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Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...

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des <strong>Embryonen</strong>schutzgesetzes ausgesprochen.<br />

„Auch hochr<strong>an</strong>gige Ziele wissenschaftlicher<br />

<strong>Forschung</strong> dürfen nicht<br />

darüber bestimmen, ab w<strong>an</strong>n menschliches<br />

Leben geschützt werden soll“, sagte<br />

Rau. Für Markl dagegen ist eine „befruchtete<br />

Eizelle noch l<strong>an</strong>ge kein<br />

Mensch, jedenfalls nicht als eine naturwissenschaftlich<br />

begründete Tatsache; allenfalls<br />

d<strong>an</strong>n, wenn wir dem Begriff<br />

,Mensch‘ – und zwar durchaus willkürlich<br />

– eine g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>dere Bedeutung zuweisen“.<br />

Jeder lebende Mensch gehöre zwar<br />

biologisch zur Art Homo sapiens. „Aber<br />

Menschlichkeit, Menschenwürde, ja<br />

recht eigentlich Menschsein ist mehr als<br />

dies Faktum, es ist eine kulturell-sozial<br />

begründete Attribution, die sich in der<br />

Begriffsbegründung zwar sehr wohl biologischer<br />

Fakten bedienen k<strong>an</strong>n, ja muss,<br />

die sich aber in ihnen nicht erschöpft.“<br />

Zwar müsse der „Umg<strong>an</strong>g mit Menschenembryonen<br />

<strong>an</strong>deren Normen unterworfen<br />

werden als der mit Mäuseembryonen“,<br />

doch der „Akt der Zuschreibung<br />

des vollgültigen Menschseins wird<br />

durchaus verschieden begründet“. Das<br />

sei auch der deutschen Rechtsprechung<br />

und Lebenspraxis alles <strong>an</strong>dere als<br />

fremd, sonst wäre nach Auffassung<br />

Markls die weitgehende rechtsfriedliche<br />

Regelung von Abtreibungen und die allgemein<br />

akzeptierte Verwendung von<br />

einnistungshemmenden Mitteln zur Geburtenkontrolle<br />

gar nicht möglich.<br />

Der Beschluss des britischen Gesetzgebers,<br />

<strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> und mit menschlichen<br />

