Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
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Urteil über den moralischen Status des<br />
Embryos muss somit dem plausibelsten<br />
biologischen Sachverhalt über den Beginn<br />
des Lebens <strong>an</strong>gepasst werden. Hier<br />
gilt: „Menschliches Leben, dem Würde<br />
und Schutzwürdigkeit zusteht, ist d<strong>an</strong>n<br />
gegeben, wenn eine menschliche Zelle<br />
mit ihrem individuellen Chromosomensatz<br />
das Potenzial einer kontinuierlichen<br />
Entwicklung in sich vereint.“ (4).<br />
Entscheidend ist, dass durch die Verschmelzung<br />
von menschlicher Ei- und<br />
Samenzelle eine neue genetische Identität<br />
entst<strong>an</strong>den ist, die die Zugehörigkeit<br />
dieses Lebens zur menschlichen<br />
Gattung festlegt. Somit kommt auch<br />
dem Embryo in vollem Umf<strong>an</strong>g Menschenwürde<br />
zu. Jede <strong>an</strong>dere Position bedeutet<br />
im Kern eine Zerstörung des Begriffs<br />
der Menschenwürde (5, 6).<br />
Die Reflexion auf <strong>Forschung</strong>sziele<br />
der medizinischen Wissenschaft: Soll<br />
der Szientismus überwunden werden,<br />
muss über die Inhalte des Fortschritts<br />
reflektiert werden. Folgende Grundthese<br />
könnte eine Ausg<strong>an</strong>gsbasis sein: Ziel<br />
der medizinischen Wissenschaft ist nicht<br />
die Abschaffung des Todes, sondern die<br />
Auslöschung der Schrecken, die mit der<br />
menschlichen Endlichkeit gegeben sein<br />
können. Heilung bleibt somit ein bedingtes<br />
Ziel. Heilung muss vielmehr mit<br />
Palliation zusammen realisiert werden,<br />
und zwar aus zwei Gründen: Heilung<br />
führt nicht zu weniger Kr<strong>an</strong>kheit, sondern<br />
verschiebt diese in höhere Altersstufen.Die<br />
einseitige Betonung der Heilung<br />
führt zw<strong>an</strong>gsläufig zu aggressiven<br />
Konsequenzen für diejenigen, die nicht<br />
geheilt werden können. Hier eröffnen<br />
sich die bedrückenden Perspektiven der<br />
Eugenik und des Sozialdarwinismus, die<br />
m<strong>an</strong> nur ermessen k<strong>an</strong>n, wenn m<strong>an</strong> sie<br />
nicht simplizistisch mit dem Nationalsozialismus<br />
gleichsetzt und durch seine<br />
Überhöhung zum absolut Bösen für erledigt<br />
hält. Es gibt keine ärztliche Pflicht<br />
zur Heilung um jeden Preis, wohl aber<br />
zum Beist<strong>an</strong>d in jeder Situation.<br />
Die Bedeutung der Menschenwürde<br />
für den Grundkonsens der liberalen Gesellschaft:<br />
Der Grundkonsens der liberalen<br />
Gesellschaft ist auf der Geltung der<br />
Menschenwürde gegründet. Er ist nicht<br />
positiv bestimmt, sondern dient vielmehr<br />
als Platzhalter für seine möglichen positiven<br />
Begründungen. Gerade in dieser negativen<br />
Bestimmung der Unverfügbar-<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
keit verleiht er einer liberalen pluralistischen<br />
Gesellschaft ihre Fundamente. Das<br />
bedeutet nicht, dass die religiösen und<br />
philosophischen Begründungen dieser<br />
Menschenwürde deshalb irrelev<strong>an</strong>t sind.<br />
G<strong>an</strong>z im Gegenteil wächst dieser von<br />
ihren Begründungen die eigentliche Lebenskraft<br />
zu.Dies trifft sicher in besonderem<br />
Ausmaß für den christlichen Glauben<br />
<strong>an</strong> die Gottebenbildlichkeit des Menschen<br />
sowie Kreuz und Auferstehung zu.<br />
Einstieg in die verbrauchende<br />
<strong>Embryonen</strong>forschung<br />
Wenn die Menschenwürde aber nun<br />
teilbar wird, verliert sie ihre einigende<br />
Kraft. Der Ausschluss bestimmter Personen<br />
aufgrund bestimmter Kriterien<br />
führt zu einer Spaltung der Gesellschaft<br />
in diejenigen, die diese Kriterien erfüllen,<br />
und die <strong>an</strong>deren, die dies nicht können.<br />
Es kommt darauf <strong>an</strong> zu erkennen,<br />
dass der Grundkonsens der liberalen<br />
Gesellschaft durch die <strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> hum<strong>an</strong>en<br />
embryonalen Stammzellen –<br />
wie auch durch das therapeutische Klonen<br />
und die <strong>PID</strong> – gefährdet ist.<br />
Aktuell zeichnet sich im ethischen Konflikt<br />
um die <strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> hum<strong>an</strong>en embryonalen<br />
Stammzellen die Tendenz ab,<br />
diesen durch Begrenzungen des Verbrauchs<br />
<strong>an</strong> <strong>Embryonen</strong> zu neutralisieren.<br />
In den USA entschied Präsident Bush, die<br />
