Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
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Heft 17, 28. April 2000<br />
Der vom Wissenschaftlichen Beirat<br />
der Bundesärztekammer vorgelegte<br />
„Diskussionsentwurf zu einer<br />
Richtlinie zur Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik“<br />
hat unterschiedliche Reson<strong>an</strong>z in<br />
der Öffentlichkeit gefunden. Dabei ist<br />
immer wieder die Frage nach der Vereinbarkeit<br />
der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
mit dem <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz aufgeworfen<br />
worden, so auch von Riedel (DÄ<br />
Heft 10/2000), die feststellt, die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
stehe im Widerspruch<br />
zum <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz.<br />
Es überrascht,wie apodiktisch und vehement<br />
zugleich Riedel zur Einleitung<br />
ihres Plädoyers für eine unvoreingenommene<br />
Debatte behauptet, eine Zulassung<br />
der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik sei<br />
mit dem <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />
(EschG) nicht vereinbar, ohne dass eine<br />
nähere Ausein<strong>an</strong>dersetzung mit dem<br />
Gesetzestext stattgefunden hat.<br />
Ihrem Beitrag,in dem sie die durchaus<br />
nachvollziehbare Forderung einer gesetzlichen<br />
Regelung erhebt, stellt Riedel<br />
die These vor<strong>an</strong>, die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
stehe im Widerspruch zum<br />
ESchG. Diesem zufolge, so heißt es, dürfe<br />
eine Eizelle nur zum Zweck der Herbeiführung<br />
einer Schw<strong>an</strong>gerschaft bei<br />
der Frau, von der die Eizelle stammt,<br />
künstlich befruchtet werden;ein Embryo<br />
dürfe auch nur zu diesem Zweck weiterentwickelt<br />
und ein extrakorporal erzeugter<br />
Embryo dürfe zu keinem <strong>an</strong>deren<br />
Zweck als zu seiner Erhaltung verwendet<br />
werden, siehe § 1 l Nr. 2, § 2 l und II<br />
ESchG. Ziel der Regelung der künstlichen<br />
Befruchtung im ESchG sei die Beh<strong>an</strong>dlung<br />
von Fertilitätsstörungen, also<br />
die Erfüllung des Kinderwunsches einer<br />
Frau oder eines Paares. Dieses von Riedel<br />
so betonte Ziel wird im ESchG jedoch<br />
gerade nicht ausdrücklich ben<strong>an</strong>nt.<br />
Riedels Aussagen zeigen vielmehr, dass<br />
hier der Wunsch des Bestehens eines<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer<br />
Von richtigen rechtlichen<br />
Voraussetzungen ausgehen<br />
Zur rechtlichen Bewertung der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
Verbotes Mutter der Argumentation ist,<br />
mehr jedoch nicht.<br />
Ein allgemeines Verbot der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
könnte sich aus<br />
§ 1 l Nr. 2 ESchG herleiten. Dort heißt<br />
es, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren<br />
oder mit Geldstrafe werde bestraft, wer<br />
es unternimmt, eine Eizelle zu einem<br />
<strong>an</strong>deren Zweck künstlich zu befruchten,<br />
als eine Schw<strong>an</strong>gerschaft der Frau<br />
herbeizuführen, von der die Eizelle<br />
stammt.<br />
Wenn ein Arzt im Rahmen einer Invitro-Fertilisation<br />
(IVF) eine Eizelle befruchtet<br />
und diese durch Entnahme einer<br />
nicht mehr totipotenten Zelle auf bestimmte<br />
genetische Defekte untersucht,<br />
um je nach Befund den Embryo zu tr<strong>an</strong>sferieren<br />
oder nicht, ist fraglich, ob der<br />
Arzt die Eizelle gemäß § 1 l Nr.2 EschG –<br />
wie Riedel behauptet – zu einem <strong>an</strong>deren<br />
Zweck künstlich befruchtet, als die<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft einer Frau herbeizuführen<br />
– nämlich vielmehr, um eine „Selektionsmöglichkeit“<br />
zu eröffnen. Tatbest<strong>an</strong>dslos<br />
h<strong>an</strong>delt, wer mit der Absicht<br />
