Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Das Gesetz im Überblick<br />
Das vom Bundestag verabschiedete Stammzellgesetz<br />
verbietet grundsätzlich die Gewinnung<br />
von menschlichen embryonalen Stammzellen<br />
(ESZ) in Deutschl<strong>an</strong>d. Ein Import der Zellen und<br />
die <strong>Forschung</strong> dar<strong>an</strong> ist nur unter folgenden Bedingungen<br />
erlaubt:<br />
❃ Es dürfen nur ESZ eingeführt werden, die am<br />
1. J<strong>an</strong>uar 2002 bereits vorh<strong>an</strong>den waren und die<br />
in Übereinstimmung mit der Rechtslage im Herkunftsl<strong>an</strong>d<br />
gewonnen wurden.<br />
❃ Es müssen hochr<strong>an</strong>gige <strong>Forschung</strong>sziele verfolgt<br />
werden, die mit <strong>an</strong>deren Zellen nicht zu erreichen<br />
sind.<br />
❃ Die ESZ müssen aus „überzähligen <strong>Embryonen</strong>“<br />
stammen, die definitiv nicht mehr zur Erzeugung<br />
einer Schw<strong>an</strong>gerschaft verwendet werden.<br />
❃ Den Spendern darf kein Entgelt gezahlt werden.<br />
❃ Jeder Import und jede Verwendung von ESZ bedarf<br />
der Genehmigung der zuständigen Behörde<br />
(Robert Koch-Institut oder Paul-Ehrlich-Institut).<br />
❃ Eine zentrale Ethikkommission, der neun Sachverständige<br />
aus Biologie, Medizin, Ethik und<br />
Theologie <strong>an</strong>gehören, muss die Projekte begutachten.<br />
❃ Zuwiderh<strong>an</strong>dlungen werden mit Gefängnisoder<br />
Geldstrafen geahndet.<br />
❃ Anstiftung oder Beihilfe zu einer nach deutschem<br />
Recht strafbaren Verwendung von ESZ im<br />
Ausl<strong>an</strong>d werden gleichfalls bestraft.<br />
nien zu gestatten, die „stabilisiert, vermehrbar<br />
und hinreichend charakterisiert<br />
sind“. Sein Antrag wurde abgelehnt.<br />
„Die ethische W<strong>an</strong>derdüne hat sich<br />
bereits in Bewegung gesetzt“, kommentierte<br />
Hubert Hüppe (CDU). Gemeinsam<br />
mit Monika Knoche (Bündnis<br />
90/Die Grünen) forderten Hüppe und<br />
Wodarg ein generelles Importverbot.<br />
Dagegen sprächen keinerlei rechtliche<br />
Gründe, verteidigten sie ihren Antrag.<br />
„Der Mittelweg ist kein Ausweg“, sagte<br />
Knoche. Nicht grundsätzliche philosophische<br />
und ethische Argumentationen<br />
seien jetzt wichtig, sondern der harte<br />
Gesetzestext. „Darin darf keine Doppelmoral<br />
stecken.“ Das für den Gesetzentwurf<br />
ver<strong>an</strong>twortliche Quartett Böhmer,<br />
Fischer, Catenhusen und von Renesse<br />
verteidigte diesen. „Für die deutsche<br />
<strong>Forschung</strong> hat kein Embryo das<br />
Leben zu lassen.Wir haben den Auftrag<br />
des Parlaments loyal erfüllt“, sagte die<br />
Juristin Margot von Renesse.<br />
Bereits bei einer Anhörung des federführenden<br />
Ausschusses für Bildung, <strong>Forschung</strong><br />
und Technikfolgenabschätzung<br />
im Bundestag am 11.März war Kritik am<br />
144<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
Entwurf laut geworden. Bemängelt hatten<br />
Sachverständige,dass lediglich „nach<br />
dem Recht des Herkunftsl<strong>an</strong>des dazu<br />
berechtigte natürliche Personen“ der<br />
Stammzellgewinnung zustimmen müssen;<br />
sich die zentrale Ethikkommission<br />
hauptsächlich aus Naturwissenschaftlern<br />
zusammensetzen soll und deutsche<br />
Forscher im Ausl<strong>an</strong>d straffrei mit jenen<br />
menschlichen embryonalen Stammzellen<br />
