Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
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aussetzungen dagegen sprächen, sagte<br />
Fischer zu Beginn der Ver<strong>an</strong>staltung.<br />
„Was jedoch aus Sicht des Einzelnen ein<br />
Fortschritt ist, k<strong>an</strong>n Konsequenzen haben,<br />
die die Gesellschaft womöglich<br />
g<strong>an</strong>z grundlegend verändern.“ Die<br />
Möglichkeit, individuelles Leid zu verhindern,<br />
bedeute keine Rechtfertigung<br />
dafür, auch alles Machbare zu tun.<br />
Durch die neuen Techniken könne ein<br />
Klima entstehen, das den perfekten<br />
Menschen immer mehr zur Norm<br />
werden lasse und das es schließlich<br />
als rechtfertigungsbedürftig erscheinen<br />
lasse, wenn ein behindertes Kind zur<br />
Welt kommt. Diese Auffassung wurde<br />
von zahlreichen Teilnehmern des Symposiums<br />
geteilt. So sagte Prof. Dr. rer. biol.<br />
habil. Elmar Brähler, Leipzig, dass<br />
die Entwicklung der medizinischen<br />
Technik im Einzelfall zur programmierten<br />
Zeugung im Labor unter Einbeziehung<br />
von individuellen und sozial<br />
akzeptierten Wunschkriterien führen<br />
könnte. Die Männer würden zu Statisten<br />
degradiert, die Frauen würden zu<br />
Objekten der Lust, die Kinder zu Produkten.<br />
Mehrere Vertreter von Behindertenverbänden<br />
verwahrten sich<br />
ebenfalls dezidiert gegen jegliche Form<br />
selektiver pränataler Diagnostik.<br />
Kritik <strong>an</strong> PGD<br />
Einem „Machbarkeitswahn“ erteilte<br />
auch der Präsident der Bundesärztekammer<br />
(BÄK), Prof. Dr. med. Jörg-<br />
Dietrich Hoppe, eine Absage. Er warnte<br />
aber gleichzeitig davor, die Vorteile der<br />
modernen Fortpfl<strong>an</strong>zungsmedizin zu<br />
übersehen. So bewerteten kinderlose<br />
Ehepaare die Reproduktionsmedizin<br />
oft als letzte Möglichkeit, ihrem Leiden<br />
mit Hilfe fortpfl<strong>an</strong>zungsmedizinischer<br />
Technik begegnen zu können. In<br />
Deutschl<strong>an</strong>d sei es in den letzten Jahren<br />
zu einer enormen Ausweitung im Bereich<br />
der Reproduktionsmedizin gekommen.<br />
Neue wissenschaftliche Entwicklungen<br />
und molekularbiologische<br />
Kenntnisse hätten es außerdem möglich<br />
gemacht, im Rahmen der In-vitro-Fertilisation<br />
die Anlage schwerster genetischer<br />
Erkr<strong>an</strong>kungen – allerdings nur<br />
solcher – durch die PGD schon in einer<br />
sehr frühen Phase der Entwicklung<br />
menschlichen Lebens zu erkennen.<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
Bisher keine Richtlinie<br />
In Presseberichten zur Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
ist häufig die Rede<br />
davon, die Bundesärztekammer befürworte<br />
mittels einer Richtlinie die<br />
PGD unter strengen Auflagen. So ist<br />
es nicht. Bisher jedenfalls. Die Bundesärztekammer<br />
hat lediglich einen<br />
Diskussionsentwurf zur einer solchen<br />
Richtlinie vorgelegt; der wurde<br />
in Heft 9/2000 veröffentlicht. Dar<strong>an</strong><br />
schließt sich bis heute eine kontroverse<br />
Diskussion <strong>an</strong>. Eine Beschlussfassung<br />
der Bundesärztekammer<br />
steht aus. DÄ<br />
Doch gerade diese Art der Diagnostik<br />
stieß auf scharfe Kritik zahlreicher<br />
Kongressteilnehmer. „Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
ist de facto Eugenik, unabhängig<br />
von den Absichten oder Einstellungen<br />
derjenigen, die sie praktizieren“,<br />
betonte Privatdozentin Dr. phil.<br />
Kathrin Braun, H<strong>an</strong>nover. Für Dr.<br />
med. Dr. phil. Barbara Meier, Salzburg,<br />
könnte durch die Anwendung<br />
von PGD eine fragwürdige Entwicklung<br />
von einem Wunsch nach einem<br />
Kind zu einem „Recht“ beziehungsweise<br />
einer „Pflicht“ zu einem gesunden<br />
Kind die Folge sein.<br />
Der Theologe Prof. Dr. theol. Ulrich<br />
Eibach, Bonn, sieht die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
