Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Heft 1–2, 8. J<strong>an</strong>uar 2001<br />
Medizinische Ethik<br />
Weiterhin<br />
Diskussionsbedarf<br />
Die Niederländer legalisieren die<br />
aktive Sterbehilfe, in Großbrit<strong>an</strong>nien<br />
ist soeben das therapeutische<br />
Klonen genehmigt worden, in zahlreichen<br />
europäischen Staaten ist die<br />
Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik erlaubt. In<br />
Deutschl<strong>an</strong>d sind sich Ärzte und Politiker<br />
weitgehend einig: Es soll nicht alles<br />
erlaubt werden, was möglich ist. So will<br />
zum Beispiel Bundesgesundheitsministerin<br />
Andrea Fischer die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
(preimpl<strong>an</strong>tation genetic<br />
diagnosis = PGD) unmissverständlich<br />
in einem neuen Fortpfl<strong>an</strong>zungsmedizingesetz<br />
verbieten. Dies soll das bisher<br />
geltende <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />
ablösen. In G<strong>an</strong>g gesetzt wurde die Diskussion<br />
über diese Methode der<br />
vorgeburtlichen Diagnostik durch einen<br />
von der Bundesärztekammer vorgelegten,<br />
von deren Wissenschaftlichem<br />
Beirat ausgearbeiteten „Diskussionsentwurf<br />
zu einer Richtlinie zur Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik“.<br />
Nach dem Entwurf<br />
k<strong>an</strong>n eine streng auf den Einzelfall<br />
bezogene Indikationsstellung zur PGD<br />
infrage kommen. Das Spektrum möglicher<br />
Indikationen ist äußerst eng gefasst<br />
und bezieht sich ausschließlich auf<br />
Paare, bei deren Nachkommen nachgewiesenermaßen<br />
ein hohes Risiko für eine<br />
schwerwiegende, genetisch bedingte<br />
Erkr<strong>an</strong>kung besteht.<br />
Das Bundesgesundheitsministerium<br />
lehnt eine Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
dagegen unter <strong>an</strong>derem deswegen ab,<br />
weil die Gefahr bestehe, dass in der Gesellschaft<br />
eine Erwartungshaltung für<br />
gesunde Kinder entstehen könnte und<br />
es Eltern schwer gemacht werde, sich<br />
für ein behindertes Kind zu entscheiden.<br />
Auch in der Bundesärztekammer<br />
(BÄK) sei die Meinungsbildung über<br />
die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik keineswegs<br />
abgeschlossen, betont deren Prä-<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
Die deutschen Ärzte sind sich weitgehend einig. Die Gesetze<br />
sollten nicht alles erlauben, was medizinisch möglich ist.<br />
sident, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich<br />
Hoppe. Vielmehr habe die BÄK die<br />
Diskussion <strong>an</strong>geregt, um zu entscheiden,<br />
ob und inwieweit die PGD in<br />
Deutschl<strong>an</strong>d Anwendung finden soll.<br />
Ein Argument, das für die Anwendung<br />
der PGD <strong>an</strong>geführt wird, ist, dass sie<br />
Spätabtreibungen verhindern könnte.<br />
Bei festgestellter Behinderung nach<br />
pränataler Diagnostik sind derzeit aufgrund<br />
der medizinischen Indikation<br />
Abtreibungen bis zum Ende der<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft möglich. Dazu erklärte<br />
Andrea Fischer, dass es zwischen den<br />
beteiligten Ministerien und dem Bundestag<br />
Arbeitsgruppen gebe, die sich<br />
mit dieser Problematik beschäftigten.<br />
„Dort wird darüber nachgedacht, dass<br />
Spätabtreibungen nur in bestimmten<br />
Zentren gemacht werden sollen, mit<br />
entsprechender vorheriger Beratung.<br />
