Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
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schaft, heißt es. Was schwerer wiegt, ist<br />
die Einschätzung, dass die Bundesärztekammer<br />
mit ihrem Vorschlag gegen<br />
das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz verstößt<br />
(siehe Kasten). Im Ministerium bewerten<br />
es Fachleute schon als kritisch, dass<br />
ein Verfahren wie die künstliche Befruchtung,<br />
die für sterile Paare gedacht<br />
ist, ausgeweitet wird. Der eigentliche<br />
Verstoß gegen das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />
wird aber darin gesehen, dass ein<br />
Embryo nicht gezeugt werde, um eine<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft herbeizuführen, sondern<br />
in Wirklichkeit erst einmal für diagnostische<br />
Zwecke – was verboten ist.<br />
Im Ministerium akzeptiert<br />
m<strong>an</strong> auch nicht den Ein-<br />
w<strong>an</strong>d von m<strong>an</strong>chen PGD-<br />
Befürwortern, es h<strong>an</strong>dele<br />
sich doch lediglich um eine<br />
vorgezogene Pränataldiagnostik<br />
(<strong>PND</strong>). Hier wird argumentiert,<br />
im Fall der <strong>PND</strong><br />
liege eine Schw<strong>an</strong>gerschaft<br />
bereits vor. Dabei h<strong>an</strong>dele es<br />
sich um eine Situation, in der<br />
sich der Embryo sowohl unter<br />
dem Schutz des Rechts<br />
wie dem Schutz der Frau befinde.<br />
Dem stehe auch § 218<br />
StGB nicht entgegen, denn<br />
eine Abtreibung sei rechtswidrig<br />
und nur unter bestimmten Bedingungen<br />
straffrei. Ein Embryo in<br />
vitro stehe dagegen nur unter dem<br />
Schutz des Rechts.<br />
Prof. Dr. med. Karl-Friedrich Sewing,<br />
der Vorsitzende des Wissenschaftlichen<br />
Beirats der Bundesärztekammer,<br />
hat solchen Einwänden und<br />
dem Vorwurf von Selektion und Eugenik<br />
widersprochen. Das Ziel der<br />
In-vitro-Fertilisation mit Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
sei zweifellos die<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft, erklärte er in Berlin.<br />
Er verwies zudem auf § 218 StGB, der<br />
festlegt, dass „H<strong>an</strong>dlungen, deren Wirkung<br />
vor Abschluss der Einnistung des<br />
befruchteten Eis in der Gebärmutter<br />
eintritt, nicht als Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />
im Sinne dieses Gesetzes“ gelten.<br />
Es sei schwierig zu verstehen, warum<br />
d<strong>an</strong>n die Unterlassung eines Tr<strong>an</strong>sfers<br />
eines in vitro gezeugten Embryos strafbar<br />
sein sollte.<br />
Auf die zahlreichen Konflikte ging<br />
Prof. Dr. med. Herm<strong>an</strong>n Hepp ein. Er<br />
ist Federführender des Arbeitskreises<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik und Direktor<br />
der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde<br />
und Geburtshilfe des<br />
Münchner Klinikums Großhadern.<br />
Hepp sprach das Thema „Selektion“ direkt<br />
<strong>an</strong>, als er die Unterschiede zwischen<br />
einer In-vitro-Fertilisation mit<br />
<strong>Embryonen</strong>tr<strong>an</strong>sfer und einer PGD erläuterte.<br />
Erstere sei ein Therapieverfahren,<br />
um einem ungewollt kinderlosen<br />
Paar zu einer Empfängnis und einer<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft zu verhelfen. Anders<br />
die PGD: Sie „hat zum Ziel, ein mit hohen<br />
Risikofaktoren belastetes Paar<br />
nach einer ,Zeugung auf Probe‘ und der<br />
Gesetz zum Schutz von <strong>Embryonen</strong><br />
§ 1 Abs. 1 Nr. 2: „Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder<br />
mit Geldstrafe wird bestraft, wer es unternimmt, eine Eizelle<br />
