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Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...

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spiel eine statistische Erfassung der<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbrüche wegen fetaler<br />

Erkr<strong>an</strong>kungen und Entwicklungsstörungen<br />

ermöglicht werden.<br />

Die Frauenärzte plädieren außerdem<br />

für eine Verbesserung der pränatalen<br />

Diagnostik. Diese Forderung wurde<br />

durch die Ausführungen des niederländischen<br />

Gynäkologen Prof. Dr. Juriy W.<br />

Wladimiroff, Erasmus Universität Rotterdam,<br />

gestützt. „In den Niederl<strong>an</strong>den<br />

entsteht die Problematik der späten<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbrüche in erster Linie<br />

dadurch, dass es immer noch kein<br />

verbindliches Ultraschallscreening für<br />

alle Schw<strong>an</strong>geren gibt. So fallen rund 60<br />

Prozent der schwerwiegenden Fehlbil-<br />

Heft 40, <strong>3.</strong> Oktober 2003<br />

Abtreibung<br />

Zu dem Beitrag „Pränatale Diagnostik: Engere<br />

Grenzen für Spätabtreibungen“ von Gisela<br />

Klinkhammer in Heft 28–29/2003:<br />

Hilfreiche Vorschläge<br />

. . . Die existierende Regelung ist auch<br />

aus der Sicht psychiatrischer Begutachtung<br />

unbefriedigend. Viele schwerwiegende<br />

fetale Fehlbildungen können<br />

erst nach der 12. Schw<strong>an</strong>gerschaftswoche<br />

erk<strong>an</strong>nt werden. Häufig führt eine<br />

derartige Diagnose bei der werdenden<br />

Mutter zum dringenden Wunsch, die<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaft zu beenden. Bei körperlicher<br />