Dies soll Spätabtreibungen sehr stark<br />
einschränken.“<br />
Auch zum therapeutischen Klonen,<br />
das durch das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />
(ESchG) verboten ist, fordert Hoppe eine<br />
gesellschaftliche Diskussion. Eine<br />
Lockerung des ESchG hält er für den<br />
falschen Weg. Es müsste vielmehr geklärt<br />
werden, ob nicht auch mit körpereigenen<br />
erwachsenen Stammzellen<br />
neue Therapien für bisher unheilbare<br />
Kr<strong>an</strong>kheiten entwickelt werden könnten.<br />
Nach Hoppes Überzeugung wird<br />
das Klonen von <strong>Embryonen</strong> erhebliche<br />
Auswirkungen auf „unser Verständnis<br />
von Menschenwürde und schützenswertem<br />
Leben“ haben. Ministerin Fischer<br />
teilt diese Auffassung: „Wenn wir die<br />
<strong>Forschung</strong> <strong>an</strong> embryonalen Stammzellen<br />
erlauben, würde dies den Einstieg in<br />
die Produktion überzähliger <strong>Embryonen</strong><br />
bedeuten. Das ist zurzeit aber nicht<br />
erlaubt, und ich meine auch nicht, dass<br />
wir diesen Weg gehen sollten.“ Sie<br />
räumt aber ebenso wie die CDU-Parteivorsitzende<br />
Angela Merkel ein, dass es<br />
eine Grauzone im ESchG gibt: Im Ausl<strong>an</strong>d<br />
gewonnene embryonale Stammzellen<br />
können nach Deutschl<strong>an</strong>d importiert<br />
werden. „Trotzdem k<strong>an</strong>n sich ein<br />
L<strong>an</strong>d dafür entscheiden, dass es <strong>an</strong> dieser<br />
Erforschung nicht <strong>an</strong> vorderster<br />
Stelle teilnimmt, die Ergebnisse später<br />
jedoch nutzt“, sagte Merkel.<br />
In den Niederl<strong>an</strong>den hat Ende November<br />
2000 das Parlament ein Gesetz<br />
beschlossen, wonach aktive Sterbehilfe<br />
unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt<br />
sein soll.Auch in Deutschl<strong>an</strong>d gibt<br />
es, so Hoppe, eine Bewegung, die auf die<br />
Abschaffung des § 216 des Strafgesetzbuches<br />
hinarbeitet, in dem die Tötung<br />
auf Verl<strong>an</strong>gen unter Strafe gestellt ist.<br />
Bundesjustizministerin Herta Däubler-<br />
Gmelin sprach sich strikt gegen solche<br />
Bestrebungen aus. Die BÄK hatte aktiver<br />
Euth<strong>an</strong>asie in ihren Grundsätzen<br />
zur ärztlichen Sterbebegleitung ebenfalls<br />
eine deutliche Absage erteilt.<br />
Ärzte sollten Leben erhalten und nicht<br />
töten. Gisela Klinkhammer<br />
Heft 3, 19. J<strong>an</strong>uar 2001<br />
<strong>Embryonen</strong>schutz<br />
Englische<br />
Verführung<br />
Das Feuilleton der Fr<strong>an</strong>kfurter Allgemeinen<br />
Zeitung hat neuerdings einen<br />
gewissen Ruf, gegenüber dem Fortschritt<br />
in der Biotechnologie besonders<br />
aufgeschlossen zu sein und die tradierte<br />
Ethik, <strong>an</strong>gesichts allerlei hoch gesp<strong>an</strong>nter<br />
Hoffnungen, infrage zu stellen. Die<br />
Lehre vom Segen der reinen Marktwirtschaft<br />
schwappt so vom Wirtschaftsund<br />
Fin<strong>an</strong>zteil ins Kulturelle.<br />
G<strong>an</strong>z in diesem Sinne erschien dort<br />
am 29. Dezember letzten Jahres ein Artikel<br />
„gegen eine Ethik mit Scheuklappen“,<br />
in dem Karl-Friedrich Sewing die<br />
Entscheidung des britischen Unterhauses<br />
zum so gen<strong>an</strong>nten therapeutischen<br />
Klonen verständnisvoll würdigte und<br />
Kritiker aus Deutschl<strong>an</strong>d als „verbale<br />
Schnellfeuergewehre“ abtat. Lediglich<br />
65