Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Knorpel, Sehnen, Muskeln, Leber. Sogar<br />
Nervenzellen bildeten sich. Neurale<br />
Stammzellen, isoliert aus einer erwachsenen<br />
Maus, können nach Impl<strong>an</strong>tation<br />
in frühe Embryonalstadien einer Empfängermaus<br />
in zahlreichen Geweben<br />
und Org<strong>an</strong>en identifiziert werden. Ein<br />
breites Differenzierungsspektrum ließ<br />
sich auch für Stammzellen aus dem<br />
Skelettmuskel nachweisen. Eine Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tation<br />
von Knochenmarkzellen behob<br />
bei Mäusen einen <strong>an</strong>sonsten wahrscheinlich<br />
tödlich verlaufenden Leberschaden.<br />
Im April 2001 hat eine amerik<strong>an</strong>ische<br />
Arbeitsgruppe über die Regeneration<br />
von Cardiomyozyten nach<br />
Herzinfarkt berichtet. Sie umspritzte<br />
das infarzierte Gebiet mit Blutstammzellen<br />
aus einem Spendertier. Bei<br />
Mäuseherzen mit künstlich erzeugtem<br />
Infarkt erreichte eine weitere Arbeitsgruppe<br />
durch Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tation von<br />
Blutstammzellen eine Gefäßneubildung<br />
und Regeneration der Cardiomyozyten.<br />
Auch autologe Blutstammzellen werden<br />
zur Gefäßneubildung nach einer induzierten<br />
Ischämie des Skelettmuskels<br />
verwendet. Allerdings gel<strong>an</strong>gen den<br />
Forschern die meisten Versuche bisher<br />
nur im Tiermodell.<br />
Klinische Relev<strong>an</strong>z fraglich<br />
Im Gegensatz zu den adulten Stammzellen<br />
sind die embryonalen Stammzellen<br />
aus Zelllinien eine fast unerschöpfliche<br />
Quelle. Die Konzentration pluripotenter<br />
Stammzellen im erwachsenen<br />
Org<strong>an</strong>ismus ist dagegen gering. Aber<br />
nur diese reifen in Gewebe mit sehr<br />
niedrigen Teilungsraten, wie Neuronen,<br />
Cardiomyozyten oder Inselzellen, aus.<br />
Bei den Tiermodellen wurden Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tate<br />
aus <strong>an</strong>gereicherten Zellen eines<br />
Spendertiers verwendet. Das Tier<br />
musste geopfert werden. Ob adulte<br />
Stammzellen klinische Relev<strong>an</strong>z erreichen,<br />
ist daher fragwürdig.<br />
Die Verwendung von embryonalen<br />
Stammzellen birgt jedoch ethische Probleme<br />
und auch einige Gefahren. Im<br />
Tierversuch induzierte die Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tation<br />
von unreifen embryonalen Zellen<br />
Teratome oder Teratokarzinome. Der<br />
Einsatz spezieller Kulturbedingungen<br />
k<strong>an</strong>n diese Gefahr allerdings zumindest<br />
im Tierversuch beseitigen. Eine Tr<strong>an</strong>s-<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
pl<strong>an</strong>tation von aus ES-Zellen abgeleiteten<br />
Spenderzellen führt in einem erwachsenen<br />
Org<strong>an</strong>ismus möglicherweise<br />
zu Abstoßungsreaktionen. Daher<br />
müssen die ES-Zellen zuerst auf einen<br />
geordneten Differenzierungsweg gelenkt<br />
werden (Priming). Ob sich aus<br />
menschlichen ES-Zellen Spenderzellen<br />
gewinnen lassen, wird derzeit intensiv<br />
untersucht. Nur durch <strong>Forschung</strong>sarbeiten<br />
<strong>an</strong> menschlichen ES-Zellen lassen<br />
sich solche Informationen ableiten.<br />
Nabelschnurblut, das in der Regel<br />
nach der Geburt entsorgt wird, enthält<br />