sogar als mit dem Grundgesetz<br />
unvereinbar, nach dem die „Menschenwürde<br />
un<strong>an</strong>tastbar und unverlierbar<br />
jedem Augenblick des Lebens von<br />
der Zeugung bis zum Tod zugeeignet<br />
ist“. Mit der PGD werde gegen dieses<br />
Verständnis von Menschenwürde verstoßen,„dadurch,dass<br />
eine konflikthafte<br />
Konkurrenz zwischen dem Leben des<br />
Embryos und den Lebensinteressen der<br />
Frau beziehungsweise des Paares nicht<br />
naturhaft schon vorliegt, sondern erst<br />
durch das bewusste H<strong>an</strong>deln Dritter, der<br />
Ärzte, hervorgerufen wird mit dem Ziel,<br />
die <strong>Embryonen</strong> bei m<strong>an</strong>gelnder Qualität<br />
zu verwerfen“. PGD öffne die Tore zu<br />
weitergehenden Selektionen von und<br />
M<strong>an</strong>ipulationen <strong>an</strong> <strong>Embryonen</strong>.<br />
Hoppe betonte dagegen,dass ein sehr<br />
restriktiver Einsatz der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
eine deutliche Absage <strong>an</strong><br />
jede Art von eugenischer Zielsetzung<br />
und Selektion begründe.Da die Medizin<br />
mit dieser diagnostischen Möglichkeit<br />
in Grenzbereiche ärztlichen H<strong>an</strong>delns<br />
vordringe, habe die Bundesärztekammer<br />
durch ihren Wissenschaftlichen<br />
Beirat einen „Diskussionsentwurf zu einer<br />
Richtlinie zur Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik“<br />
vorgelegt“ (Heft 9/2000). Darauf,<br />
dass im Zusammenh<strong>an</strong>g einer Diskussion<br />
über PGD auch über den Paragraphen<br />
218 StGB neu nachgedacht<br />
werden müsse, hatte Hoppe bereits auf<br />
dem 10<strong>3.</strong> Deutschen Ärztetag in Köln<br />
hingewiesen. Der Fr<strong>an</strong>kfurter Neonatologe<br />
Prof. Dr. med. Volker von Loewenich<br />
wies darauf hin, dass der menschliche<br />
Embryo im Glase strikten Schutz<br />
genieße, während er im Uterus nur sehr<br />
eingeschränkt geschützt sei. Beim nicht<br />
impl<strong>an</strong>tierten Embryo treffe der Tod ein<br />
so gut wie nicht ausdifferenziertes Individuum.<br />
Die Alternative zum Nichtimpl<strong>an</strong>tieren<br />
sei die gesetzlich mögliche<br />
Abtreibung, bei der ein viel weiter ausdifferenziertes<br />
menschliches Wesen<br />
getötet würde, über dessen Leidensfähigkeit<br />
m<strong>an</strong> nichts Genaues wisse.Vor<br />
allem aber für die betroffene Frau sei<br />
die Abtreibung die weitaus traumatischere<br />
Intervention.<br />
Braun vertrat die Auffassung, dass die<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft ein einzigartiger „Umst<strong>an</strong>d“<br />
sei, der mit keinem <strong>an</strong>deren<br />
gleichgestellt werden könne. Der Embryo<br />
beziehungsweise Fötus könne nicht<br />
durch Dritte gegen den Willen der Frau<br />
geschützt werden, ohne die Würde der<br />
Frau zu verletzen. Da dies bei <strong>Embryonen</strong><br />
außerhalb des Frauenleibes nicht<br />
der Fall sei, könnten und müssten diese<br />
geschützt werden. PGD könne nicht mit<br />
Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht<br />
der Frau legitimiert werden.<br />
Fischer wendet sich jedenfalls gegen<br />
eine neue Diskussion über die Abtreibungsgesetzgebung.<br />
Die bestehende<br />
Regelung sei Ergebnis einer l<strong>an</strong>gwierigen<br />
und schwierigen Kompromissfindung.<br />
Es gebe keine Ver<strong>an</strong>lassung,<br />
diesen Kompromiss wieder infrage zu<br />
stellen, da die Möglichkeit der vorgeburtlichen<br />
Auswahl von <strong>Embryonen</strong><br />
nicht mit einer tatsächlich eingetretenen<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft verglichen werden<br />
könne. Die Gesundheitsministerin<br />
ist der Überzeugung, dass eine Verknüpfung<br />
mit der strafrechtlichen Bewertung<br />
des Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruchs<br />
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