Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
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wir auch aktive Euth<strong>an</strong>asie, Klonen von<br />
Menschen oder die Tötung Behinderter<br />
erlauben? Und unser Gewissen mit der<br />
entschuldigenden Feststellung „es gibt<br />
kein schuldfreies Arztsein“ (H. Hepp)<br />
beruhigen? Ich hoffe sehr, dass wir<br />
nicht noch einmal so weit kommen, die<br />
Einsicht in grundlegende Menschenrechte<br />
(deren Missachtung die Gesellschaft<br />
auch mehrheitlich nicht wollen<br />
darf) erst über die Erfahrung schlimmster<br />
Menschenrechtsverletzungen zurückgewinnen<br />
zu müssen.<br />
Priv.-Doz. Dr. med. W. Wagner<br />
Claudiusweg 21<br />
64285 Darmstadt<br />
Kein moralischer Protest wird<br />
Fortschritt stoppen<br />
Mit der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
(PGD) werde – so die Autoren – über<br />
Lebensrecht und Lebenswert geurteilt<br />
und ein immer breiterer Weg zu einer<br />
Eugenik von unten beschritten; bestimmte<br />
Kr<strong>an</strong>kheiten und ihre Träger<br />
würden diskriminiert und ein gesellschaftlicher<br />
Konsens über die Vermeidbarkeit<br />
behinderten Lebens riskiert.<br />
Grundsätzlich: wer aus den heiltechnischen<br />
Möglichkeiten der modernen<br />
Medizin das Recht, ja die ethische<br />
Pflicht ableitet, auch schwer behinderte<br />
Föten dysgenisch zum Leben zu verurteilen,<br />
der hat damit auch das „Recht“<br />
des eugenischen Fötozids usurpiert.<br />
Zur Eugenik: „Steigerung der Fähigkeiten“<br />
ist das erklärte Ziel auch <strong>an</strong>derer<br />
(nicht gentherapeutischer) Interventionen<br />
in der Medizin.Warum sollte<br />
d<strong>an</strong>n eine genetisch optimierte Gesundheit,<br />
Intelligenz und Schönheit die<br />
Würde des Menschen verletzen? Das<br />
Tabu ist jedenfalls gebrochen und die<br />
historische Kontinuität seit Aristoteles<br />
und Plato, seit Luther und Nietzsche<br />
wiederhergestellt. Nicht nur Nobelpreisträger<br />
der Medizin, wie Watson<br />
und Crick, fordern eine eugenische Selektion,<br />
auch aufgeklärte Philosophen,<br />
wie Sir Juli<strong>an</strong> Huxley, Peter Singer, Dieter<br />
Birnbacher, Peter Sloterdijk, Ronald<br />
Dworkin und <strong>an</strong>dere. Die Drift zur<br />
Eugenik von unten wird zudem zunehmen:<br />
Kein Gesetz, keine Ethik und keine<br />
Staatsgrenze wird dem Druck der<br />
Eltern st<strong>an</strong>dhalten, genetische Gesund-<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
heitsprogramme in ihre Kinder einbauen<br />
zu lassen. Der PGD-Tourismus nach<br />
London und Brüssel zeigt es heute<br />
schon.<br />
Zur Gentherapie nach PGD: Was soll<br />
unmoralisch dar<strong>an</strong> sein, einen genetischen<br />
Defekt so früh wie möglich zu korrigieren?<br />
Mit ethischem Rigorismus und<br />
irrationalen Glaubenssätzen lässt sich<br />
das Problem sicherlich nicht lösen.Schon<br />
haben amerik<strong>an</strong>ische Gerichte ein Recht<br />
des Kindes formuliert, körperlich und<br />
geistig gesund geboren zu werden. Alles<br />
<strong>an</strong>dere erfülle den Tatbest<strong>an</strong>d einer Kindesmissh<strong>an</strong>dlung.<br />
M<strong>an</strong> verfügt ja auch<br />
d<strong>an</strong>n über künftig Lebende, wenn m<strong>an</strong><br />
nichts tut, wenn m<strong>an</strong> genetische Programmierfehler<br />
a priori heilig spricht und<br />
a posteriori gutes Geld <strong>an</strong> schlechte Gene<br />
verschwendet.<br />
Zur Diskriminierung Behinderter<br />
durch PGD: Kein Behinderter will<br />
selbst behinderte Kinder! Natürlich<br />
muss einem behinderten Kind, das geboren<br />
wurde, alle erdenkliche Liebe<br />
und Zuwendung zuteil werden. Aber:<br />
Muss in Deutschl<strong>an</strong>d alle 90 Minuten<br />