forschen können, die nicht nach<br />
deutschen Bedingungen gewonnen wurden.<br />
„Darauf haben wir reagiert“, sagte<br />
von Renesse. Der Zustimmungspassus<br />
wurde gestrichen. Für die Gewinnung<br />
von Stammzellen dürfen jetzt nur <strong>Embryonen</strong><br />
verwendet worden sein, die<br />
zum Zwecke einer Schw<strong>an</strong>gerschaft extrakorporal<br />
erzeugt, aber endgültig<br />
nicht mehr dafür verwendet werden.<br />
Gendefekte dürfen nicht festgestellt<br />
worden sein. Der Begriff „embryonale<br />
Stammzelle“ wird zudem genau<br />
definiert. Einen Tag vor der abschließenden<br />
Beratung legten Böhmer, Fischer<br />
und von Renesse einen weiteren Änderungs<strong>an</strong>trag<br />
vor (Catenhusen klinkte<br />
sich aus). Dieser beharrt auf den Vorschriften<br />
des Strafgesetzbuches. Das<br />
Parlament nahm den Antrag <strong>an</strong>. Damit<br />
bleibt ein deutscher Forscher strafbar,<br />
wenn er im Ausl<strong>an</strong>d Forscher <strong>an</strong>stiftet<br />
oder Beihilfe leistet, embryonale<br />
Stammzellen zu gewinnen oder in <strong>an</strong>derer<br />
Weise zu verwenden, als es das deutsche<br />
Gesetz vorschreibt.<br />
Besonders schwer tat sich nach eigenen<br />
Angaben Andrea Fischer mit der<br />
Arbeit am Gesetzentwurf. „Ich habe<br />
mich immer wieder gefragt, ob ich meine<br />
eigene Position verrate“, sagte sie.<br />
„Denn bei Leben und Tod k<strong>an</strong>n es keinen<br />
Kompromiss geben. Unser Entwurf<br />
ist jedoch keiner.“ Das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />
werde auf Dauer festgeschrieben.<br />
„Wir beziehen uns nur auf die<br />
unabänderliche Verg<strong>an</strong>genheit.“ Diese<br />
Ausnahme müsse m<strong>an</strong> machen, um sich<br />
den Widersprüchen zu stellen, erklärte<br />
Fischer. Viele Menschen würden große<br />
Hoffnung in die Stammzellforschung<br />
setzen. „Die <strong>Forschung</strong> hat uns Brücken<br />
gebaut, wir sollten das jetzt auch tun.“<br />
Die Deutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft<br />
(DFG) hatte die Bundestagsdebatte<br />
im J<strong>an</strong>uar abgewartet, bevor sie ihrerseits<br />
entschied, <strong>Forschung</strong>sprojekte<br />
<strong>an</strong> menschlichen embryonalen Stamm-<br />
zellen zu fördern. Der DFG-Präsident,<br />
Prof. Dr. med. Ernst-Ludwig Winnacker,<br />
zeigte sich jetzt erleichtert über die Verabschiedung<br />
des Stammzellgesetzes. Zufrieden<br />
ist er mit dem Stichtag allerdings<br />
nicht. „Wir können mit dieser Regelung<br />
leben“, äußerte sich Winnacker vorsichtig.<br />
Kritik übte er <strong>an</strong> der ins Gesetz aufgenommenen<br />
Strafbewehrung. Diese<br />
müsse überdacht werden, falls deutsche<br />
Wissenschaftler im internationalen Kontext<br />
h<strong>an</strong>dlungsunfähig würden.<br />
„Kleinstes Übel“ oder „Besser den<br />
Spatz in der H<strong>an</strong>d“ – die Beweggründe<br />
der Abgeordneten, die für den Gesetzentwurf<br />
stimmten, waren unterschiedlich.<br />
Wie l<strong>an</strong>ge das verabschiedete<br />
Stammzellgesetz Best<strong>an</strong>d haben wird,<br />
ist fraglich. „Ich sehe das gelassen“, sagt<br />
Ulrike Flach (FDP), die mit ihrem Antrag<br />
auf einen flexiblen Stichtag scheiterte.<br />
„Wenn sich <strong>Forschung</strong>serfolge<br />
zeigen, wird das Gesetz sowieso geändert.“<br />
Dr. med. Eva A. Richter