Gesundheit der Frau wird<br />

d<strong>an</strong>n nicht selten die Feststellung einer<br />

Gefahr für ihren seelischen Gesundheitszust<strong>an</strong>d<br />

als letztes Argument für<br />

einen straffreien Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />

betrachtet. Die d<strong>an</strong>n vielfach um<br />

Begutachtung gebetenen Psychiater<br />

sehen sich zumeist einem erheblichen<br />

äußeren Druck ausgesetzt, diese Feststellung<br />

zu treffen.<br />

Die Anforderung <strong>an</strong> die Qualität der<br />

Begutachtung hält das Gesetz zwar<br />

eher niedrig, da die Stellungnahme „eines<br />

Arztes“ (nicht Facharztes) auch<br />

zu Fragen der psychischen Gesundheit<br />

ausreicht. Doch werden von Gynäkologen<br />

gerne Psychiater um Begutachtung<br />

gebeten, die d<strong>an</strong>n Teil einer konflikthaften<br />

Dramaturgie werden: Die<br />

Schw<strong>an</strong>gere muss, will sie ihren in akuter<br />

emotionaler Stresssituation formu-<br />

D O K U M E N T A T I O N<br />

dungen erst jenseits der 24. Schw<strong>an</strong>gerschaftswoche<br />

auf, wenn die vom Gesetz<br />

her vorgeschriebene Zeit für einen legalen<br />

Abbruch verstrichen ist.“<br />

Grobe Fahrlässigkeit<br />

Die den Ärzten drohende Haftung für<br />

den Unterhalt eines vorgeschädigt geborenen<br />

Kindes könnte dazu führen,<br />

im Zweifelsfall einen Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />

zu empfehlen. Die<br />

DGGG fordert deshalb dazu auf zu<br />

prüfen, „inwieweit die Haftung des<br />

Arztes für Kindesunterhalt wegen<br />

Nichterkennens einer Behinderung des<br />

lierten Willen durchsetzen, den Arzt<br />

von der Gefahr schwerwiegender Beeinträchtigung<br />

ihres seelischen Gesundheitszust<strong>an</strong>des<br />

überzeugen. Dieser<br />

Zw<strong>an</strong>g erzeugt eine eigentümliche<br />

Steigerung der ohnehin bestehenden<br />

psychischen Notlage, und sie wird vom<br />

Gesetz gewissermaßen verl<strong>an</strong>gt, um<br />

exkulpieren zu können. Die Begutachtung<br />

ist in dieser Situation keine neutrale<br />

Beurteilung des Gesundheitszust<strong>an</strong>des<br />

der Schw<strong>an</strong>geren, sondern<br />

gleichzeitig eine H<strong>an</strong>dlung erhoffter<br />

(Ab-)Hilfe oder ihrer Versagung.<br />

Hält der begutachtende Arzt die kritische<br />

Situation einer Schw<strong>an</strong>geren nach<br />

Mitteilung der wahrscheinlichen Schädigung<br />

des Fetus für belastend, nicht<br />

automatisch aber für eine schwerwiegende<br />

Beeinträchtigung der psychischen<br />

Gesundheit, gerät er in ein Dilemma:<br />

Kommt er der Schw<strong>an</strong>geren<br />

entgegen, ohne sein Urteil hinreichend<br />

auf die Feststellung psychopathologischer<br />

Befunde stützen zu können, bedroht<br />

ihn § 218b Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe<br />

bis zu zwei Jahren wegen<br />

unrichtiger Feststellung. Verneint er<br />

hingegen die Gefahr einer schwerwiegenden<br />

(psychischen) Gesundheitsschädigung<br />

der Frau bei Fortbestehen<br />

der Schw<strong>an</strong>gerschaft, erzeugt er ein<br />

hohes Maß <strong>an</strong> Enttäuschung durch<br />

sein Hilfe-Versagen und hat diese Enttäuschung,<br />

Wut und gegebenenfalls<br />

Verzweiflung der (ohnehin hochgradig<br />

belasteten) Schw<strong>an</strong>geren – meist auch<br />

erwarteten Kindes auf die Fälle grober<br />

Fahrlässigkeit zu beschränken ist“.<br />

Die Gynäkologen erhoffen sich von<br />

ihren Vorschlägen nicht zuletzt „eine<br />

neue, <strong>an</strong>dere Sicht behinderten Lebens<br />

und seiner Qualität“. Ob die Politik allerdings<br />

das Paket des § 218 erneut aufschnüren<br />

wird, bezweifelte der ehemalige<br />

Bundesjustizminister Prof. Dr. jur.<br />

Edzard Schmidt-Jortzig. Die CDU/<br />

CSU-Bundestagsfraktion legte indes am<br />

1. Juli einen Gesetzes<strong>an</strong>trag vor, in dem<br />

sich viele Forderungen der Gynäkologen<br />

wiederfinden,wie die Einführung einer<br />

psychosozialen Beratung „nach einer<br />

pränatalen Diagnostik mit pathologischem<br />

Befund“. Gisela Klinkhammer<br />

ihres Partners – zu ertragen und mit zu<br />

ver<strong>an</strong>tworten, auch wenn ihr die Möglichkeit<br />

bleibt, einen weiteren Arzt zu<br />

konsultieren.<br />

Obgleich sie gesetzlich <strong>an</strong>nulliert worden<br />

sind, spielen nach unserer Erfahrung<br />

faktisch doch embryopathische<br />

Aspekte in der Begutachtungspraxis<br />

eine erhebliche Rolle. Die Ausführungen<br />

im Positionspapier der DGGG<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch nach Pränataldiagnostik,<br />

speziell die Vorschläge<br />

im Absatz „Zum späten Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch“<br />

(II) tragen diesem Befund<br />

Rechnung; sie scheinen hilfreich<br />

und ausgewogen, insofern erstens die<br />

medizinische (mütterliche) Indikation<br />

erhalten bliebe, aber durch eine embryopathische<br />

ergänzt würde und zweitens<br />

eine fallbezogen interdisziplinäre<br />

Kommission (statt „eines Arztes“) die<br />

entsprechenden Voraussetzungen<br />

straffreier Abtreibung prüfte. Letzteres<br />

hätte neben differenzierter Urteilsfindung<br />

und Ver<strong>an</strong>twortungsteilung auch<br />

eine Entsp<strong>an</strong>nung der in der aktuellen<br />

gesetzlichen Situation grundsätzlich<br />

problematischen Arzt-Patient-Beziehung<br />

zur Folge.<br />

Dr. med. Thomas Reuster, Dr. med. habil. Tom<br />

Bschor,<br />

Psychiatrische Universitätsklinik, Fetscherstraße 74,<br />

01307 Dresden<br />

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