Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
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Heft 46, 14. November 2003<br />
Nationales Genomforschungsnetz<br />
Mit dem Erklimmen des höchsten<br />
Gipfels des Himalaya verglich<br />
ein amerik<strong>an</strong>ischer Forscher die<br />
Entschlüsselung des menschlichen Genoms<br />
vor zwei Jahren. Auf dem erwartungsgemäß<br />
l<strong>an</strong>gen und mühsamen<br />
Weg bis zum endgültigen Verständnis<br />
des Genoms gel<strong>an</strong>g es Deutschl<strong>an</strong>d inzwischen,<br />
sich zu profilieren – und dass,<br />
obwohl es 1995 mit dem Deutschen Hum<strong>an</strong>genomprojekt<br />
erst relativ spät in<br />
die internationale Genomforschung<br />
eingestiegen ist. „Mit dem Nationalen<br />
Genomforschungsnetz (NGFN) hat es<br />
Deutschl<strong>an</strong>d geschafft, einen der weltweit<br />
vorderen Plätze zurückzuerobern“,<br />
erklärte Bundesforschungsministerin<br />
Edelgard Bulmahn (SPD) am 31. Oktober<br />
in Berlin. Innerhalb des Netzes<br />
versuchen Forscher verschiedener Fachrichtungen,<br />
die Funktionen einzelner<br />
Gene aufzuklären und dieses Wissen<br />
zügig in Therapien umzusetzen.<br />
Trotz einer „ schwierigen Haushaltslage“<br />
will die Ministerin die Förderung<br />
des Nationalen Genomforschungsnetzes<br />
durch das Bundesforschungsministerium<br />
(BMBF) um weitere drei Jahre<br />
verlängern. 135 Millionen<br />
Euro will Bulmahn<br />
für das kr<strong>an</strong>kheitsorientierte<br />
Programm zur Verfügung<br />
stellen; den Aufbau<br />
des NGFN hatte sie<br />
seit 2001 mit insgesamt<br />
180 Millionen Euro<br />
gefördert. Ausschlaggebend<br />
für den Start der<br />
zweiten Förderphase war<br />
das Votum einer international<br />
besetzten Expertenrunde.<br />
Als „einzigartig“<br />
bewertete sie die<br />
Vernetzung von Grundlagenforschung<br />
und klinisch<br />
orientierter Anwendung.<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
Als „einzigartig“ evaluiert<br />
Das Bundesforschungsministerium räumt der<br />
Genomforschung für weitere drei Jahre Priorität ein.<br />
192<br />
In der Tat ist der interdisziplinäre Ansatz<br />
eine Stärke des Genomforschungsnetzes.<br />
Mediziner, Biologen und Informatiker<br />
aus Kliniken, Universitäten,<br />
Großforschungszentren und Unternehmen<br />
arbeiten <strong>an</strong> mehr als 18 St<strong>an</strong>dorten<br />
und in 300 Teilprojekten innerhalb der<br />
kr<strong>an</strong>kheitsorientierten Genomnetze zusammen<br />
(Schwerpunkte: Nervensystem,<br />
Umwelt, Herz-Kreislauf, Krebs<br />
sowie Infektion und Entzündung).<br />
Als die Wissenschaft vor zwei Jahren<br />
die 3,2 Milliarden Bausteine der 46<br />
menschlichen Chromosomen identifizierte,<br />
konnte der Org<strong>an</strong>ismus „Mensch“<br />
zwar auf der molekularen Ebene verst<strong>an</strong>den<br />
werden. Seine Steuerung durch<br />
die 30 000 bis 40 000 Gene ist jedoch<br />
sehr kompliziert. Erkr<strong>an</strong>kungen resultieren<br />
aus Veränderungen auf mehreren<br />
Genen, aus Umweltfaktoren und<br />
aus individuellen Lebensgewohnheiten.<br />
Ziel des NGFN ist es deshalb, die Funktionen<br />
der einzelnen Gene aufzuklären<br />
und ihr Zusammenspiel zu durchschauen.<br />
Auf Erfolge k<strong>an</strong>n das Nationale Genomforschungsnetz<br />
dabei bereits ver-<br />
