Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
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diese Kinder d<strong>an</strong>n abzutreiben. Nachdem<br />
dazu offensichtlich ein gesellschaftlicher<br />
Konsens besteht, ist <strong>PID</strong> nur eine Alternative<br />
zur <strong>PND</strong>. Diese g<strong>an</strong>ze Diskussion<br />
wäre im Übrigen überflüssig, wenn wir in<br />
unserer Gesellschaft Behinderung ohne<br />
Wenn und Aber akzeptieren würden. Damit<br />
hätten wir eine g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>dere Bewusstseinslage,<br />
d<strong>an</strong>n müssten aber sowohl <strong>PID</strong><br />
als auch <strong>PND</strong> mit dieser Zielsetzung in<br />
Deutschl<strong>an</strong>d verboten werden.<br />
DÄ: Wenn m<strong>an</strong> aus ethischen Erwägungen<br />
<strong>PND</strong> ablehnt, müsste m<strong>an</strong> konsequenterweise<br />
auch gegen <strong>PID</strong> sein?<br />
Hoppe: Ja, und umgekehrt.<br />
DÄ: Sie verweisen immer wieder auf<br />
diesen Zusammenh<strong>an</strong>g von <strong>PND</strong> und<br />
<strong>PID</strong> und argumentieren: Wenn wir <strong>PND</strong><br />
zulassen, d<strong>an</strong>n müssen wir auch <strong>PID</strong> zulassen.<br />
Ist das nicht eine selbst gebaute Falle?<br />
Denn niem<strong>an</strong>d wird <strong>PND</strong> verbieten,<br />
nachdem sie einmal eingeführt ist; konsequenterweise<br />
müsste d<strong>an</strong>n auch, wenn<br />
m<strong>an</strong> Ihrer Logik folgt, <strong>PID</strong> zugelassen<br />
werden.<br />
Hoppe: Ich sehe das nicht als Falle,<br />
ich sehe das als eine logische Konsequenz.<br />
Wenn m<strong>an</strong> allein <strong>PID</strong> verbietet,<br />
hat m<strong>an</strong> nicht die Welt in Ordnung gebracht.<br />
Ich will nicht alleine <strong>PID</strong> nicht,<br />
ich will auch <strong>PND</strong> nicht. Denn wenn<br />
m<strong>an</strong> nur <strong>PID</strong> nicht will, d<strong>an</strong>n verstärkt<br />
m<strong>an</strong> <strong>PND</strong>, denn <strong>PND</strong> ist d<strong>an</strong>n die Methode<br />
der Wahl, oder <strong>PID</strong>-Ausl<strong>an</strong>dstourismus<br />
wäre d<strong>an</strong>n die Alternative. Und<br />
das k<strong>an</strong>n doch nicht richtig sein.<br />
DÄ: Müssten Sie d<strong>an</strong>n nicht sowohl gegen<br />
<strong>PID</strong> als auch gegen <strong>PND</strong> zu Felde ziehen?<br />
Hoppe: Das tue ich ja. Ich verweise bei<br />
allen Gelegenheiten auf den direkten Zusammenh<strong>an</strong>g<br />
zur <strong>PID</strong> und <strong>PND</strong>. Das darf<br />
m<strong>an</strong> nicht getrennt vonein<strong>an</strong>der betrachten.<br />
DÄ: Rübergekommen ist: <strong>PND</strong> und<br />
<strong>PID</strong> sind eng verw<strong>an</strong>dt, und wenn wir<br />
<strong>PND</strong> haben, müssen wir <strong>PID</strong> zulassen.<br />
Deshalb die Bemerkung von der selbst gebauten<br />
Falle.<br />
Hoppe: Nein, ich argumentiere so, weil<br />
ich nicht nur <strong>PND</strong>, sondern den g<strong>an</strong>zen<br />
Paragraphen 218 neu diskutieren will. Ich<br />
halte auch die Argumentation von Frau<br />
Däubler-Gmelin für völlig richtig, die<br />
sagt, wir kommen gar nicht umhin, in diesem<br />
Zusammenh<strong>an</strong>g den 218 erneut zu<br />
diskutieren. Frau Fischer wollte das ja<br />
nicht. Frau Fischer wollte ich dazu bringen,<br />
<strong>PND</strong> neu zu überdenken, denn m<strong>an</strong><br />