h<strong>an</strong>delt, eine Schw<strong>an</strong>gerschaft herbeizuführen.<br />
Riedel scheint der Ansicht zu sein,<br />
dass eine solche Absicht bei der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
zum Zeitpunkt<br />
der Befruchtung noch nicht besteht. Diese<br />
Auffassung wird den tatsächlichen Gegebenheiten<br />
jedoch nicht gerecht, da sie<br />
eine künstliche Aufteilung eines einheitlichen<br />
Vorg<strong>an</strong>ges vornimmt. Die Betroffenen<br />
h<strong>an</strong>deln von Beginn der IVF mit<br />
dem Bewusstsein, dass die gesamte Beh<strong>an</strong>dlung<br />
auf Herbeiführung einer<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft ausgerichtet ist. Dass<br />
die Schw<strong>an</strong>gerschaft noch von einer Bedingung<br />
abhängig gemacht wird, stellt<br />
dabei ein separat zu beh<strong>an</strong>delndes Problem<br />
dar. So ist die Frage, ob die Absicht<br />
deshalb verneint werden könnte,weil ein<br />
später vorzunehmender Teilakt noch<br />
von einer weiteren Bedingung, das heißt<br />
der Entscheidung der Mutter zum Tr<strong>an</strong>sfer,<br />
abhängig gemacht werden soll. Die<br />
Absicht wird allein nach der voluntativen<br />
Beziehung zwischen Täterpsyche<br />
und Taterfolg definiert. Bewusst herbeigeführte<br />
und erwünschte Erfolge sind<br />
immer beabsichtigt, auch wenn ihr Eintritt<br />
nicht sicher ist (Roxin, Strafrecht<br />
Allgemeiner Teil, B<strong>an</strong>d l, <strong>3.</strong>Auflage, § 12<br />
Rdnr. 11; Cramer in: Schönke/Schröder,<br />
25. Auflage, § 15 Rdnr. 67, m. w. N.). Das<br />
Abhängigmachen der Vornahme eines<br />
zukünftig vorzunehmenden Teilaktes<br />
von einem Bedingungsschritt, hier der<br />
Annahme zur Übertragung eines Embryos<br />
auf die Mutter, schließt die Absicht,<br />
eine Schw<strong>an</strong>gerschaft herbeizuführen,<br />
gerade nicht aus. Eine Strafbarkeit<br />
nach § 1 l Nr. 2 ESchG k<strong>an</strong>n daher<br />
nicht bejaht werden, wenn die Fertilisation<br />
erfolgt. Dieses Ergebnis ist naheliegend,<br />
bedenkt m<strong>an</strong>, dass auch bei der<br />
Vornahme einer regulären IVF ohne<br />
Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik der Arzt<br />
den <strong>an</strong>schließenden Embryotr<strong>an</strong>sfer<br />
stets von der Bedingung abhängig macht,<br />
dass sich die Patientin auch später noch<br />
bereit erklärt, diesen vornehmen zu lassen<br />
(hierzu und im Folgenden demnächst<br />
Schneider in MedR 2000. Auf dem Weg<br />
zur Selektion – Strafrechtliche Aspekte<br />
der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik). Weiterer<br />
Anknüpfungspunkt für eine mögliche<br />
Strafbarkeit nach § 1 l Nr. 2 ESchG<br />
k<strong>an</strong>n sein, die „Ausschließlichkeit“ der<br />
Zweckverfolgung in Zweifel zu ziehen.<br />
Die Frage ist, ob nur derjenige tatbest<strong>an</strong>dslos<br />
h<strong>an</strong>delt, der die Eizelle ausschließlich<br />
deshalb künstlich befruchtet,<br />
um eine Schw<strong>an</strong>gerschaft der Frau herbeizuführen,<br />
von der der Embryo<br />
stammt,oder ob der Täter auch einen <strong>an</strong>deren<br />
Nebenzweck mit der künstlichen<br />
Befruchtung verfolgen k<strong>an</strong>n, ohne tatbest<strong>an</strong>dsmäßig<br />
zu h<strong>an</strong>deln.<br />
Aus dem Gesetzestext geht nicht hervor,<br />
dass die Absicht der Herbeiführung<br />
einer Schw<strong>an</strong>gerschaft durch die gleichzeitige<br />
absichtliche Verfolgung eines <strong>an</strong>deren<br />
Zweckes – nämlich zuvor die genetische<br />
Struktur des Embryos zu prüfen<br />
– ausgeschlossen ist. Dieses Ergebnis<br />
ließe sich nur im Wege unzulässiger erweiternder<br />
Interpretation oder Analogie<br />
gewinnen. Die äußerste Auslegungsgrenze<br />
markiert jedoch nach der Rechtsprechung<br />
des BVerfG (BVerfGE 73,<br />
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