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Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...

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Dass die Fortpfl<strong>an</strong>zungsmedizin ein<br />

problem- und konfliktbeladenes Feld<br />

ärztlicher Tätigkeit darstellt, ist unverkennbar.<br />

So war es nahezu unvermeidbar,<br />

dass sich der Wissenschaftliche<br />

Beirat der Bundesärztekammer dieses<br />

schwierigen Terrains <strong>an</strong>genommen hat,<br />

um den St<strong>an</strong>d der Wissenschaft in ein<br />

berufsrechtliches Regelwerk oder Vorschläge<br />

dazu einzubetten. Die „Richtlinien<br />

zur Durchführung der assistierten<br />

Reproduktion“ (1998), die „Richtlinien<br />

zur pränatalen Diagnostik von Kr<strong>an</strong>kheiten<br />

und Kr<strong>an</strong>kheitsdispositionen“<br />

(1998), die „Erklärung zum Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />

nach Pränataldiagnostik“<br />

(1998) sind als Niederschlag dieser<br />

Bemühungen zu verstehen. In den<br />

„Richtlinien zur Pränataldiagnostik von<br />

Kr<strong>an</strong>kheiten und Kr<strong>an</strong>kheitsdispositionen“<br />

wurde der Komplex Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

ausgeklammert, da<br />

klar geworden war, dass diese wegen<br />

der Sensibilität des Themas eines eigenständigen<br />

Papiers bedurfte. Die intensive<br />

Bearbeitung durch einen multidisziplinär<br />

– in seinen Anschauungen keinesfalls<br />

uniform – besetzten Arbeitskreis<br />

hat ihren Niederschlag gefunden<br />

in der vom Wissenschaftlichen Beirat<br />

einstimmig gebilligten Form eines „Entwurfs<br />

für eine Richtlinie zur Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik“.<br />

Der Wissenschaftliche<br />

Beirat ist ein Beratungsgremium der<br />

Bundesärztekammer.Dem Vorst<strong>an</strong>d der<br />

Bundesärztekammer steht es frei, wie er<br />

Vorschläge des Wissenschaftlichen Beirats<br />

umsetzt. Von diesem Recht hat der<br />

Vorst<strong>an</strong>d der Bundesärztekammer Gebrauch<br />

gemacht und die Vorlage des<br />

Wissenschaftlichen Beirats ohne textliche<br />

oder inhaltliche Änderungen als<br />

„Diskussionsentwurf zu einer Richtlinie<br />

zur Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik“<br />

zustimmend zur Kenntnis genommen<br />

und zur Veröffentlichung freigegeben.<br />

Erklärte Absicht sowohl des Wissenschaftlichen<br />

Beirats als auch des Vorst<strong>an</strong>ds<br />

der Bundesärztekammer war es,<br />

einen „Diskurs mit den gesellschaftlichen<br />

Gruppen“ (nicht gegen sie!) im<br />

D O K U M E N T A T I O N<br />

Heft 17, 28. April 2000<br />

Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

als Ver<strong>an</strong>twortung<br />

Sinne eines „offenen und sachlichen,<br />

gleichwohl kritischen Dialog“(s) zu<br />

führen. Der Wissenschaftliche Beirat<br />

hat sich in einem ausführlichen Vorwort<br />

mit den Problemen der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

ausein<strong>an</strong>der gesetzt und<br />

die Konfliktfelder offen ben<strong>an</strong>nt. Bei<br />

der Gestaltung des Richtlinienentwurfs<br />

war der Wissenschaftliche Beirat getragen<br />

von dem Bemühen, einerseits dem<br />

Schutz des ungeborenen Lebens, <strong>an</strong>dererseits<br />

aber auch gezielt Paaren gerecht<br />

zu werden, die „<strong>an</strong> der Furcht vor<br />

einem genetisch bedingt schwerstkr<strong>an</strong>ken<br />

Kind gesundheitlich zu zerbrechen<br />

drohen“. Der verständliche Wunsch<br />

nach einem gesunden Kind ist eine sittliche<br />

Norm und k<strong>an</strong>n aus der Diskussion<br />

nicht dadurch ausgeblendet werden,<br />

dass in der Gesellschaft eine Erwartungshaltung<br />

für gesunde Kinder als<br />

Gefahr gebr<strong>an</strong>dmarkt wird.<br />

Einem Dammbruch im Sinne einer<br />

Öffnung der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

für nicht ausschließlich der Erkennung<br />

einer bek<strong>an</strong>nten, schwerwiegenden, unbeh<strong>an</strong>delbaren,<br />

