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Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...

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mehrheitlich auch bei den Abgeordneten<br />

und Sachverständigen abgezeichnet, sagte<br />

er im Anschluss <strong>an</strong> die Anhörung. „Es<br />

müsste einen erheblichen Gesinnungsw<strong>an</strong>del<br />

geben, wenn das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />

geändert und die <strong>PID</strong> zugelassen<br />

werden sollten.“ Der Status des<br />

Embryos und seine Schutzwürdigkeit<br />

müssten jedoch noch grundlegend und<br />

präzise geklärt werden.<br />

Für Benda liegt die rechtliche Situation<br />

auf der H<strong>an</strong>d: „Die Frage, von welchem<br />

Zeitpunkt <strong>an</strong> menschliches Leben<br />

unter dem Schutz der Menschenwürde<br />

steht, ist verfassungsrechtlich dahin zu<br />

be<strong>an</strong>tworten, dass dies vom Zeitpunkt<br />

der Befruchtung – in vivo oder in vitro –<br />

der Fall ist“, sagte er. Nach der Entscheidung<br />

des Ersten Senats von 1975 komme<br />

jedem menschlichen Leben Menschenwürde<br />

zu. Dabei sei es unwesentlich, ob<br />

sich der Träger dieser bewusst sei<br />

(BVerfGE 39, 1). „Abstufungen der<br />

Menschenwürde gibt es nicht“, erklärte<br />

Benda. „Die <strong>PID</strong> verbietet sich daher.“<br />

Dieser Ansicht ist auch Prof. Dr.<br />

Wolfram Höfling, Staatsrechtler <strong>an</strong> der<br />

Universität Köln. Ein explizites Verbot<br />

der <strong>PID</strong> könnte verfassungsrechtlich<br />

Heft 7, 15. Februar 2002<br />

Eine Sternstunde des deutschen Parlamentarismus<br />

sei die Debatte um die<br />

<strong>Embryonen</strong>forschung im Bundestag<br />

gewesen – so das Urteil zahlloser Kommentatoren.<br />

Ohne Polemik und Fraktionszw<strong>an</strong>g,<br />

sachlich und ernst seien die<br />

Abgeordneten ihrem Auftrag nachgekommen.<br />

Eines wird dabei übersehen: Wieder<br />

hat die Politik nicht den Mut aufgebracht,<br />

zu einer klaren Entscheidung zu<br />

kommen, wieder einmal hat sie ein entschiedenes<br />

„Jein“ zust<strong>an</strong>de gebracht.<br />

Die Meinungsverschiedenheiten über<br />

den genauen Wortlaut des nun fälligen<br />

Gesetzes zeigen einmal mehr, dass Politik<br />

hierzul<strong>an</strong>de nicht mehr die Kunst<br />

des Machbaren bedeutet, sondern vielmehr<br />

die Kunst, jedes größere Problem<br />

ungelöst vor sich herzuschieben.<br />

Die Nicht-Entscheidung des Bundestages<br />

zur <strong>Embryonen</strong>forschung ist<br />

138<br />

D O K U M E N T A T I O N<br />

gerechtfertigt werden, meinte er; eine<br />

Klarstellung durch den Gesetzgeber<br />

müsste aber dennoch erfolgen. Als Argumente<br />

gegen die <strong>PID</strong> führte er das<br />

<strong>Embryonen</strong>schutzgesetz <strong>an</strong>. Darin werde<br />

nach §2 Abs.1 bestraft, wer einen<br />

extrakorporal erzeugten Embryo zu einem<br />

nicht seiner Erhaltung dienenden<br />

Zweck verwendet. Als Embryo gelte<br />

nach §8 Abs.12 auch jede einem Embryo<br />

entnommene totipotente Zelle.<br />

„Untersucht m<strong>an</strong> die Stellungnahmen<br />

der Vertreter, die die <strong>PID</strong> und die Verwerfung<br />

eines geschädigten Embryos für<br />

strafbar halten, fragt m<strong>an</strong> vergeblich<br />

nach einer haltbaren juristischen Begründung“,<br />

meint hingegen Prof. Dr.<br />

Monika Frommel, Direktorin des Instituts<br />

für S<strong>an</strong>ktionsrecht und Kriminologie<br />

der Universität Kiel. „De lege lata ist die<br />

<strong>PID</strong> unter engen Voraussetzungen in<br />

Deutschl<strong>an</strong>d erlaubt.“ Als Rechtfertigungsgründe<br />

nennt Frommel die spezielle<br />

medizinische Situation sowie einen allgemeinen<br />

Notst<strong>an</strong>d. Dieser könne entstehen,<br />