ein geistig behindertes Kind geboren<br />
werden? Braucht die Gesellschaft Behinderte<br />
um ihrer eigenen Menschlichkeit<br />
willen, wie Behindertenvertreter<br />
und Greenpeace-Aktivisten (wohl auch<br />
im Blick auf ihre eigene Existenzberechtigung)<br />
beteuern? Robert L. Sinsheimer<br />
meint dagegen, dass eine Gesellschaft<br />
ohne Behinderte „zwar weniger<br />
menschlich, dafür aber hum<strong>an</strong>er<br />
sein könnte“.<br />
Zum Schluss: Die Stimmen für eine<br />
PGD und Keimbahntherapie werden<br />
immer gewichtiger. Ich gehe jede Wette<br />
ein, dass das Verbot über kurz oder l<strong>an</strong>g<br />
aufgehoben wird.Wer noch dagegen argumentiert,<br />
hat schon verloren. Kein<br />
moralischer Protest wird den Fortschritt<br />
stoppen. Gendiagnostik und<br />
Gentherapie werden noch in diesem<br />
Jahrhundert zur Selbstverständlichkeit<br />
werden, von jederm<strong>an</strong>n bejaht und gewollt.<br />
Die „political“ und „moral correctness“<br />
von heute wird sich als der politische<br />
und moralische Irrtum von morgen<br />
erweisen. Und die Deutschen sind<br />
dabei, den Anschluss <strong>an</strong> die Zukunft<br />
wieder einmal zu verschlafen.<br />
Dr. med. Egon Kehler<br />
Salzstraße 1<br />
83404 Ainring<br />
Notwendiger Impuls<br />
Die Stellungnahme aus dem Bundesgesundheitsministerium<br />
(BMG) zum<br />
Richtlinienentwurf der BÄK fordert zu<br />
einigen Anmerkungen heraus, das ist<br />
offensichtlich von der Autorin auch gewollt.<br />
➀ Frau Riedel leitet ihre Gegenposition<br />
zum BÄK-Entwurf mit einer provokativ<br />
wirkenden Feststellung ein: „Die<br />
Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik (PGD) steht<br />
im Widerspruch zum <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz“<br />
(ESG). Dies ist eine unbewiesene<br />
Meinung, die sich das BMG<br />
offenbar zu Eigen gemacht hat. Dagegen<br />
lässt die BÄK die Frage offen, ob<br />
PGD im Widerspruch zum ESG steht<br />
oder ob lediglich aus dem ESG eine<br />
Entscheidung über die Rechtmäßigkeit<br />
der PGD nicht zweifelsfrei abzuleiten<br />
ist, sie neigt zu der letztgen<strong>an</strong>nten Einschätzung<br />
und sieht gesetzgeberischen<br />
H<strong>an</strong>dlungsbedarf, um die PGD aus der<br />
gesetzlichen Grauzone herauszubringen.<br />
Aus Sicht der BÄK könnte durch<br />
Gesetzespräzisierung oder -ergänzung<br />
schneller eine Klärung möglich sein als<br />
aus Sicht des BMG, dar<strong>an</strong> aber scheint<br />
dem BMG nicht gelegen zu sein („Eile<br />
[ist] nicht geboten“).<br />
➁ Frau Riedel kritisiert, dass der<br />
Richtlinienentwurf der BÄK zum jetzigen<br />
Zeitpunkt, ihrer Meinung nach zu<br />
früh, vorgelegt wurde, „bevor die öffentliche<br />
Diskussion hierzu begonnen hat“.<br />
Diese hat längst begonnen und ist seit<br />
Monaten in den Medien in vollem<br />
G<strong>an</strong>ge. Nach meinem Ermessen war es<br />
höchste Zeit,dass die BÄK mit einer klaren<br />
und klar begründeten Stellungnahme<br />
in die Öffentlichkeit geg<strong>an</strong>gen ist.<br />
➂ Frau Riedel kritisiert den Blick<br />
auf die Regelungen in unseren europäischen<br />
Nachbarstaaten, die auch in der<br />
Präambel des BÄK-Entwurfes erwähnt<br />
werden. Diese Kritik erscheint mir aus<br />
mehreren Gründen fragwürdig. Mit<br />
diesem Blick will sich keiner der „eigenen<br />
Ver<strong>an</strong>twortung entziehen“ oder<br />
einer „eigenen, innerstaatlichen Entscheidung“<br />
aus dem Wege gehen. Das<br />
Verhalten von zehn uns eng verbundenen<br />
Nachbarstaaten mit vergleichbaren<br />
gesellschaftlichen und sozialen Strukturen<br />
sagt sehr viel über die gesellschaftliche<br />
Realität und das gesellschaftliche<br />
Bewusstsein in unserem Kulturbereich<br />
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