an</strong>n. Demgegenüber betont Hepp zu<br />

Recht, dass auf der Grundlage der<br />

Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

die Tötung eines Embryos in vivo<br />

rechtswidrig ist; insoweit besteht in<br />

der Tat kein Wertungswiderspruch.Hepp<br />

versucht d<strong>an</strong>n aber dennoch einen Wertungswiderspruch<br />

unter Berufung auf die<br />

klinische Wirklichkeit, die Möglichkeit<br />

einer „Schw<strong>an</strong>gerschaft auf Probe“ unter<br />

§ 218 StGB und einen auf den Zeitpunkt<br />

der <strong>PID</strong> <strong>an</strong>tizipierten Schw<strong>an</strong>gerschaftskonflikt<br />

zu konstruieren. Dagegen ist<br />

Folgendes einzuwenden:<br />

➀ Auf der Suche nach einem möglichen<br />

Wertungswiderspruch kommt es<br />

entscheidend darauf <strong>an</strong>, die richtigen Bezugspunkte<br />

zu wählen. Nicht die Nichtdurchführung<br />

der <strong>PID</strong> „zwingt“ später<br />

zu einem Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch, sondern<br />

die Durchführung der In-vitro-Fertilisation.Wenn<br />

die Rede von einem <strong>an</strong>tizipierten<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch sein<br />

soll, muss konsequent <strong>an</strong>tizipiert werden,<br />

das heißt nicht nur bis zur Möglichkeit<br />

der <strong>PID</strong>, sondern bis zum Segen der<br />

IVF. Die entscheidende Frage lautet<br />

d<strong>an</strong>n, ob im Zeitpunkt der Durchführung<br />

der IVF entweder eine Situation<br />

vorliegt, die bereits zu diesem Zeitpunkt<br />

einen Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch rechtfertigen<br />

würde, oder ob bereits zum Zeitpunkt<br />

der IVF feststeht, dass später ein<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch gerechtfertigt<br />

sein wird. Im ersten Fall ist die Durchführung<br />

der IVF nicht nachvollziehbar.<br />

Im zweiten Fall ist wesentlich, dass die<br />

medizinische Indikation des § 218 a Abs.<br />

2 StGB ausschließlich auf die Gesundheit<br />

der Frau und nicht auf das Kind abstellt.Zum<br />

Wegfall der früheren embryopathischen<br />

Indikation formuliert Eser in<br />

Schönke/Schröder, Kommentar zum<br />

StGB,25.Auflage:„Obgleich es schon bei<br />

der bisher (das heißt nach § 18 StGB<br />

a. F.) eingeräumten Zulassung eines<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruchs im Falle einer<br />

genetischen und pränatalen Schädigung<br />

des Kindes nicht um die Verhinde-<br />

rung erbkr<strong>an</strong>ken Nachwuchses als solches<br />

ging, sondern letztentscheidend damit<br />

allein der Schw<strong>an</strong>geren die befürchtete<br />

psychische Belastung erspart werden<br />

sollte, war damit die Gefahr nicht<br />

auszuschließen, dass dadurch l<strong>an</strong>gfristig<br />

das Tor zur platten Eugenik geöffnet<br />

werden könnte.“ . . . „Deshalb ist vor jedem<br />

Automatismus zwischen Befund<br />

und Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch zu warnen.“<br />

Was bedeutet das für einen „<strong>an</strong>tizipierten<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaftskonflikt“ im<br />

Zeitpunkt der IVF? Dass eine physische<br />

Gesundheitsgefahr für die Frau, die eine<br />

Abtreibung nach § 218 a Abs. 2 StGB<br />

rechtfertigt, aufgrund einer durch die<br />

<strong>PID</strong> festzustellenden Behinderung des<br />

Kindes droht, ist unwahrscheinlich. Soweit<br />

bereits im Zeitpunkt der Durchführung<br />

einer IVF bei der Gesamtwürdigung<br />

der Umstände soziale Aspekte eine<br />

Abtreibung rechtfertigen würden, wäre<br />

die Durchführung der IVF nicht nachvollziehbar.<br />

Bleiben psychische Gesundheitsgefahren<br />

für die Frau.Muss in einem<br />

solchen Fall die IVF durchgeführt werden?<br />

Wenn bei einem Paar mit hohem<br />

Risiko für eine schwerwiegende Behinderung<br />

des Nachwuchses (nur d<strong>an</strong>n soll<br />

nach dem Richtlinienentwurf eine <strong>PID</strong><br />

zugelassen werden) diese Behinderung<br />

eine solche seelische Gefahr für die Mutter<br />

bedeuten würde, dass dies eine Abtreibung<br />

rechtfertigte, stellt sich die Frage,ob<br />

in dieser Situation die IVF gerechtfertigt<br />

ist.Werden hier nicht mit dem Segen<br />

einer neuen Technik Mutter und<br />

Kind in einen Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />

getrieben? Diese Fragen werden umso<br />

drängender, wenn m<strong>an</strong> bedenkt, dass der<br />

<strong>PID</strong> ausschließlich eine rationale Entscheidung<br />

zu ihrer Durchführung vor<strong>an</strong>geht,<br />

was im Fall der natürlichen Fortpfl<strong>an</strong>zung<br />

mit derselben Ausschließlichkeit<br />

nicht als Regelfall unterstellt werden<br />

k<strong>an</strong>n.Wenn üblicherweise pränatale Diagnostik<br />

und <strong>PID</strong> verglichen werden, sei<br />

hier die Frage gestellt, weshalb die IVF<br />

eine Konfliktsituation überhaupt aufbauen<br />

muss, nur weil sie sich nach einer<br />

<strong>PID</strong> möglicherweise „einfacher“ lösen<br />

lässt als nach einer <strong>PND</strong>.<br />

➁ Unter Berufung auf die in der klinischen<br />

Wirklichkeit bestehende Möglichkeit<br />

einer „Schw<strong>an</strong>gerschaft auf Probe“<br />

in Verbindung mit der <strong>PND</strong> konstruiert<br />

Hepp d<strong>an</strong>n doch einen <strong>an</strong>geblichen Wer-<br />

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