k<strong>an</strong>n nicht schlüssig der Öffentlichkeit<br />
klar machen, dass m<strong>an</strong> gegen <strong>PID</strong> ist, und<br />
<strong>PND</strong> unberührt lassen. Wenn m<strong>an</strong> es<br />
nicht mehr schafft, <strong>PND</strong> zurückzudrängen,<br />
wird sich auch <strong>PID</strong> etablieren. Das<br />
würde ich sehr schweren Herzens ertragen<br />
wie damals, als <strong>PND</strong> zugelassen wur-<br />
88<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
de und wie die Entwicklung des 218 überhaupt.<br />
Wer allerdings dagegen sagt: Wir<br />
verbieten <strong>PID</strong>, und d<strong>an</strong>n ist unser Gewissen<br />
entlastet, macht es sich zu einfach.<br />
Und dieser Switch, <strong>PID</strong> sei nur das Einfallstor<br />
für Stammzellforschung, ist<br />
künstlich, ein Stimmungsargument, aber<br />
für mich nicht überzeugend.<br />
DÄ: Aber es passt ins Bild, in dem <strong>PID</strong><br />
nur ein Teil ist; dazu gehört auch verbrauchende<br />
<strong>Embryonen</strong>forschung. Die DFG<br />
hat diese gerade befürwortet.Wenn sich die<br />
Politik dem <strong>an</strong>schließt, d<strong>an</strong>n muss es zu einer<br />
Änderung des <strong>Embryonen</strong>schutzgesetzes<br />
kommen.Wenn das geändert wird,d<strong>an</strong>n<br />
ist vieles frei.<br />
Hoppe: Auch für <strong>PID</strong> müsste das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />
geändert werden.<br />
DÄ: Der Auffassung war der Wissenschaftliche<br />
Beirat der Bundesärztekammer<br />
aber nicht.<br />
Hoppe: Ja, damals. Ich bin seit geraumer<br />
Zeit der Meinung, dass m<strong>an</strong> das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />
auf jeden Fall ändern<br />
müsste, wenn <strong>PID</strong> zugelassen werden<br />
soll, weil damit rechtliche Klarheit<br />
geschaffen wird.<br />
DÄ: Nehmen wir einmal <strong>an</strong>, das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />
würde geändert, vielleicht<br />
im Sinne von <strong>PID</strong>, vielleicht aber<br />
auch zugunsten verbrauchender <strong>Embryonen</strong>forschung.<br />
Glauben Sie, dass es d<strong>an</strong>n<br />
zu einer Stellungnahme der Ärzteschaft<br />
kommen wird, oder bleibt die Ärzteschaft<br />
dabei, wie Sie eben sagten, Alternativen<br />
und deren Folgen aufzuzeigen und die Diskussion<br />
zu moderieren?<br />
Hoppe: Ich glaube, dass wir als Ärzte<br />
immer wieder klarstellen müssen, dass es<br />
nicht so sein darf, dass Menschen selbst<br />
im frühesten Stadium ihrer Entwicklung,<br />
also von der Verschmelzung der Gameten<br />
<strong>an</strong>, für <strong>an</strong>dere Menschen verfügbar<br />
gemacht werden dürfen. Es darf nie sein,<br />
dass Menschen für den Heilungsprozess<br />
<strong>an</strong>derer ausgenutzt werden. Deswegen<br />
müssen wir die <strong>Forschung</strong> mit adulten<br />
Stammzellen fördern oder die ja auch in<br />
der Diskussion befindliche Vari<strong>an</strong>te einer<br />
Umlenkung der Entwicklung des noch<br />
nicht befruchteten und noch nicht verschmolzenen<br />
Eies in Richtung der Produktion<br />
von Stammzellen. Es gibt Wissenschaftler,<br />
die sagen, es sei möglich, im<br />
Vorkernstadium, ohne Erzeugung eines<br />
Embryos im Sinne unserer Definition,<br />
bereits Stammzellen zu produzieren, die<br />
funktionstüchtig sind. Das wäre d<strong>an</strong>n keine<br />
verbrauchende <strong>Embryonen</strong>forschung.<br />