zu einem <strong>an</strong>deren Zweck künstlich zu befruchten, als eine<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft der Frau herbeizuführen, von der die<br />
Eizelle stammt . . .“<br />
§ 2 Abs. 1: „Wer einen extrakorporal erzeugten oder einer<br />
Frau vor Abschluss seiner Einnistung in der Gebärmutter<br />
entnommenen menschlichen Embryo veräußert oder zu<br />
einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck abgibt,<br />
erwirbt oder verwendet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu<br />
drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“<br />
Diagnostik...im Falle eines pathologischen<br />
Befundes durch Selektion, das<br />
heißt durch Sterbenlassen des in Warteposition<br />
stehenden Embryos, vor einem<br />
kr<strong>an</strong>ken Kind zu bewahren“. Dieses<br />
Verfahren wird inzwischen weltweit in<br />
29 Zentren erprobt, zehn davon liegen<br />
in den USA. Bisher nutzten rund 400<br />
Paare diese diagnostische Möglichkeit;<br />
die Zahl der nach PGD geborenen Kinder<br />
liege bei 100.<br />
Wie Sewing urteilte aber auch Hepp,<br />
dass der Richtlinien-Entwurf der BÄK<br />
zur Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik mit<br />
dem <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz vereinbar<br />
ist. Denn er gibt vor, dass die Diagnostik<br />
nur <strong>an</strong> einer nicht mehr totipotenten<br />
Blastomere vorgenommen wird.<br />
Auch sei das Ziel eine Schw<strong>an</strong>gerschaft<br />
der Frau. Hepp schloss sich hier der<br />
Sicht jener Juristen <strong>an</strong>, die argumentieren,<br />
dass die „Verwerfung“ eines Embryos<br />
nicht Ziel der künstlichen Befruchtung<br />
beziehungsweise der PGD<br />
sei. Sie sei eher eine unerwünschte Nebenfolge<br />
oder ein Fehlschlag auf dem<br />
Weg zu einer gewünschten Schw<strong>an</strong>gerschaft.<br />
In der ausführlichen Diskussion<br />
während des Presseseminars der BÄK<br />
in Berlin ließ Hepp jedoch erkennen,<br />
dass er die vielfältigen Gefahren der<br />
PGD sieht. Durch ihre Erlaubnis könne<br />
m<strong>an</strong> in die Eugenik hineinschlittern.<br />
Deswegen habe sich der Wissenschaftliche<br />
Beirat beispielsweise dagegen entschieden,<br />
eine Liste von Kr<strong>an</strong>kheiten<br />
aufzustellen, bei deren Verdacht risikobehafteten<br />
Paaren der Einsatz der PGD<br />
ermöglicht werden soll. Durch den Verzicht<br />
entstünden aber ebenfalls Probleme<br />
– so könnte die Methode<br />
in der Praxis auf immer<br />
mehr Erkr<strong>an</strong>kungen ausgeweitet<br />
werden.<br />
Wie m<strong>an</strong> verhindern wolle,<br />
dass alle Paare, die eine<br />
künstliche Befruchtung vornehmen<br />
ließen, nach der<br />
PGD verl<strong>an</strong>gten, wurde gefragt.<br />
Wenn es nicht möglich<br />
sei, die Anwendung sehr eng<br />
zu begrenzen, d<strong>an</strong>n sei er<br />
eher für ein Verbot dieses<br />
Verfahrens, stellte Hepp klar.<br />
Er gab jedoch zu bedenken,<br />
dass es schon heute Ansätze<br />
zu Selektion gebe: Paare nutzen<br />
offenbar die Möglichkeiten der Pränataldiagnostik<br />
zu „Schw<strong>an</strong>gerschaften<br />
auf Probe“. Nach Einschätzung Hepps<br />
ist dies rechtlich möglich, wenn auch<br />
ethisch bedenklich. In der Gesellschaft<br />
sei das Bewusstsein über solche Möglichkeiten<br />
gewachsen, bis hin zum Anspruch<br />
auf ein unbehindertes Kind. Und<br />
die Rolle der Ärzte? „Es gibt kein<br />
schuldfreies Arztsein, weder bei der<br />
Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik noch bei der<br />
Pränataldiagnostik.“ Sabine Rieser<br />
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