<strong>Forschung</strong>sministerium will<br />
Stammzellforschung fördern<br />
Erstmals will Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) embryonale<br />
Stammzellforschung fin<strong>an</strong>ziell fördern lassen. Ein entsprechendes Projekt<br />
sei kürzlich positiv evaluiert worden, sagte sie <strong>an</strong>lässlich der fortgesetzten<br />
Förderung des Nationalen Genomforschungsnetzes vor Journalisten in<br />
Berlin. Bulmahn, deren offene Haltung gegenüber der embryonalen Stammzellforschung<br />
bek<strong>an</strong>nt ist, begrüßte gleichzeitig die Äußerungen ihrer Amtskollegin<br />
Brigitte Zypries (SPD). Die Bundesjustizministerin hatte zuvor in einer<br />
Rede den <strong>Embryonen</strong>schutz infrage gestellt. Aktuell bestehe jedoch kein<br />
H<strong>an</strong>dlungsbedarf zur Änderung des <strong>Embryonen</strong>schutzgesetzes, sagte Bulmahn.<br />
Würde allerdings die therapeutische Anwendung der embryonalen<br />
Stammzellforschung möglich,müsse eine Entscheidung erneut getroffen werden.<br />
Fünf Forschergruppen arbeiten derzeit in Deutschl<strong>an</strong>d <strong>an</strong> embryonalen<br />
Stammzelllinien; zwei weitere Anträge liegen bereits zur Genehmigung vor.<br />
weisen. Am „Gene Mapping Center“<br />
des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare<br />
Medizin in Berlin-Buch konnten<br />
inzwischen mehr als 50 monogene Erkr<strong>an</strong>kungen<br />
kartiert werden. Erst kürzlich<br />
gel<strong>an</strong>g es den Wissenschaftlern<br />
dort, einen Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen<br />
einem wichtigen Gen des Phosphatstoffwechsels<br />
und der Arteriosklerose<br />
zu belegen. In Schleswig-Holstein entdeckten<br />
Forscher bereits 2001 das erste<br />
Kr<strong>an</strong>kheitsgen für Morbus Crohn und<br />
damit erstmals ein Kr<strong>an</strong>kheitsgen bei<br />
einer entzündlichen, komplexen Erkr<strong>an</strong>kung.<br />
Sie erk<strong>an</strong>nten, dass eine Mutation<br />
des NOD2-Gens Bakterien in die<br />
Darm-Epithelzellen eindringen lässt,<br />
die eine chronische Entzündung hervorrufen.<br />
Von der Grundlagenforschung<br />
zur klinischen Umsetzung<br />
Ferner sind zwei Projekte zur Erforschung<br />
der Epilepsie bereits so weit<br />
fortgeschritten, dass sie Möglichkeiten<br />
für die Entwicklung neuer Medikamente<br />
aufzeigen. Ein Team des Universitätsklinikums<br />
Bonn f<strong>an</strong>d mehrere<br />
potenzielle Gene, die die Erregbarkeit<br />
der Nervenzellen regulieren und mit<br />
den Mech<strong>an</strong>ismen zusammenhängen,<br />
die im Hippokampus Schläfenlappen-<br />
Epilepsien auslösen. Ein weiteres Beispiel:<br />
Eine Bonner Arbeitsgruppe <strong>an</strong>alysierte<br />
das Erbgut von Familien, in<br />
denen Formen der idiopathischen Epilepsie<br />
gehäuft vorkommen. Ihnen gel<strong>an</strong>g<br />
es, mehrere Mutationen<br />
eines Gens nachzuweisen,<br />
die den Chlorid-Haushalt<br />
der Nervenzellen<br />
stören und<br />
dadurch Anfälle auslösen.<br />
80 Patent<strong>an</strong>meldungen<br />
und 17 Patente sind<br />
bisher aus dem NationalenGenomforschungsnetz<br />
hervorgeg<strong>an</strong>gen.<br />
Die Verbindung zwischen<br />
akademischer<br />
<strong>Forschung</strong> und industrieller<br />
Verwertung schafft<br />
dabei die Fraunhofer<br />
Patentstelle für die<br />
Deutsche <strong>Forschung</strong>,