<strong>Embryonen</strong> und mit Zellkulturen<br />

aus solchen <strong>Embryonen</strong> bis hin zum therapeutischen<br />

Klonen in den ersten beiden<br />

Lebenswochen unter sorgfältig zu<br />

begründenden und kontrollierten Bedingungen<br />

freizugeben, bedeutet für<br />

Markl keine Verabschiedung Großbrit<strong>an</strong>niens<br />

aus der abendländischen<br />

Wertegemeinschaft. Dass „willkürliche<br />

Entscheidungen – wie jene der Dreimonatsgrenze<br />

in der Abtreibung – unvermeidlich<br />

sind, sollte bei genauerem<br />

Überlegen gerade als Ausdruck<br />

menschlicher Gewissensfreiheit und<br />

moralischer Ver<strong>an</strong>twortlichkeit gesehen<br />

werden“. In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g bekennt<br />

sich Markl zur „Freiheit eines<br />

Nichtchristenmenschen“. Wenn es um<br />

bioethische Entscheidungen gehe, die<br />

vor allem Beginn und Ende des Lebens<br />

beträfen, müsse der Gewissens- und<br />

D O K U M E N T A T I O N<br />

H<strong>an</strong>dlungsfreiheit des einzelnen Menschen<br />

in einer freien Gesellschaft ein<br />

hoher R<strong>an</strong>g eingeräumt werden. „Damit<br />

ist nicht nur die Freiheit von Eltern,<br />

insbesondere von Müttern gemeint,<br />

sich, wenn Präimpl<strong>an</strong>tations- oder Pränataldiagnostik<br />

schwere Entwicklungsstörungen<br />

einer Leibesfrucht erwarten<br />

lässt, nach ärztlicher Beratung für oder<br />

gegen deren Austragen zu entscheiden.“<br />

Markl fühlt sich von „sozialethischen<br />

Argumenten“ der Art geschreckt, es<br />

könnte die Stimmung in der Bevölkerung<br />

für oder gegen Behinderte beeinflussen,<br />

wenn es Müttern frei überlassen<br />

werde, solche schweren Entscheidungen<br />

zu treffen. Dabei werde nämlich<br />

verk<strong>an</strong>nt, dass die meisten Behinderungen<br />

nicht <strong>an</strong>geboren seien. Selbst<br />

von den <strong>an</strong>geborenen Fällen könnten<br />

auch künftig viele keineswegs viel<br />

früher erk<strong>an</strong>nt werden. „An Behinderten<br />

wird es der Gesellschaft also bestimmt<br />

nicht m<strong>an</strong>geln.“<br />

Am Ende des Lebens treffe er ebenfalls<br />

seine Entscheidung als „freier<br />

selbst entscheidungsberechtigter Staatsbürger“.<br />

Ausdrücklich begrüßt Markl<br />

deshalb die niederländische Euth<strong>an</strong>asiegesetzgebung.<br />

Das holländische Parlament<br />

habe „den hohen Wert der Freiheit<br />

des Menschen, über sich selbst zu<br />

entscheiden, trotz aller Anfeindungen,<br />

mutig <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt“.<br />

Innere Zerreißprobe<br />

Der Präsident der Max-Pl<strong>an</strong>ck-Gesellschaft<br />

stimmte auch den Empfehlungen<br />

der DFG zur <strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> embryonalen<br />

Stammzellen vom <strong>3.</strong> Mai „aus voller<br />

Überzeugung zu“. In Anspielung auf die<br />

Rede Raus, der vor einem Überschreiten<br />

des Rubikon gewarnt hatte, sagte<br />

Markl: „Der Rubikon ist kein Fluss, jenseits<br />

dessen das Böse lauert; denn das<br />

Böse ist, wenn schon, d<strong>an</strong>n längst immer<br />

mitten in uns. Der Rubikon ist vielmehr<br />

ein Fluss, dem der Mensch ständig selber<br />

ein neues Flussbett bahnen muss,<br />

weil er das Vertraute vom Unentschlossenen<br />

trennt, und den wir deshalb nur<br />

wohlbedacht und mit Ver<strong>an</strong>twortung für<br />

unser H<strong>an</strong>deln überschreiten sollten.“<br />

Frühwald fühlte sich durch die Ausführungen<br />

Markls zu einer Erwiderung<br />

herausgefordert. Nach seiner Auffas-<br />

sung, die er in einem Interview mit der<br />

Zeitschrift „<strong>Forschung</strong> & Lehre“ darlegte,<br />

geht es bei der Diskussion über<br />

die <strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> embryonalen Stammzellen<br />

„schon längst um viel mehr“. Es<br />

gehe nämlich um die Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />

zwischen einem „christlichen, zumindest<br />

k<strong>an</strong>ti<strong>an</strong>ischen Menschenbild<br />

auf der einen Seite und einem szientistischen,<br />

sozialdarwinistischen Menschenbild<br />

auf der <strong>an</strong>deren Seite“. Der ausgebrochene<br />

„Kulturkampf“ (oder „Hum<strong>an</strong>ismusstreit“,<br />

wie die Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />

inzwischen bezeichnet wird)<br />

werde so rasch nicht enden.<br />

Frühwald schlägt sich in diesem<br />

Streit unmissverständlich auf die Seite<br />

des „keineswegs forschungsfeindlichen<br />

Bundespräsidenten“. Dabei betont er,<br />

dass er die DFG mit ihrer Entscheidung<br />

nicht kritisiert, weil die <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft<br />

vor einer inneren Zerreißprobe<br />

stehe. In Ländern, in denen<br />

zum Beispiel der Embryo in den ersten<br />

14 Tagen seiner Entwicklung keine<br />

menschliche Würde zugesprochen<br />

bekäme, sei auch „nicht die pure Barbarei<br />

ausgebrochen“. Im Unterschied<br />

zum therapeutischen Nihilismus des 19.<br />

Jahrhunderts, in dem das Experiment<br />

um des Experimentes willen gepflegt<br />

wurde, sei heute die medizinische<br />

Grundlagenforschung, auch und gerade<br />

im Bereich der Stammzellenforschung,<br />

auf therapeutische Ziele ausgerichtet.<br />

Allerdings sei die experimentelle<br />

Wissenschaft heute dabei, durch jeweils<br />

neu geschaffene Fakten die Grenzen<br />

immer weiter in ihrem Sinne hinauszuschieben<br />

und damit den Verdacht zu<br />

erwecken, die <strong>Forschung</strong>sfreiheit als<br />

einen absoluten Wert auch der Menschenwürde<br />

überzuordnen.<br />

Wiederholt werde als Argument für<br />

die <strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> embryonalen Stammzellen<br />

die Internationalität der <strong>Forschung</strong><br />

ins Feld geführt. Doch dies ist<br />

nach Auffassung Frühwalds ein ausschließlich<br />

wirtschaftliches Argument:<br />

„Es geht um den Vorsprung im Wettbewerb,<br />

um Verwertungsinteressen.“<br />

Doch bei Fragen um Menschenwürde<br />

und Lebensdefinitionen könnten wirtschaftliche<br />

Interessen nicht die primär<br />

bestimmenden Interessen sein.<br />

Die Behauptung, weil die Gesellschaft<br />

die In-vitro-Fertilisation billige<br />

und damit „überzählige“ <strong>Embryonen</strong><br />

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