da eine risikoreiche Impl<strong>an</strong>tation<br />

die körperliche und seelische Gesundheit<br />

der Patientin schädige. Der Arzt<br />

dürfe deshalb nach § 34 StGB eine Gü-<br />

Deutsche (Gesundheits-)Politik<br />

Ein klares Jein<br />

nur ein Beispiel für die lähmende Unentschlossenheit<br />

der Politik. Wohin<br />

m<strong>an</strong> blickt in der Gesundheitspolitik –<br />

überall herrscht Stillst<strong>an</strong>d. Wem k<strong>an</strong>n<br />

m<strong>an</strong> noch plausibel vermitteln, dass es<br />

über eine schier endlose Zeit hinweg<br />

nicht möglich ist, die Medizinerausbildung<br />

zu reformieren? Wer –<br />

außer einer H<strong>an</strong>d voll Experten – ist<br />

noch in der Lage, innerhalb eines Kr<strong>an</strong>kenversicherungssystems,<br />

das dringend<br />

reformbedürftig ist, aber seit Jahrzehnten<br />

Opfer einer detailversessenen Regelungswut<br />

ist, den Überblick zu bewahren?<br />

Wie immer m<strong>an</strong> zur Rezertifizierung<br />

der ärztlichen Approbation<br />

stehen mag – fast unerträglich ist die<br />

Vorstellung, dass dieses Thema in den<br />

nächsten zehn Jahren l<strong>an</strong>dauf, l<strong>an</strong>dab<br />

in diversen Ländergremien beh<strong>an</strong>delt<br />

wird, ohne dass eine klare Entscheidung<br />

fällt. Das föderale System, für<br />

terabwägung treffen und die Gesundheit<br />

der Frau als das höhere Rechtsgut zulasten<br />

des <strong>Embryonen</strong>schutzes retten.<br />

Für ethisch vertretbar hält Dr.Viktoria<br />

Stein-Hobohm vom Justizministerium<br />

Rheinl<strong>an</strong>d-Pfalz die <strong>PID</strong>, wenn diese<br />

auf Hochrisikopaare begrenzt wird.<br />

Zu diesem Ergebnis kommt auch der<br />

Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer.<br />

Er appelliert deshalb <strong>an</strong><br />

den Gesetzgeber, die Rechtslage zu<br />

klären. „Sollte die <strong>PID</strong> erlaubt werden,<br />

ist die Indikation in jedem Einzelfall zu<br />

prüfen“, ergänzte Hoppe. Eine Festlegung<br />

auf bestimmte Diagnosen verbiete<br />

sich, um eine regelhafte Anwendung der<br />

<strong>PID</strong> in solchen Fällen zu vermeiden. Es<br />

soll lediglich der Zust<strong>an</strong>d einer Erkr<strong>an</strong>kung<br />

beschrieben werden. Gegen die<br />

Auflistung der Erkr<strong>an</strong>kungen mit einer<br />

„Generalklausel“ wendet sich Benda.<br />

Dies widerspräche der vom Bundesverfassungsgericht<br />

entwickelten Wesentlichkeitstheorie.<br />

D<strong>an</strong>ach müssen wesentliche<br />

Entscheidungen vom Gesetzgeber<br />

selbst getroffen werden und dürfen nicht<br />

<strong>an</strong> <strong>an</strong>dere Entscheidungsgegner (<strong>an</strong> die<br />

Eltern, den Arzt und die Ethikkommission)<br />

delegiert werden. Dr. med. Eva A. Richter<br />

dessen Etablierung es einmal gute<br />

Gründe gab, dient inzwischen dazu, jeden<br />

Reform<strong>an</strong>satz, der den Abstimmungsprozess<br />

auf Bundesebene überst<strong>an</strong>den<br />

hat, aus politischem Kalkül<br />

oder Koalitionsräson zunichte zu machen.<br />

(Gesundheits-)Politiker müssen entscheiden,<br />

und sie müssen die Ver<strong>an</strong>twortung<br />

dafür übernehmen. Politik<br />

k<strong>an</strong>n nicht heißen, es jedem recht machen<br />

zu wollen und jedem größeren<br />

Problem eleg<strong>an</strong>t aus dem Weg zu gehen.Aber<br />

noch herrscht die Devise „im<br />

Großen kleckern, im Kleinen klotzen“<br />

vor. Und so freuen wir uns auf die Gesetzesinitiative<br />

der Bundesregierung,<br />

mit der Jugendlichen unter 16 Jahren<br />

mithilfe einer Chipkarte die Benutzung<br />

von Zigarettenautomaten verwehrt<br />

werden soll. In welcher Welt leben die<br />

Politiker? Thomas Gerst

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