Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
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Zunächst sah es so aus, als bahne sich<br />
in der Regierungskoalition bei der<br />
Einstellung zu medizinethischen<br />
Fragen ein Kurswechsel <strong>an</strong>. Bundesk<strong>an</strong>zler<br />
Gerhard Schröder hatte Ende<br />
letzten Jahres vor „ideologischen<br />
Scheuklappen“ bei Fragen der Gentechnik<br />
gewarnt. Juli<strong>an</strong> Nida-Rümelin<br />
hatte noch vor seinem Amts<strong>an</strong>tritt als<br />
neuer Kulturstaatsminister <strong>Embryonen</strong><br />
eine Menschenwürde abgesprochen.<br />
Die neue Parlamentarische Staatssekretärin<br />
im Bundesgesundheitsministerium,<br />
Gudrun Schaich-Walch (SPD),<br />
grenzte sich von der Linie der bisherigen<br />
Gesundheitsministerin Andrea Fischer<br />
ab. Schaich-Walch hält es nämlich<br />
nicht für erforderlich, noch in dieser Legislaturperiode<br />
ein Fortpfl<strong>an</strong>zungsmedizingesetz<br />
zu verabschieden. Darin<br />
wollte Fischer die Präimpl<strong>an</strong>tationsdia-<br />
Obwohl eine Novellierung des <strong>Embryonen</strong>schutzgesetzes<br />
vorerst in<br />
die Ferne gerückt ist, bleibt die<br />
Fortpfl<strong>an</strong>zungsmedizin ein bris<strong>an</strong>tes<br />
Thema. Besonderer Streitpunkt: die<br />
Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik (<strong>PID</strong>). Das<br />
Positionspapier von Ex-Bundesgesundheitsministerin<br />
Andrea Fischer, das unter<br />
<strong>an</strong>derem das Verbot der <strong>PID</strong> vorgesehen<br />
hatte, ist inzwischen in einer<br />
Schublade des BMG verschwunden.<br />
Konkrete Vorstellungen, in welchen<br />
Punkten das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />
geändert werden sollte, liegen jedoch<br />
auch von <strong>an</strong>deren Seiten vor.<br />
Bei einer Podiumsdiskussion der<br />
Berliner Wissenschaftlichen Gesellschaft,<br />
der Gesellschaft für Geburtshilfe<br />
und Gynäkologie und der Kaiserin-<br />
Friedrich-Stiftung tauschten sich Ende<br />
J<strong>an</strong>uar in Berlin Ärzte, Ethiker, Naturwissenschaftler,<br />
Juristen und Politiker<br />
über aktuelle Entwicklungen und Kontroversen<br />
innerhalb der Fortpfl<strong>an</strong>zungsmedizin<br />
aus. Prof. Dr. med. Heribert<br />
Kentenich, Chefarzt der Frauenklinik<br />
der DRK-Kliniken Westend,<br />
Berlin, stellte sein Konzept zur Änderung<br />
des <strong>Embryonen</strong>schutzgesetzes<br />
vor, das großen Zuspruch f<strong>an</strong>d.<br />
Kentenich plädierte für eine „limitierte,<br />
jedoch positive Regelung der<br />
<strong>PID</strong> in Deutschl<strong>an</strong>d“. Die Information<br />
und Beratung der Paare müsse verbes-<br />
70<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
Heft 4, 26. J<strong>an</strong>uar 2001<br />
Medizinethik<br />
Irritationen<br />
gnostik unmissverständlich verbieten.<br />
Das therapeutische Klonen ist zwar<br />
nicht erlaubt, eine Lücke im Gesetz ermöglicht<br />
jedoch das Forschen mit embryonalen<br />
Stammzellen aus dem Ausl<strong>an</strong>d.<br />
Die Äußerungen der Politiker<br />
stießen allerdings sogar in den eigenen<br />
Reihen auf Protest. So bezeichnete der<br />
Parlamentarische Geschäftsführer der<br />
SPD, Wilhelm Schmidt, die Ankündigungen<br />
Schaich-Walchs als „verfrüht“.<br />
Auch die Bündnisgrünen sind irritiert:<br />
Darüber müsse in der Koalition zunächst<br />
geredet werden, teilten sie mit.<br />