Wenn die Technik gelingen sollte, bliebe<br />
zwar unser Verständnis vom menschlichen<br />
Leben unverändert, wie wir das bei<br />
adulten Stammzellen erreichen wollen,<br />
nämlich ohne die Produktion von<br />
menschlichem Leben verursacht zu haben,<br />
das nur als Org<strong>an</strong>b<strong>an</strong>k dient.<br />
DÄ: Demnach wäre es vorschnell, wenn<br />
der Gesetzgeber durch Änderung des <strong>Embryonen</strong>schutzgesetzes<br />
die Gewinnung von<br />
embryonalen Stammzellen fördern würde.<br />
Er würde d<strong>an</strong>n solche alternativen <strong>Forschung</strong>en<br />
behindern, indem er jetzt den einfacheren<br />
Weg eröffnet.<br />
Hoppe: M<strong>an</strong> sollte alles unternehmen,<br />
um die beiden alternativen Wege zu fördern<br />
und alles <strong>an</strong>dere gesetzgeberisch erst<br />
einmal nicht zuzulassen, damit m<strong>an</strong> den<br />
Druck nicht herausnimmt, in die beiden<br />
<strong>an</strong>deren Richtungen weiterzukommen.<br />
DÄ: Zwei eher praktische Fragen: Was<br />
wird aus dem Richtlinienentwurf des Wissenschaftlichen<br />
Beirates, kommt er als<br />
Richtlinie, oder bleibt er als Diskussionsentwurf<br />
liegen?<br />
Hoppe: Wenn die <strong>PID</strong> zugelassen wird,<br />
also das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz so geändert<br />
wird, dass diese Methode erlaubt<br />
wird, d<strong>an</strong>n sind wir bereit, bei der<br />
späteren Operationalisierung eine entsprechend<br />
adaptierte Richtlinie auszuarbeiten,<br />
ähnlich wie bei der Pränataldiagnostik.<br />
Wenn <strong>PID</strong> in Deutschl<strong>an</strong>d eindeutig<br />
verboten bleibt, d<strong>an</strong>n wird der<br />
Entwurf als Diskussionsgrundlage zurückgezogen,<br />
das Thema hat sich damit<br />
erübrigt.<br />
DÄ: Beim kommenden Deutschen<br />
Ärztetag werden die Themen <strong>PID</strong> und<br />
<strong>Embryonen</strong>forschung sicher zur Sprache<br />
kommen. Nehmen wir <strong>an</strong>, der Ärztetag<br />
wollte dazu Beschlüsse fassen. Sollte er<br />
oder sollte er es bleiben lassen?<br />
Hoppe: Ich glaube, wir müssen auf dem<br />
Ärztetag erst einmal die Zusammenhänge<br />
klarstellen und dort, wo sich aus ärztlicher<br />
Sicht eine klare Meinung und auch eine<br />
klare Hilfe für die Entscheidungsfindung<br />
in der Öffentlichkeit formulieren lässt,<br />
sollte der Ärztetag sich äußern. Eine Abstimmung<br />
über ethische Themen auf dem<br />
Ärztetag, und das werden die Delegierten-Kolleginnen<br />
und -Kollegen auf dem<br />
Ärztetag sicher selbst wissen, darf niemals<br />
dazu führen, dass es eine Sieger-Besiegten-Stimmung<br />
gibt.<br />
DÄ: Eine abschließende Frage: In<br />
Schröders Nationalem Ethikrat ist die<br />
Ärzteschaft als gesellschaftliche Gruppe<br />
nicht vertreten. Stört Sie das?<br />
Hoppe: Nein, das stört mich nicht. Ich<br />
sehe den Ethikrat auch nicht so sehr als<br />
aus gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzt,<br />
sondern mehr aus Professionen,<br />
und die Ärzteschaft ist insofern auch<br />
fachkundig vertreten. Wenn die Ärzteschaft<br />
dort quasi als Körperschaft vertreten<br />
wäre, wären derjenige oder diejenige,<br />
die dort tätig sein würden, ja <strong>an</strong> Gremienentscheidungen<br />
gebunden und damit<br />
in einer Konfliktsituation, die m<strong>an</strong><br />
dem oder der Betreffenden nicht wünschen<br />
k<strong>an</strong>n. DÄ-Fragen: Norbert Jachertz