Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
❃ hohes genetisches Risiko (als normativer<br />
Begriff ohne Festlegung eines<br />
Katalogs bestimmter Erkr<strong>an</strong>kungen)<br />
❃ Beratung eines Paares über Ch<strong>an</strong>cen,<br />
Risiken und Alternativen durch den<br />
Arzt<br />
❃ Einwilligung des Paares.<br />
Die darüber hinausgehenden Modalitäten<br />
und Details sollen in Richtlinien<br />
der Bundesärztekammer festgelegt werden,<br />
um sie den jeweiligen medizini-<br />
Heft 18, 5. Mai 2000<br />
Schöne Neue Welt<br />
Die Wissenschaft bewegt sich mit<br />
gewaltigen Schritten vor<strong>an</strong>, natürlich<br />
nur nach vorne . . .? Wer hätte<br />
vor einigen Jahrzehnten von Gentherapie,<br />
Klonierung oder Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
(PGD = preimpl<strong>an</strong>tation<br />
genetic diagnosis) zu träumen gewagt?<br />
Doch, diese Träumer gab es. Es lohnt<br />
einmal wieder, Aldous Huxleys „Schöne<br />
Neue Welt“ aus dem Bücherschr<strong>an</strong>k<br />
zu nehmen. Eine Gruselfiktion der<br />
Zw<strong>an</strong>zigerjahre, visionär aus heutiger<br />
Sicht. Die Klonierung ist dort Routine,<br />
als „Bok<strong>an</strong>owsky-Verfahren“ st<strong>an</strong>dardisiert<br />
und gesellschaftlich (<strong>an</strong>geblich)<br />
akzeptiert. Einen Schönheitsfehler<br />
hat das G<strong>an</strong>ze natürlich; <strong>an</strong>ders als in<br />
der heutigen Realität verliert der Org<strong>an</strong>ismus<br />
beim Klonieren Kompetenz.<br />
Das Ideal also ist der ungeklonte<br />
Mensch, der, der nicht dem „Bok<strong>an</strong>owsky-Verfahren“<br />
unterzogen wurde und<br />
seine Individualität erhalten durfte.<br />
Je mehr Klon-Kopien es gibt, desto<br />
niedriger die soziale und intellektuelle<br />
Intelligenz der Individuen – so weit<br />
Huxley.<br />
Dahinter steht eine intellektuelle Attitüde,<br />
die der Individualität und dem<br />
Unterschied Raum lässt. Nicht die unterschiedslose<br />
Schönheit ist wahrhaft<br />
schön, sondern Schönheit k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong><br />
erst <strong>an</strong> der B<strong>an</strong>dbreite von hässlich bis<br />
28<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
schen Entwicklungen <strong>an</strong>gemessen <strong>an</strong>passen<br />
zu können.“ Der Vergleich des<br />
Diskussionsentwurfs der Bundesärztekammer<br />
mit diesen Desideraten sollte<br />
eigentlich erkennen lassen, dass der Vorschlag<br />
der Bundesärztekammer eine gesetzliche<br />
Regelung nicht präjudiziert,<br />
sondern vielmehr geeignet ist,eine <strong>an</strong>gemessene<br />
gesetzliche Rahmenregelung<br />
inhaltlich auszufüllen. Wenn allerdings<br />
kategorisch festgestellt wird, die Präim-<br />
Muss m<strong>an</strong> alles machen, was m<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n?<br />
Fortschritt allein genügt nicht, es kommt auch auf die Richtung <strong>an</strong>.<br />
göttlich wirklich ermessen. Von diesem<br />
Ideal entfernen wir uns zusehends. Uniformität<br />
ist gefragt, Kr<strong>an</strong>kheit <strong>an</strong>stößig<br />
und absondernd; nicht die B<strong>an</strong>dbreite<br />
menschlicher Individualität, sondern<br />
ihre Konformität mit gesellschaftlichen<br />
Normen soll mit Technikeinsatz erzeugt<br />
werden.<br />
Ein gutes Beispiel hierfür ist der<br />
„Diskussionsentwurf zu einer Richtlinie<br />
zur Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik“,<br />
den der Vorst<strong>an</strong>d der Bundesärztekammer<br />
(BÄK) unlängst vorgelegt hat.<br />
Nun wäre es sicher unfair, der BÄK<br />
vorzuwerfen, sie fördere <strong>an</strong> dieser Stelle<br />
den Technikeinsatz in der Medizin.<br />
Das tut sie nicht – sie reagiert lediglich<br />
auf wissenschaftliche Entwicklungen<br />
und versucht sie in ethische Dimensionen<br />
vor dem Hintergrund ras<strong>an</strong>ter gesellschaftlicher<br />
Veränderungen zu stellen.<br />
Der Antrieb, der Impuls kommt<br />
von wo<strong>an</strong>ders – aus Forschertrieb, aus<br />
der Überlegung, kr<strong>an</strong>ken Menschen<br />
helfen zu wollen, aus Zukunftsgläubigkeit<br />
und auch aus materiellen Interessen.<br />
Das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz verbietet<br />
die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik; die<br />
M<strong>an</strong>ipulation <strong>an</strong> totipotenten Zellen ist<br />
verboten. Zusätzlich ist es nicht zulässig,<br />
erzeugte <strong>Embryonen</strong> nicht zu übertragen,<br />
also zu verwerfen. Eine groteske<br />
Ironie wäre es also, in der PGD als<br />
pl<strong>an</strong>tationsdiagnostik stehe im Widerspruch<br />
zum <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz,<br />
d<strong>an</strong>n ist die von der Bundesärztekammer<br />
<strong>an</strong>gestrebte unvoreingenommene<br />
offene Debatte zumindest erheblich erschwert,<br />
wenn nicht gar unmöglich.<br />
Der Vorst<strong>an</strong>d des Wissenschaftlichen Beirates<br />
der Bundesärztekammer<br />
Herbert-Lewin-Straße 1, 50931 Köln<br />
Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. K.-Fr. Sewing<br />
Berliner Allee 20 (Ärztehaus), 30175 H<strong>an</strong>nover<br />
„kr<strong>an</strong>k“ erk<strong>an</strong>nte <strong>Embryonen</strong> gleichwohl<br />
übertragen zu müssen. Bei wenigen<br />
erbgebundenen Kr<strong>an</strong>kheitsbildern<br />
könnte PGD helfen. Notwendig wäre<br />
eine Änderung des <strong>Embryonen</strong>schutzgesetzes.<br />
Der Diskussionsentwurf schlägt<br />
darüber hinaus „Ethikkommissionen“<br />
der Selbstverwaltung vor, die Genehmigungen<br />
zur PGD erteilen.<br />
Forschertrieb und<br />
Technikgläubigkeit<br />
Seit einiger Zeit versucht die Wissenschaft,<br />
den Zeitraum der Totipotenz<br />
von Zellen für kürzer und kürzer zu erklären.<br />
Forschergruppen behaupten,<br />
schon ab dem 4-Zell-Stadium sei eine<br />
Totipotenz nicht mehr sicher. Zugleich<br />
gewinnt die moderne Fortpfl<strong>an</strong>zungsmedizin<br />
immer mehr Spielräume zum<br />
erfolgreichen Übertragen von <strong>Embryonen</strong>,<br />
ein Fenster tut sich auf, die<br />
Zellen sind (<strong>an</strong>geblich) nicht mehr totipotent,<br />
die Übertragung ist noch möglich.<br />
Altruistische Ideale<br />
Unter dem Eindruck der großen Trauer<br />
von Familien, die das Risiko genetischer<br />
Fehler in sich tragen und oftmals