Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
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Heft 1–2, 7. J<strong>an</strong>uar 2002<br />
Stammzellen<br />
Die Stammzellforschung weckt derzeit<br />
Hoffnung auf eine nahezu<br />
unbegrenzte Anwendung von<br />
Stammzellen in der regenerativen Medizin.<br />
Ergebnisse aus Tierversuchen mit<br />
embryonalen und adulten Stammzellen<br />
lassen vermuten,dass in einer nicht allzu<br />
fernen Zukunft für die Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tation<br />
geeignete Spenderzellen in Zellkulturverfahren<br />
hergestellt werden können.<br />
Einen starken Aufschwung nahm die<br />
Stammzellforschung Ende 1998, als<br />
Wissenschaftler Verfahren zur Kultur<br />
hum<strong>an</strong>er Stammzellen aus in vitro<br />
befruchteten menschlichen <strong>Embryonen</strong><br />
entwickelten. Die Arbeitsgruppe um<br />
James Thomson, University of Wisconsin,<br />
Madison (USA), isolierte aus einem<br />
sieben Tage alten Embryo Stammzellen<br />
und gew<strong>an</strong>n daraus mehrere<br />
Zelllinien. Diese Methode eröffnete<br />
völlig neue Perspektiven für Gewebezucht<br />
und Org<strong>an</strong>ersatz. Das Wissenschaftsmagazin<br />
„Science“ deklarierte<br />
1999 zum Jahr der Stammzellforschung<br />
(„Breakthrough 1999“).<br />
Ethische und rechtliche Fragen<br />
Embryonale Stammzellen scheinen<br />
grundsätzlich zur Züchtung von Gewebe<br />
oder Org<strong>an</strong>en geeignet zu sein. Es ist<br />
durchaus denkbar, dass künftig fehlerhafte<br />
Org<strong>an</strong>funktionen durch Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tation<br />
von gezüchteten Stammzellen<br />
behoben und somit einige erbliche<br />
und erworbene Erkr<strong>an</strong>kungen geheilt<br />
werden können. Allerdings wirft die<br />
Gewinnung von Stammzellen aus „geopferten“<br />
<strong>Embryonen</strong> viele ethische,<br />
moralische und rechtliche Fragen auf.<br />
Dies ist bei adulten Stammzellen weniger<br />
der Fall. Die aus dem erwachse-<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
„Rohstoff“ für die<br />
regenerative Medizin<br />
Stammzellen gelten als Hoffnungsträger in der<br />
regenerativen Medizin. Doch sowohl embryonale als auch<br />
adulte Stammzellen weisen Vor- und Nachteile auf.<br />
126<br />
nen Org<strong>an</strong>ismus gewonnenen Stammzellen<br />
scheinen ebenfalls ein <strong>an</strong>nähernd<br />
unbegrenztes Differenzierungspotenzial<br />
zu besitzen. Im Labor lassen sich aus<br />
ihnen unter speziellen Bedingungen<br />
Muskel-, Knorpel-, Leber- oder Nervenzellen<br />
züchten. Bisher war ihre Umw<strong>an</strong>dlungsfähigkeit<br />
oder Plastizität unbek<strong>an</strong>nt.<br />
Sie könnte aber genutzt werden,<br />
um spezifische Zellen oder Gewebsverbände<br />
für die Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tation<br />
herzustellen.<br />
Stammzellen können auf verschiedenen<br />
Wegen gewonnen werden:<br />
Adulte Stammzellen lassen sich aus<br />
fetalen Geweben, Nabelschnurblut<br />
oder aus<br />
Geweben eines Erwachsenen<br />
(zum Beispiel<br />
aus dem Knochenmark)<br />
isolieren.<br />
Embryonale Stammzellen<br />
(ES) werden aus<br />
bis zu sieben Tagen<br />
alten <strong>Embryonen</strong> gewonnen.<br />
Mehrere Arbeitsgruppen<br />
haben inzwischen<br />
Zelllinien<br />
etabliert, wobei jede<br />
eine fast unerschöpfliche<br />
Quelle für <strong>Forschung</strong>s-<br />
und Beh<strong>an</strong>dlungszwecke<br />
darstellen<br />
könnte. Auch aus den<br />
Urkeimzellen während<br />
Grafik<br />
der fetalen Entwicklung können „embryonale<br />
germ“-(EG-) Zellen abgeleitet<br />
werden. Menschliche EG-Zellen<br />
besitzen ähnliche Potenziale wie ES-<br />
Zellen. Ob die aus menschlichen EG-<br />
Zellen abgeleiteten Spenderzellen nach<br />
Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tation zur Geweberegeneration<br />
eingesetzt werden können, ist zurzeit<br />
offen.<br />
Die Entwicklungspotenziale der embryonalen<br />
Stammzellen (ES-Zellen,<br />
EG-Zellen) und der adulten Stammzellen<br />
unterscheiden sich deutlich. Generell<br />
nimmt das entwicklungsbiologische<br />
Potenzial mit dem ontogenetischen Alter<br />
ab. Die ES-Zellen und EG-Zellen<br />
eignen sich deshalb wahrscheinlich<br />
besonders für Zellersatzstrategien bei<br />
Geweben, die sich nur sehr eingeschränkt<br />
regenerieren (speziell für das<br />
Nervensystem). So konnten aus ES-<br />
Zellen der Maus abgeleitete Zellen in<br />
einem Rattenmodell bei einer Myelinm<strong>an</strong>gel-Kr<strong>an</strong>kheit<br />
den Myelinm<strong>an</strong>gel<br />
wieder aufheben. Da die multiple<br />
Sklerose ebenfalls eine Myelinm<strong>an</strong>gel-<br />
Kr<strong>an</strong>kheit ist, sind <strong>an</strong>aloge Therapie<strong>an</strong>sätze<br />
vorstellbar. Aus ES-Zellen der<br />
Maus können auch Nervenzelltypen<br />
hergestellt werden, die bei Morbus<br />
Parkinson defekt sind. Vorstellbar<br />
ist ferner die Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tation von ES-<br />
Zellen abgeleiteten Herzmuskelzellen<br />
zur Beh<strong>an</strong>dlung von Herzinsuffizienz<br />
und Herzinfarkt. Ein ebenso viel versprechender<br />
Weg ist die In-vitro-Differenzierung<br />
insulinbildender Zellen zur Beh<strong>an</strong>dlung<br />
des Diabetes mellitus.<br />
Korrelation zwischen Selbsterneuerungspotenzial und ontogenetischem<br />
Alter bei einem und demselben Phänotyp von Blutstammzellen.<br />
Das Potenzial ist am höchsten bei Zellen aus fetaler<br />
Leber, gefolgt von denen aus Nagelschnurblut, und am niedrigsten<br />
aus erwachsenem Knochenmark. Quelle: Anthony D. Ho et al.<br />
In jüngster Zeit hat sich herausgestellt,<br />
dass adulte Stammzellen nicht<br />
nur Zellen des entsprechenden Org<strong>an</strong>s<br />
hervorbringen können, sondern auch<br />
Zellen <strong>an</strong>derer Gewebe oder Org<strong>an</strong>e.<br />
Aus dem Knochenmark wurden zum<br />
Beispiel nicht nur neue Blutzellen abgeleitet,<br />
sondern auch Zellen verschiedener<br />
Körpergewebe, wie Knochen,