Heft 7, 16. Februar 2001<br />
Fortpfl<strong>an</strong>zungsmedizin<br />
sert werden, um es ihnen zu ermöglichen,<br />
sowohl den Weg der <strong>PID</strong> als auch<br />
den „normalen“ Weg zu einer Schw<strong>an</strong>gerschaft<br />
zu gehen, sagte der Gynäkologe.<br />
Im Fortpfl<strong>an</strong>zungsmedizingesetz<br />
müsse es hierfür eine klare gesetzliche<br />
Regelung geben. Die Grenzen, die das<br />
<strong>Embryonen</strong>schutzgesetz derzeit setzt,<br />
hält Kentenich für „unzeitgemäß und<br />
<strong>an</strong> die Konfliktsituation nicht konkret<br />
genug adaptiert“. Die spezifische Geschichte<br />
Deutschl<strong>an</strong>ds dürfe nicht dazu<br />
führen, dass die Reproduktionsmedizin<br />
generell in Deutschl<strong>an</strong>d einer sehr restriktiven<br />
Regelung unterworfen werde.<br />
Paare würden im Zweifelsfalle die<br />
<strong>PID</strong> im Ausl<strong>an</strong>d vornehmen lassen oder<br />
eine „Schw<strong>an</strong>gerschaft auf Probe“ eingehen.<br />
„Die <strong>PID</strong> k<strong>an</strong>n nicht unabhängig von<br />
der Pränataldiagnostik diskutiert werden“,<br />
betonte der Präsident der Bun-<br />
Der Präsident der Bundesärztekammer,<br />
Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe,<br />
registrierte, dass der Bundesk<strong>an</strong>zler<br />
die wirtschaftlichen und therapeutischen<br />
Aspekte offensichtlich gegenüber<br />
dem Lebensschutz stärker gewichte als<br />
Andrea Fischer.<br />
Möglicherweise überrascht von diesen<br />
Reaktionen, bekräftigte Schröder inzwischen,<br />
dass „Deutschl<strong>an</strong>d auf die <strong>Forschung</strong><br />
mit adulten Stammzellen setzt“.<br />
Bundesjustizministerin Herta Däubler-<br />
Gmelin (SPD) betonte ebenfalls, dass es<br />
keinen Kurswechsel geben werde. Sie<br />
warnte davor,dass Gentests bei <strong>Embryonen</strong><br />
zu einer „Selektion von Menschen“<br />
führen könnten. Es bleibt allerdings zu<br />
bezweifeln, ob die Bundesregierung nicht<br />
letztlich doch die Gentechnik vorwiegend<br />
unter ökonomischen Gesichtspunkten<br />
bewerten wird. Gisela Klinkhammer<br />
Die Gewichteverschieben sich<br />
Ob die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik in Deutschl<strong>an</strong>d<br />
zugelassen werden soll, ist weiterhin umstritten. Die<br />
Zahl der Befürworter nimmt jedoch zu.<br />
desärztekammer (BÄK), Prof. Dr. med.<br />
Jörg-Dietrich Hoppe. Die moment<strong>an</strong>e<br />
„Unlogik im Schutz des Lebens“ hätte<br />
er auch beim K<strong>an</strong>zlergespräch Anf<strong>an</strong>g<br />
J<strong>an</strong>uar dargestellt und auf den dringenden<br />
Regelungsbedarf hingewiesen. Die<br />
Meinung innerhalb der BÄK zur <strong>PID</strong><br />
sei heterogen, aber würde prinzipiell dem<br />
im Frühjahr 2000 vorgelegten Diskussionsentwurf<br />
entsprechen, so Hoppe.<br />
„Vor dem Hintergrund der „Schw<strong>an</strong>gerschaft<br />
auf Probe“ müsste die <strong>PID</strong> erlaubt<br />
sein“, meinte Dr. med. Christi<strong>an</strong>e<br />
Woopen, Institut für Geschichte und<br />
Ethik in der Medizin der Universität<br />
Köln, Mitglied des Wissenschaftlichen<br />
Beirats der BÄK. In dessen Arbeitsgruppe<br />
„Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik“<br />
sei über mögliche Änderungen des Entwurfs<br />
gesprochen worden, berichtete<br />
sie. So müsse der Screeningeffekt bei<br />
der <strong>PID</strong> noch deutlicher ausgeschlossen