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Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...

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gen werden sollen, bereits vor der<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaft getroffen werde, um<br />

die Geburt von kr<strong>an</strong>ken und behinderten<br />

Kindern zu verhindern. Damit stelle<br />

<strong>PID</strong> den Einzug einer genetischen Selektion<br />

in die medizinische Praxis dar.<br />

Das Argument, dass ein möglicher<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch durch die<br />

Vorauswahl des zu impl<strong>an</strong>tierenden<br />

Embryos vermieden werden könnte,<br />

hält Kahlke nicht für überzeugend. Der<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch erfolge, um<br />

eine als unerträglich beziehungsweise<br />

als unzumutbar empfundene Belastung<br />

der Schw<strong>an</strong>geren abzuwehren, die <strong>an</strong>ders<br />

nicht abzuwenden sei. Das Verwerfen<br />

eines ungewollten Embryos im<br />

Rahmen der <strong>PID</strong> beabsichtige, den Anspruch<br />

auf ein bestimmtes Kind zu erfüllen:<br />

„Eine Notlage, die durch kein<br />

<strong>an</strong>deres Mittel abzuwenden wäre, liegt<br />

hier nicht vor.“ Kahlke wies auch auf<br />

die Gefühlslage der Betroffenen hin.<br />

Die in der Selbsthilfevereinigung Mukoviszidose<br />

vertretenen Eltern und Patienten<br />

hätten schwere Bedenken gegen<br />

eine Zulassung der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik.<br />

Dass Behinderte dieser Methode<br />

äußerst kritisch gegenüberstehen, ist<br />

nachvollziehbar. Eine Äußerung von<br />

Dr. med. Norbert Metke, L<strong>an</strong>desärztekammer<br />

Baden-Württemberg, dürfte<br />

sie in ihrer Sorge bestärken. Metke bezeichnete<br />

die <strong>PID</strong> als „Pflicht der Ärzte“.<br />

Ärztliches H<strong>an</strong>deln sei immer ein<br />

Eingriff in die Natur. „Wenn wir künstliches<br />

Leben schaffen, haben wir auch<br />

die Pflicht, gesundes Leben zu schaffen.“<br />

Metke, der als Orthopäde selbst<br />

behinderte Kinder beh<strong>an</strong>delt, ging sogar<br />

noch weiter und sagte: „Ich sehe<br />

keinen Eigenwert in behindertem Leben.“<br />

Die Bemerkung löste Pfiffe und<br />

Buh-Rufe aus.Wenig später nahm Metke<br />

den „schlimmen Satz“ zwar wieder<br />

zurück, sagte aber, dass er im Leid von<br />

Behinderten nichts Positives erkennen<br />

könne.<br />

Mehrere Delegierte kritisierten Metke<br />

scharf. So meinte Dr. med. Helmut<br />

Peters, L<strong>an</strong>desärztekammer Rheinl<strong>an</strong>d-Pfalz,<br />

dass Kinder mit Trisomie 21<br />

häufig zufriedener als „ambitionierte<br />

Wissenschaftler“ seien. Peters zitierte<br />

unter großem Beifall Erich Kästners<br />

Gedicht „Der synthetische Mensch“.<br />

Den darin beschriebenen Katalog-<br />

D O K U M E N T A T I O N<br />

Menschen, „mit Bärten oder mit Busen,<br />

mit allen Zubehörteilen, je nach Geschlecht“,<br />

wollten die Delegierten offenbar<br />

nicht. „Behindertes Leben hat<br />

denselben Eigenwert wie das von jedem<br />

Delegierten hier im Raum“, sagte Rudolf<br />

Henke, Vorst<strong>an</strong>dsmitglied der<br />

Bundesärztekammer.<br />

Bundespräsident Joh<strong>an</strong>nes Rau hatte<br />

in seiner Berliner Rede die <strong>PID</strong> als<br />

eine Praxis bezeichnet, „die das Tor<br />

weit öffnet für biologische Selektion,<br />

für eine Zeugung auf Probe“. Ein<br />

Recht auf gesunde Kinder gebe es<br />

nicht. Noch so verständliche Wünsche<br />

und Sehnsüchte seien keine Rechte.<br />

Diese Auffassung wurde auch von Delegierten<br />

des Ärztetages geteilt, unter<br />

<strong>an</strong>derem von Dr. med. Astrid Bühren,<br />

Vorst<strong>an</strong>dsmitglied der Bundesärztekammer.<br />

In einem von ihr eingebrachten<br />

Antrag fragte sie, ob es gerechtfertigt<br />

sei, dass eine grundsätzlich fertile<br />

Frau als Patientin dem In-vitro-Fertilisationsprogramm<br />

mit seinen potenziellen<br />

medizinischen Risiken zugeführt<br />

werde. Bühren forderte eine „Abwägung,<br />

ob es gerechtfertigt ist, einem<br />

grundsätzlich fertilen Paar, das Kinder<br />

in intimer Zweisamkeit ohne technische<br />

Eingriffe und Laboratmosphäre<br />

zeugen könnte, die invasive Eizellentnahme,<br />

die masturbatorische Samenzellspende,<br />

eine reduzierte Konzeptionsch<strong>an</strong>ce,<br />

das Risiko emotionaler Krisensituationen<br />

und psychosomatische<br />

Auswirkungen mit Einfluss auf die<br />

Paarbeziehung <strong>an</strong>zuraten“. Dr. med.<br />

Fr<strong>an</strong>k Ulrich Montgomery, Vorst<strong>an</strong>dsmitglied<br />