eine begrenzte Anzahl von Blutstammzellen<br />
und pluripotenten Stammzellen.<br />
Durch Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tation dieser Zellen<br />
lässt sich ein intaktes Blut- und Immunsystem<br />
wiederherstellen. Nabelschnurblut<br />
enthält jedoch keine ausreichende<br />
Zahl von Stammzellen, um auch größere<br />
Kinder und Erwachsene zu beh<strong>an</strong>deln.<br />
Deshalb versuchen Wissenschaftler seit<br />
Jahren, unter kontrollierten Bedingungen<br />
Stammzellen zu kultivieren und zu<br />
vermehren. Die pluripotenten Stammzellen<br />
brauchen aber offensichtlich spezielle<br />
Kulturbedingungen. Bisher ist ihre<br />
Vermehrung aus Knochenmark des Erwachsenen<br />
oder aus Nabelschnurblut<br />
noch nicht überzeugend gelungen.<br />
Alternative: fetale Stammzellen<br />
Fetale Gewebe kommen prinzipiell auch<br />
als Quelle pluripotenter Stammzellen infrage.Fetale<br />
Knochenmarks- und Leberzellen<br />
besitzen ein relativ hohes Proliferations-<br />
und Selbsterneuerungspotenzial.<br />
Ob das Plastizitätspotenzial mit den<br />
Selbsterneuerungs- und Proliferationspotenzialen<br />
korreliert, wird intensiv untersucht.<br />
Eventuell stellen diese Stammzellen<br />
eine Alternative für die regenerative<br />
Medizin dar (Grafik).<br />
Die fetalen Stammzellen können jedoch<br />
nur während eines sehr engen Entwicklungsfensters<br />
aus abortiertem Gewebe<br />
von Feten gewonnen werden.Da in<br />
der Regel nur aus medizinischen Gründen<br />
ein Abort eingeleitet wird, wahrscheinlich<br />
aufgrund einer Fehlbildung<br />
oder einer Embryopathie, ist solches Material<br />
möglicherweise mit zellulären<br />
Schäden assoziiert und nur bedingt für<br />
die Gewinnung therapeutisch einsetzbarer<br />
Spenderzellen geeignet.<br />
Durch In-vitro-M<strong>an</strong>ipulationen können<br />
aus dem „Rohstoff“ Stammzelle<br />
vermutlich eines Tages Knorpel-, Leber-<br />
oder Nervenzellen gezüchtet werden.<br />
Diese könnten sich zur Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tation<br />
bei Patienten mit Gelenkserkr<strong>an</strong>kungen,<br />
Leberversagen, Alzheimer-Demenz,<br />
Morbus Parkinson, Schlag<strong>an</strong>fall<br />
oder Querschnittslähmungen eignen.<br />
Wegen ihrer enormen Selbsterneuerungsfähigkeit<br />
und des entwicklungsbiologischen<br />
Potenzials können embryonale<br />
Stammzellen wahrscheinlich<br />
für Zellersatzstrategien bei Geweben<br />
eingesetzt werden, die nur ein sehr eingeschränktes<br />
Regenerationsvermögen<br />
aufweisen. Adulte Stammzellen können<br />
auch neue Differenzierungswege „erlernen“,<br />
sind jedoch schwer im Org<strong>an</strong>ismus<br />
zu finden. Hinzu kommt, dass<br />
die Selbsterneuerungsfähigkeit solcher<br />
Stammzellen relativ gering ist. Es ist daher<br />
fragwürdig, ob diese theoretisch interess<strong>an</strong>te<br />
Alternative für den klinischen<br />
Einsatz bedeutsam sein wird.<br />
Beim derzeitigen St<strong>an</strong>d ist es daher besser,<br />
sich alle Wege offen zu halten, <strong>an</strong>statt<br />
sich auf eine feste Strategie der<br />
Stammzellforschung zu beschränken.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Prof. Dr. med. Anthony D. Ho<br />
Universität Heidelberg<br />
Medizinische Klinik und Poliklinik V<br />
Hospitalstraße 3, 69115 Heidelberg<br />
127