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Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...

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ab. Allerdings – den Beschluss gilt es<br />

aufmerksam zu lesen: Die Ablehnung<br />

gilt „derzeit“. Die Haltung zur <strong>PID</strong> ist<br />

weiterhin offen. Auch hier empfiehlt<br />

sich, genau hinzusehen:Anträge, die auf<br />

eine eindeutige Absage <strong>an</strong> <strong>PID</strong> zielten,<br />

wurden vom Deutschen Ärztetag mit<br />

deutlicher Mehrheit abgelehnt.<br />

Am Ende des auch vom Ärztetag gewünschten<br />

„gesellschaftlichen“ Klärungsprozesses<br />

dürfte die „gesellschaftliche“<br />

Entscheidung stehen, und die<br />

Ärzteschaft wäre der eigenen Entscheidung<br />

enthoben. Sie hat freilich zuvor<br />

die nötigen Informationen bereitgestellt,<br />

die Alternativen aufgezeigt, wie<br />

es der Präsident der Bundesärztekammer,<br />

Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, in<br />

einem Interview, das in Heft 20 erschienen<br />

ist, formuliert hat. Alsd<strong>an</strong>n würde<br />

die Ärzteschaft, so Hoppe, falls der Gesetzgeber<br />

den <strong>Embryonen</strong>schutz abschwächen<br />

sollte, nötigenfalls Richtlinien<br />

für die innerärztlich sachgemäße<br />

Durchführung beschließen.<br />

Bis dahin wird es noch eine Weile<br />

dauern, der gesellschaftliche Diskurs<br />

dauert <strong>an</strong>. Wem nützt die ablaufende<br />

Zeit? Vordergründig beiden Richtungen.<br />

Die Gesellschaft ist in den letzten<br />

Monaten tatsächlich, auch im Sinne derer,<br />

die zur Vorsicht raten, problembewusst<br />

geworden. Das ist gut so. Jeder<br />

soll wissen, dass Grundfragen des Lebens<br />

zur Diskussion stehen. Die ablaufende<br />

Zeit nützt nicht zuletzt aber auch<br />

den Befürwortern der liberalen H<strong>an</strong>dhabung.<br />

Sie führen derzeit immer neue<br />

medizinische und naturwissenschaftliche<br />

Bataillone und philosophische und<br />

juristische Hilfstruppen ins Feld.<br />

Bis zur Entscheidung des Gesetzgebers<br />

– der wird um eine solche nicht<br />

herumkommen – herrscht gesp<strong>an</strong>ntes<br />

Abwarten. Norbert Jachertz<br />

90<br />

D O K U M E N T A T I O N<br />

Heft 22, 1. Juni 2001<br />

Gesundheits- und Sozialpolitik<br />

Freiheit und Ver<strong>an</strong>twortung<br />

in der modernen Medizin<br />

Auszug aus der Rede zur Eröffnung des 104. Deutschen<br />

Ärztetages: Die Aussagen zur ärztlichen Ethik<br />

Jörg-Dietrich Hoppe<br />

Freiheit und Ver<strong>an</strong>twortung in der modernen Medizin<br />

– das heißt für uns vor allen Dingen Freiheit in<br />

Ver<strong>an</strong>twortung. Diese ethische Selbstverpflichtung<br />

eben ist der entscheidende Unterschied zur Beliebigkeit.<br />

Bei keinem <strong>an</strong>deren Thema offenbart sich<br />

diese Differenz so gravierend wie bei der Diskussion<br />

um die Sterbehilfe.<br />

Die Entscheidung des niederländischen Parlaments,<br />

das Tötungsverbot in bestimmten Fällen aufzuheben<br />

und ärztlich gestützte Euth<strong>an</strong>asie zuzulassen,<br />

rührt <strong>an</strong> den Grundfesten einer hum<strong>an</strong>en Gesellschaft.<br />