der Bundesärztekammer, sagte<br />

ebenfalls, dass die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

keine „schöne, saubere Methode“<br />

sei.<br />

Es gab jedoch auch Befürworter der<br />

Zulassung dieser Methode; Bührens Antrag<br />

wurde ebenso wie der von Kahlke<br />

abgelehnt. Wenn jährlich mehr als<br />

200 000 <strong>Embryonen</strong> weggeworfen würden,<br />

warum solle m<strong>an</strong> d<strong>an</strong>n nicht <strong>an</strong> ihnen<br />

forschen, fragte Dr. med. Ulrich<br />

L<strong>an</strong>g, L<strong>an</strong>desärztekammer Hessen.<br />

Wiederholt wurde eingewendet, dass<br />

<strong>PID</strong> im Ausl<strong>an</strong>d erlaubt sei und dass<br />

diese Möglichkeit von Paaren d<strong>an</strong>n<br />

auch genützt würde.<br />

Hoppe äußerte Verständnis für die<br />

Befürchtungen der Gegner der Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik.<br />

Er erläuterte aber<br />

auch, warum seiner Auffassung nach die<br />

Welt durch ein Verbot der <strong>PID</strong> nicht in<br />

Ordnung zu bringen sei (dazu auch<br />

das Interview mit Hoppe in DÄ,<br />

Heft 20/2001). Er betrachte die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

und die Pränataldiagnostik<br />

nicht primär als selektive<br />

Methode, sondern als eine Möglichkeit,<br />

erbbelasteten Eltern zu einem<br />

gesunden Kind zu verhelfen.<br />

„M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n das ablehnen, und Paaren<br />

mit einer schweren erblichen Belastung<br />

empfehlen, auf Kinder zu verzichten.<br />

Das wäre uneingeschränkt<br />

auch meine Präferenz.“ Es sei jedoch<br />

fraglich, ob eine solche Auffassung<br />

noch mehrheitsfähig sei, seit die Invitro-Fertilisation<br />

zugelassen sei und<br />

Pränataldiagnostik vorgenommen werde,<br />

mit dem Ziel, intrauterin mögliche<br />

Erbschädigungen bei Kindern festzustellen<br />

und diese Kinder d<strong>an</strong>n abzutreiben.<br />

Wenn <strong>PID</strong> zugelassen würde, dürfte<br />

sie allerdings nur mit Restriktionen<br />

erlaubt werden, „damit nicht Antworten<br />

gesucht werden auf Fragen, die wir<br />

nicht stellen wollen. D<strong>an</strong>n nämlich wäre<br />

<strong>PID</strong> der erste Schritt in Richtung Selektion.“<br />

Bei der Einstellung zur aktiven Euth<strong>an</strong>asie<br />

waren sich die Delegierten einig.<br />

Die niederländische Regelung wird<br />

von ihnen einmütig abgelehnt. „Aktive<br />

Sterbehilfe ist das vorsätzliche Töten<br />

von Menschen. Das steht in krassem<br />

Widerspruch zum ärztlichem Auftrag,<br />

das Leben zu schützen. Der ärztliche<br />

Beruf würde so ein <strong>an</strong>derer, der Arzt<br />

würde zum Vollstrecker werden“, heißt<br />

es in einem Beschluss. Jeder Patient<br />

müsse sich zu jeder Zeit sicher sein, dass<br />

Ärzte konsequent für das Leben eintreten<br />

und weder aus wirtschaftlichen<br />

noch aus politischen Gründen das Leben<br />

zur Disposition stellen. Diese Sicherheit<br />

könne nur d<strong>an</strong>n gar<strong>an</strong>tiert<br />

werden,wenn Ärzte das Töten von Patienten<br />

kategorisch ablehnen. Es gebe<br />

schon Wissenschaftler, die von „Sterbekosten“<br />

sprechen, wenn sie die Beh<strong>an</strong>dlung<br />

und Hilfe in der Zeit vor dem Tod<br />

meinen. „Wenn Schwerstkr<strong>an</strong>ke schnell<br />

und kostengünstig sterben wollen,<br />

kommt eine makabre Kostenlogik in<br />

G<strong>an</strong>g“, warnt der Ärztetag.<br />

Inhalt des ärztlichen Auftrages sei,<br />

Leiden zu lindern und Angst zu nehmen,<br />

um damit ein würdevolles Lebens-<br />

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