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Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...

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Heft 20, 18. Mai 2001<br />

Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

DÄ: Seit knapp eineinhalb Jahren läuft<br />

der von der Ärzteschaft <strong>an</strong>gestoßene gesellschaftliche<br />

Diskurs über die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik,<br />

ausgehend von<br />

dem Diskussionsentwurf einer Richtlinie<br />

des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer.<br />

Hat die öffentliche Diskussion<br />

Sie beziehungsweise die Bundesärztekammer<br />

in der Entscheidungsfindung<br />

vor<strong>an</strong>gebracht?<br />

Hoppe: Wir haben diesen Diskurs<br />

ja nicht primär <strong>an</strong>gestoßen, sondern vielmehr<br />

eine mehr im Verborgenen stattfindende<br />

Diskussion öffentlich gemacht.<br />

Damals, nach dem Regierungswechsel,<br />

hatte die neue Bundesregierung gesagt,<br />

sie wolle das Thema gesetzlich regeln.<br />

Und wir wollten, dass niem<strong>an</strong>d sagen<br />

k<strong>an</strong>n, er habe nicht gewusst, um was es<br />

geht, wenn die Entscheidungen des Gesetzgebers<br />

gefällt werden. Dieses Ziel haben<br />

wir erreicht. Die Probleme um die<br />

Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik, aber auch die<br />

weitergehenden Komplexe wie Stammzellzüchtung,<br />

<strong>Embryonen</strong>forschung, <strong>Embryonen</strong>verbrauch<br />

sind in der Öffentlichkeit<br />

mittlerweile sehr bek<strong>an</strong>nt.<br />

DÄ: Wie aber steht es um den Entscheidungsprozess<br />

innerhalb der Ärzteschaft?<br />

Hoppe: Auch bei uns selbst ist die Diskussion<br />

weitergeg<strong>an</strong>gen. Wir sind uns<br />

aber klar darüber, dass m<strong>an</strong> über etliche<br />

Konfliktfelder nicht nach Mehrheitsbildung<br />

innerhalb der Ärzteschaft abstimmen<br />

k<strong>an</strong>n. Wir können Rat erteilen, können<br />

die Alternativen benennen, die sich<br />

ergeben, und können so die Gesellschaft<br />

vorbereiten, um eine Mehrheitsbildung<br />

im politischen Raum zu beschleunigen<br />

oder überhaupt erst möglich zu machen.<br />

DÄ: Haben diese l<strong>an</strong>gen Diskussionen<br />

und das Abwarten nicht dazu geführt,<br />

dass das Thema <strong>PID</strong> schon fast verlassen<br />

worden ist und inzwischen über die von<br />

Ihnen erwähnten weitergehenden Möglichkeiten<br />

laut nachgedacht wird, siehe die<br />

D O K U M E N T A T I O N<br />

„Eine Sieger-<br />

Besiegten-Stimmung darf<br />

nicht aufkommen“<br />

Interview mit Professor Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe,<br />

dem Präsidenten der Bundesärztekammer und des<br />

Deutschen Ärztetages, über <strong>PID</strong>, <strong>PND</strong>, <strong>Embryonen</strong>schutz<br />

und die Haltung der Ärzteschaft<br />

jüngste Stellungnahme der DFG zugunsten<br />

der embryonalen Stammzellforschung?<br />

Hoppe: Die Stammzellforschung ist<br />

nicht neu und auch nicht mehr aufzuhalten.<br />

Es h<strong>an</strong>delt sich um eine weltweit<br />

stattfindende Entwicklung, die m<strong>an</strong> dadurch,<br />

dass Deutschl<strong>an</strong>d sich aus dieser<br />

Diskussion heraushalten würde, nicht<br />

verhindert. In Hinblick auf die Zielsetzung<br />

der <strong>Forschung</strong> mit embryonalen<br />

Stammzellen sehe ich auch keinen direkten<br />

Zusammenh<strong>an</strong>g mit der <strong>PID</strong>. Eine<br />

gemeinsame Zielsetzung erkenne ich<br />

vielmehr bei Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik,<br />

Pränataldiagnostik und Reproduktionsmedizin.<br />

Eine losgelöste Diskussion um<br />

Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik mit der Zielrichtung,<br />