staatliche Förderung der <strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> hum<strong>an</strong>en<br />
embryonalen Stammzellen auf bestimmte,schon<br />
vorh<strong>an</strong>dene Stammzelllinien<br />
zu beschränken. In Deutschl<strong>an</strong>d hat<br />
sich der Nationale Ethikrat mehrheitlich<br />
hin zu einer Empfehlung zum Import vorh<strong>an</strong>dener<br />
hum<strong>an</strong>er embryonaler Stammzelllinien<br />
orientiert. Die Argumentation<br />
geht in beiden Fällen dahin,dass es ethisch<br />
schwer zu vertreten wäre, dieses einmal<br />
schon vorh<strong>an</strong>dene <strong>Forschung</strong>spotenzial zu<br />
verwerfen. Dabei ist nicht selten die Neigung<br />
unverkennbar, den Zusammenh<strong>an</strong>g<br />
von hum<strong>an</strong>er embryonaler Stammzellforschung<br />
und <strong>Embryonen</strong>verbrauch zu verschleiern.<br />
Die Befürworter dieser Lösung<br />
erhoffen sich, den Konflikt zwischen den<br />
Anliegen der „Lebensschützer“ einerseits<br />
und der Zeitnot der <strong>Forschung</strong> <strong>an</strong>dererseits<br />
im Sinne eines pragmatischen Moratoriums<br />
zu entschärfen: <strong>Forschung</strong> ja, aber<br />
nur <strong>an</strong> vorh<strong>an</strong>denen Stammzelllinien.<br />
Diese Argumentation ist nur noch politisch<br />
bestimmt.Sie zeigt,wie sehr die <strong>an</strong>gebliche<br />
Naturwüchsigkeit des biotechnologischen<br />
Fortschritts durch politische<br />
Entscheidungen gefördert wird.Aus ethischer<br />
Sicht muss jedoch darauf best<strong>an</strong>den<br />
werden, dass die <strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> importierten<br />
hum<strong>an</strong>en embryonalen Stammzellen<br />
eine Teilhabe <strong>an</strong> der Ver<strong>an</strong>twortung für<br />
die Tötung der entsprechenden <strong>Embryonen</strong><br />
zwingend beinhaltet.<br />
Diskussion <strong>an</strong> der Bonner Universität<br />
Nicht nur auf bundespolitischer Ebene ist die<br />
embryonale Stammzellforschung umstritten.<br />
Die Absicht des Bonner Neuropathologen, Prof.<br />
Dr. med. Oliver Brüste, <strong>an</strong> importierten embryonalen<br />
Stammzelllinien zu arbeiten, stößt auch<br />
<strong>an</strong> der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität<br />
in Bonn auf Kritik. Zur Gewinnung derartiger<br />
Stammzellen sei eine Vernichtung menschlicher<br />
<strong>Embryonen</strong> notwendig, die durch künstliche<br />
Befruchtung erzeugt und d<strong>an</strong>n nicht mehr<br />
in die Gebärmutter der Frau übertragen worden<br />
seien, heißt es in einer von mehr als 20 Fakultätsmitgliedern<br />
unterzeichneten Stellungnahme<br />
(abrufbar unter www.aerzteblatt.de).<br />
Damit würden diese zu einem Zweck missbraucht,<br />
der ihrer ursprünglichen Bestimmung,<br />
zur Geburt eines Kindes zu verhelfen,<br />
eindeutig widerspreche: „Die <strong>Forschung</strong> mit<br />
embryonalen Stammzellen, die aus dem Ausl<strong>an</strong>d<br />
importiert wurden, schließt eine ethische<br />
und – sinngemäß – auch eine rechtliche Billigung<br />
dieses verbrauchenden Umg<strong>an</strong>gs mit <strong>Embryonen</strong><br />
ein“. In der von Priv.-Doz. Dr. med.<br />
S<strong>an</strong>tiago Ewig, Priv.-Doz. Dr. med.Axel Glasmacher<br />
und Prof. Dr. theol. Ulrich Eibach verfassten<br />
Stellungnahme wird dies als mit der Menschenwürde<br />
unvereinbar <strong>an</strong>gesehen. „Das sich<br />
aus der Würde des Menschen ergebende Recht<br />
auf Leben darf auch zu ,hochr<strong>an</strong>gigen‘ therapeutischen<br />
Zwecken für <strong>an</strong>dere nicht infrage<br />
gestellt werden.“<br />
Andere Bonner Wissenschaftler unterstützen<br />
das Vorhaben von Brüstle. Der zeigt sich optimistisch,<br />
die „<strong>Forschung</strong> allerspätestens zu Beginn<br />
des neuen Jahres auch in Deutschl<strong>an</strong>d aufnehmen<br />
zu können“. Zuvor müsse neben der lokalen<br />
Ethikkommission der Universität Bonn die<br />
Deutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft (DFG) die<br />
einzelnen Projektschritte begutachten und genehmigen.<br />
Zusätzlich werde der Bonner Leiter<br />
des Instituts für Wissenschaft und Ethik, Prof. Dr.<br />
phil. Ludger Honnefelder, die <strong>Forschung</strong>en begleiten.<br />
Brüstle forderte die DFG auf, noch in diesem<br />
Jahr klar zum Import menschlicher Stammzellen<br />
Stellung zu beziehen. Dazu regte er einen<br />
Zweistufenpl<strong>an</strong> <strong>an</strong> (DÄ, Heft 48/2001). Kli<br />
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