Es ist zu befürchten, dass nunmehr auch<br />

in <strong>an</strong>deren europäischen Ländern diejenigen Auftrieb<br />

bekommen werden, die einer Legalisierung der<br />

Euth<strong>an</strong>asie das Wort reden.<br />

Für uns aber ist eine gezielte Lebensverkürzung<br />

durch Maßnahmen, die den Tod herbeiführen oder<br />

das Sterben beschleunigen sollen, nach wie vor mit<br />

den Prinzipien des Arztberufes unvereinbar. Das hat<br />

auch der Weltärztebund wiederholt festgestellt, zuletzt<br />

am verg<strong>an</strong>genen 5. Mai mit nur einer Gegenstimme,<br />

und die kam aus den Niederl<strong>an</strong>den.<br />

Denn ethische Werte sind keine Modeerscheinungen<br />

der Postmoderne, ethische Werte sind Prinzipien<br />

des Hum<strong>an</strong>ismus, ihrem Wesen nach unverbrüchlich,<br />

vielleicht sogar naturgegeben. Wie<br />

schnell allerdings solche Werte durch Ignor<strong>an</strong>z,<br />

Ideologie oder schlicht durch eine Gebrauchsethik<br />

ersetzt werden können, zeigt schon ein kurzer Blick<br />

zurück in die Verg<strong>an</strong>genheit.<br />

Das Euth<strong>an</strong>asie-Programm der Nazis, die Vernichtung<br />

so gen<strong>an</strong>nten lebensunwerten Lebens,<br />

nahm seinen Anf<strong>an</strong>g in der Diskreditierung des Verbots<br />

aktiver Sterbehilfe. Erst als Tötung auf Verl<strong>an</strong>gen<br />

gesellschaftlich akzeptiert erschien und das unbedingte<br />

Lebensrecht des Menschen <strong>an</strong> sich schon<br />

nichts mehr galt, beg<strong>an</strong>nen die Nazis mit der Massentötung<br />

behinderter Menschen. Der Bevölkerung<br />

wurde d<strong>an</strong>n eingeredet, m<strong>an</strong> täte den „armseligen<br />

Kreaturen“ – wie es damals hieß – nur einen Gefallen<br />

und gewähre ihnen deshalb den „Gnadentod“.<br />

Ohne die Gleichgültigkeit beziehungsweise<br />

schweigende Zustimmung in der Bevölkerung hätten<br />

diese Mordtaten <strong>an</strong> psychisch Kr<strong>an</strong>ken, geistig und<br />

körperlich Behinderten so nicht geschehen können.<br />

Warum dieser kleine Exkurs in unsere Geschichte?<br />

Ich glaube, dass ethische Werte verteidigt werden<br />

müssen, wenn sie bewahrt werden sollen, dass<br />

m<strong>an</strong> für die Werte des Hum<strong>an</strong>ismus kämpfen muss<br />

und dass Ignor<strong>an</strong>z und Gleichgültigkeit gegenüber<br />

den Schwächeren der Anf<strong>an</strong>g vom Ende sind.<br />

Auch dürfen wir uns nicht gefälligen Argumentationen<br />

des Zeitgeistes hingeben und uns allzu sehr<br />

von Meinungsumfragen beeindrucken lassen. Zumal<br />

wenn sie lapidar formuliert sind wie etwa „Sollte<br />

die aktive Sterbehilfe erlaubt werden?“. Wer<br />

denkt da nicht sofort <strong>an</strong> das Selbstbestimmungsrecht<br />

des mündigen Menschen?<br />

Wie aber würde wohl das Ergebnis einer solchen<br />

Umfrage aussehen, wenn die Frage lautete: „Sollte<br />

ihr Arzt Patienten im finalen Stadium töten dürfen?“<br />

Wir müssen uns mit aller Macht dagegen wenden,<br />

dass ein gesellschaftliches Klima entsteht, das<br />

Sterbehilfe zum Mittel der Wahl bei schwerstkr<strong>an</strong>ken<br />

und lebensmüden Menschen erklärt. Schon eine<br />

Relativierung würde unweigerlich auf eine schiefe<br />

Ebene führen. Denn dadurch würde auch der Druck<br />

auf diejenigen Patienten, welche sich den Tod nicht<br />

wünschen, sondern bis zum letzten Atemzug zu hoffen<br />

wagen, unerträglich steigen.<br />

J<strong>an</strong> Roß hat Recht, wenn er sagt: „Wer meint,<br />

dass getötet werden darf, wer getötet werden will,<br />

wird leicht zu dem Schluss kommen, dass nur der<br />

nicht getötet werden darf, der nicht getötet werden<br />

will.“ Zitatende<br />

Es ist deshalb nicht nur Verpflichtung der Ärzte,<br />

sondern aller Menschen in diesem L<strong>an</strong>d, die Unverfügbarkeit<br />

menschlichen Lebens <strong>an</strong>zuerkennen und<br />

zu bewahren. Deshalb plädieren wir mit Nachdruck<br />

für einen Ausbau der Hospize und der palliativmedizinischen<br />

Versorgung und wenden uns mit aller<br />

Macht gegen jeden Versuch, Ärzte zu staatlich legitimierten<br />

Euth<strong>an</strong>atikern zu machen!<br />

◆<br />

Wie am Ende des menschlichen Lebens, so müssen<br />

wir uns auch <strong>an</strong> dessen Beginn immer wieder dar-

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