allein diese zu verbieten, die<br />

<strong>PND</strong> aber nicht, halte ich für einen logischen<br />

Bruch. Bei uns geht es auch um die<br />

Frage, ob Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

denjenigen Paaren <strong>an</strong>geboten werden<br />

soll, die sonst eine „Schw<strong>an</strong>gerschaft auf<br />

Probe“ eingehen würden.<br />

DÄ: Meine Frage zielte in eine <strong>an</strong>dere<br />

Richtung. Um sie zu präzisieren: Ist <strong>PID</strong><br />

nur ein Einfallstor für weitergehende <strong>Forschung</strong>,<br />

die zurzeit noch verboten ist?<br />

Hoppe: Nein. Ich denke, dass die <strong>PID</strong><br />

auch bei denjenigen, die sie entwickelt<br />

haben und die sie heute in <strong>an</strong>deren Ländern<br />

<strong>an</strong>wenden, nur darauf zielt, den Paaren,<br />

die eine Erblast mit sich tragen, zu einem<br />

gesunden Kind zu verhelfen. Wenn<br />

m<strong>an</strong> diese Diagnostik nicht zulässt, bedeutet<br />

das, dass m<strong>an</strong> diese Paare implizit<br />

<strong>PID</strong> = Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

<strong>PND</strong> = Pränataldiagnostik<br />

IVF = In-vitro-Fertilisation<br />

DFG = Deutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft<br />

Frau Däubler-Gmelin = Bundesjustizministerin<br />

Frau Fischer = frühere Bundesgesundheitsministerin<br />

auf Pränataldiagnostik im Sinne der<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaft auf Probe verweist.<br />

Darin sehe ich das Problem. Wenn m<strong>an</strong><br />

diesen Zusammenh<strong>an</strong>g verneint und sagt,<br />

mit <strong>PID</strong> solle der Weg zur Stammzellforschung<br />

und weiteren genetischen <strong>Forschung</strong><br />

geebnet werden, und gäbe es<br />

dafür Beweise, d<strong>an</strong>n würde ich sagen:<br />

Nehmen wir in Gottes Namen die Pränataldiagnostik<br />

mit Spätabtreibung in Kauf<br />

und lassen <strong>PID</strong> nicht zu. Aber ich sehe<br />

den Zusammenh<strong>an</strong>g so nicht.<br />

DÄ: Sind Sie demnach guter Hoffnung,<br />

dass m<strong>an</strong> die <strong>PID</strong> mit g<strong>an</strong>z engen Indikationen<br />

und unter strengen Kriterien einführen<br />

k<strong>an</strong>n, ohne dass das zu Weiterungen<br />

führt?<br />

Hoppe: Ja, da bin ich sicher – wenn m<strong>an</strong><br />

<strong>PID</strong> unter Kontrolle hält. Eine solche<br />

Kontrolle muss gewährleistet sein, <strong>an</strong>dernfalls<br />

sehe ich die Gefahr des Missbrauchs<br />

bis hin zur Menschenzüchtung.<br />

DÄ: <strong>PID</strong> enthält als Grundged<strong>an</strong>ken<br />

die Auswahl nach lebenswertem und lebensunwertem<br />

Leben. Dieser Grundged<strong>an</strong>ke<br />

könnte, wenn er bei der <strong>PID</strong> gesellschaftlich<br />

akzeptiert wird, auch auf <strong>an</strong>dere<br />

Lebenserscheinungen übertragen werden.<br />

Oder ist es ein purer Zufall, dass parallel<br />

mit der <strong>PID</strong>-Diskussion auch eine Diskussion<br />

über die Beendigung des Lebens im<br />

Alter geführt wird, nicht nur in Holl<strong>an</strong>d,<br />

sondern auch bei uns?<br />

Hoppe: Die Euth<strong>an</strong>asiediskussion ist<br />

wesentlich älter als die Diskussion über<br />

<strong>PID</strong>. Sie läuft mit wechselnden Höhen<br />

und Tiefen schon seit Mitte der 70er-Jahre.<br />

Im Moment erleben wir ein besonderes<br />

Interesse vor allem infolge<br />

der Diskussion in Holl<strong>an</strong>d. Zweifelhafte<br />

Umfragen heizen die Stimmung zusätzlich<br />

<strong>an</strong>. Doch wenn die deutschen Bürgerinnen<br />

und Bürger konkret gefragt würden<br />

und genau wüssten, was hier gemeint<br />

ist, d<strong>an</strong>n würde in Deutschl<strong>an</strong>d mit Sicherheit<br />

Euth<strong>an</strong>asie in dieser Form, wie<br />

sie in Holl<strong>an</strong>d geübt wird, also Einschläferung<br />

von Menschen, von denen m<strong>an</strong><br />

meint, dass sie kein lebenswertes Leben<br />

mehr führen, abgelehnt werden. Ich glaube,<br />

die Diskussionen um <strong>PID</strong> und Sterbehilfe<br />

werden eben doch unabhängig vonein<strong>an</strong>der<br />

geführt. Die <strong>PID</strong> sehe ich genauso<br />

wie die <strong>PND</strong> primär nicht als selektive<br />

Methode, sondern als eine Methode, erbbelasteten<br />

Eltern zu einem gesunden<br />

Kind zu verhelfen. M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n das ablehnen<br />

und empfehlen,Paare,die eine schwere<br />

erbliche Belastung mit sich tragen, sollten<br />

auf Kinder verzichten. Mir wäre am<br />

liebsten, wenn das so wäre. Aber diese<br />

Auffassung ist längst nicht mehr gesellschaftsfähig,<br />

seit die IVF zugelassen ist<br />

und Pränataldiagnostik durchgeführt<br />

wird mit dem Ziel, intrauterin eine Erbschädigung<br />

bei Kindern festzustellen und<br />

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