genetisch bedingten Erkr<strong>an</strong>kung<br />

dienende Indikationen k<strong>an</strong>n<br />

und muss m<strong>an</strong> am ehesten dadurch begegnen,<br />

dass m<strong>an</strong> von einem schematisierten<br />

Indikationskatalog Abst<strong>an</strong>d<br />

nimmt zugunsten einer ver<strong>an</strong>twortungsbewussten<br />

Einzelfallbegutachtung,<br />

die durch Einschaltung von zwei hierarchisch<br />

nachein<strong>an</strong>der <strong>an</strong>geordneten<br />

Kommissionen untermauert wird.<br />

Es geht <strong>an</strong> der Sache völlig vorbei und<br />

verlässt den Boden eines <strong>an</strong> wissenschaftlichen<br />

Maximen orientierten Meinungsaustauschs,<br />

wenn der Eindruck erweckt<br />

wird,aus gutem Grund geschlossene<br />

Schleusen gegenüber nationalsozialistischen<br />

Gräueltaten seien durch den<br />

Wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer<br />

wieder geöffnet worden<br />

und wenn die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

in die ged<strong>an</strong>kliche Nähe einer Eugenik<br />

nationalsozialistischer Prägung<br />

gerückt wird. Letztere stellt den Vollzug<br />

eines von einem verbrecherischen Regime<br />

staatlich verordneten und praktizier-<br />

ten Rassenwahns dar, der vor zw<strong>an</strong>gsweisen<br />

Sterilisationen,Tötungen und <strong>an</strong>deren<br />

Gräueltaten nicht zurückschreckte.<br />

Das Begehren nach einer Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

wird demgegenüber<br />

freiwillig und aus eigenem Antrieb<br />

von einem einzelnen Paar aus einer berechtigten<br />

individuellen Sorge heraus<br />

<strong>an</strong> einen Arzt her<strong>an</strong>getragen, was einen<br />

intensiven Beratungs- und Zustimmungsprozess<br />

in G<strong>an</strong>g setzt, bevor<br />

ein Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik-Verfahren<br />

überhaupt aktiv eingeleitet werden<br />

könnte.<br />

Zentrales rechtliches Thema ist die<br />

Frage nach der Vereinbarkeit der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

mit dem <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz.Anders<br />

als das Bundesministerium<br />

für Gesundheit sind sowohl<br />

die Bioethik-Kommission des L<strong>an</strong>des<br />

Rheinl<strong>an</strong>d-Pfalz unter dem Vorsitz<br />

des (verstorbenen) Justizministers Peter<br />

Caesar als auch der Wissenschaftliche<br />

Beirat der Bundesärztekammer nach eingehender<br />

rechtlicher Prüfung zu dem Ergebnis<br />

gel<strong>an</strong>gt, dass die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

nicht mit dem <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />

kollidiert (siehe dazu<br />

Schreibers vor<strong>an</strong>gehenden Beitrag).<br />

Begründet wird diese Einschätzung<br />

dadurch, dass – in Übereinstimmung<br />

mit dem <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz – das<br />

erklärte und einzige Ziel einer In-vitro-<br />

Fertilisation als Voraussetzung einer<br />

Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik die Herbeiführung<br />

einer Schw<strong>an</strong>gerschaft ist.<br />

Erst wenn nach einer Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

„ein hohes Risiko für eine<br />

bek<strong>an</strong>nte und schwerwiegende, genetisch<br />

bedingte Erkr<strong>an</strong>kung“ der Nachkommen<br />

erkennbar wird, stellt sich für<br />

die betroffenen Paare die Frage nach<br />

dem Tr<strong>an</strong>sfer aller zum Zwecke der<br />

Herbeiführung einer Schw<strong>an</strong>gerschaft<br />

befruchteten Eizellen. Die Bioethik-<br />

Kommission Rheinl<strong>an</strong>d-Pfalz mahnt<br />

zwar <strong>an</strong>, dass „die Grundvoraussetzungen<br />

der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik als<br />

wesentlich für die Grundrechte gesetzlich<br />

geregelt werden“ (müssen). Sie<br />

stellt aber die Legalität der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

damit nicht grundsätzlich<br />

infrage, sondern sagt vielmehr:<br />

„Damit dem (gesetzliche Regelung der<br />

Grundrechte, Verfasser) Rechnung getragen<br />

wird, sollen folgende Voraussetzungen<br />

gelten:<br />

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