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Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...

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k<strong>an</strong>n sagen: Je partikularer eine Überzeugung,<br />

desto schwieriger ist es für ihre<br />

Anhänger hinzunehmen, dass sie den<br />

Lauf der Dinge nicht entscheidend beeinflussen<br />

können.<br />

Die Frage nach dem <strong>an</strong>gemessenen<br />

Umg<strong>an</strong>g mit Zeugung, Geburt, Kr<strong>an</strong>kheit,<br />

Sterben und Tod provoziert quasireligiöse<br />

Vorstellungen von Gut und Böse,<br />

die sich nicht einfach wegrationalisieren<br />

und in die private Sphäre der Bürger abdrängen<br />

lassen. Das liberale Credo, dass<br />

politische Entscheidungen wertneutral<br />

ausfallen müssen, wird damit auf eine<br />

harte Probe gestellt.Permissive Regelungen,<br />

das heißt Gesetze, die möglichst wenig<br />

verbieten, sind zwar den liberalen<br />

Grundwerten westlicher Gesellschaften<br />

insofern eher <strong>an</strong>gemessen, als sie den<br />

Bürgern weitgehend die Wahl lassen, ob<br />

sie von gewissen Möglichkeiten Gebrauch<br />

machen wollen oder nicht. Doch<br />

unparteiisch sind solche Regelungen deshalb<br />

keineswegs. Denn auch sie basieren<br />

auf g<strong>an</strong>z bestimmten Wertüberzeugungen:<br />

Dass Ärzte mit gespendeten Keimzellen<br />

im Labor ein Kind zeugen und diese<br />

vielleicht sogar nach besonderen medizinischen<br />

St<strong>an</strong>dards auswählen oder<br />

dass ein g<strong>an</strong>zes Geschwader von Chirurgen<br />

<strong>an</strong> einen „hirntoten“ Patienten mit<br />

einem Wunschzettel her<strong>an</strong>tritt, ihn aufschneidet<br />

und ihm Zellmaterial und Org<strong>an</strong>e<br />

entnimmt – all das k<strong>an</strong>n nur d<strong>an</strong>n<br />

zulässig erscheinen, wenn m<strong>an</strong> menschliches<br />

Leben in einer g<strong>an</strong>z bestimmten<br />

Weise definiert und damit das totale Verfügen<br />

über frühe und späte Lebensstadien<br />

als moralisch akzeptabel deklariert.<br />

Wunsch, Menschen zu heilen,<br />

entfaltet ungeheure Kräfte<br />

Die Politik steht deshalb vor einem Dilemma,<br />

und was ihr abverl<strong>an</strong>gt wird,<br />

mutet nicht selten <strong>an</strong> wie die Quadratur<br />

des Kreises: Sie ist gut beraten, möglichst<br />

wenig restriktiv zu verfahren, um<br />

nicht die Wahlfreiheit der Bürger zu<br />

verletzen. Zugleich aber darf sie nicht<br />

den Verdacht aufkommen lassen, dass<br />

sie mit solcher Liberalität einzelne<br />

Welt<strong>an</strong>schauungen privilegiert oder<br />

den Wünschen einzelner Interessengruppen<br />

– den Forschern, der Wirtschaft,<br />

den Patienten – nachgibt. Entscheidungsträger<br />

müssen den häufig be-<br />

D O K U M E N T A T I O N<br />

rechtigten oder doch gut nachvollziehbaren<br />

Vorbehalten gegenüber dem radikalen<br />

W<strong>an</strong>del im Umg<strong>an</strong>g mit Leben<br />

und Sterben Gehör schenken, ohne ihnen<br />

doch in der Weise nachgeben zu<br />

können, dass sie g<strong>an</strong>ze therapeutische<br />

Entwicklungsstränge durch staatliche<br />

Order einfach kappen.<br />

Es ist deshalb schwer vorstellbar,dass<br />

das extrem restriktive deutsche <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />

Best<strong>an</strong>d haben<br />

wird. Das Verbot der <strong>Embryonen</strong>forschung<br />

beschränkt nicht nur den Verhaltensspielraum<br />

von Wissenschaftlern,<br />

sondern es erstickt auch eine Fülle medizinisch-therapeutischerMöglichkeiten.<br />

Mit dem Selbstverständnis liberaler<br />

Gesellschaften, sich und ihren Bürgern<br />

ein breites Spektrum von Entwicklungswegen<br />

offen zu halten, ist dies sol<strong>an</strong>ge<br />

unvereinbar, wie hiermit nicht eindeutig<br />

die elementaren Interessen konkreter<br />

Personen verletzt werden. Dass aber<br />

frühe menschliche <strong>Embryonen</strong> in gleicher<br />

Weise unbedingten Schutz ihrer Integrität<br />

verdienen wie voll entwickelte<br />

Personen, wird wohl kaum eine Mehrheit<br />

der Bevölkerung bejahen.<br />

Erweist sich das <strong>Embryonen</strong>schutzgesetz<br />

als zu restriktiv, so muss das deutsche<br />

Tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tations medizingesetz<br />

gerade aus liberaler Sicht als zu permissiv<br />

gelten. Dem Postulat, dass die persönlichen<br />

Wertentscheidungen jedes<br />

Einzelnen zu respektieren sind, hätte<br />

m<strong>an</strong> Rechnung tragen können, ohne<br />

damit der Org<strong>an</strong>spende und Org<strong>an</strong>tr<strong>an</strong>spl<strong>an</strong>tation<br />

ein Ende zu bereiten.<br />

Weil es eben nach wie vor strittig<br />

ist, ob „hirntote“ Personen „richtig“ tot<br />

sind oder nicht, k<strong>an</strong>n nur jeder selbst<br />

entscheiden, ob ihm seine Org<strong>an</strong>e in<br />

diesem Zust<strong>an</strong>d, in den er womöglich<br />

einmal gerät, entnommen werden dürfen.<br />

Hier h<strong>an</strong>delt es sich um eine solch<br />

gravierende Entscheidung, dass sie nicht<br />

– wie nach deutschem Recht erlaubt – <strong>an</strong><br />

Angehörige delegiert werden darf, die<br />

hiermit im Augenblick des Abschiednehmens<br />

vom todkr<strong>an</strong>ken Patienten<br />

häufig auch psychisch völlig überfordert<br />

sind. Das Argument, dass mit einer<br />

„engen“ Regelung das ohnehin unzureichende<br />

„Org<strong>an</strong>aufkommen“ abermals<br />

stark zurückgehen würde, zeigt die<br />

ungeheure Versuchung, der m<strong>an</strong> nicht<br />

erliegen darf: dass nämlich im Namen<br />

des zu erzielenden therapeutischen<br />

Nutzens die Persönlichkeitssphäre des<br />

Einzelnen verletzt wird. Die Medizinverbrechen<br />

des zurückliegenden Jahrhunderts<br />

können uns – <strong>an</strong>ders, als häufig<br />

behauptet wird – nicht darüber belehren,<br />

welche neuen medizinischen<br />

Verfahren verwerflich und welche wünschenswert<br />

sind. Die Geschichte zeigt<br />

jedoch, was für eine ungeheuer exp<strong>an</strong>sive<br />

und destruktive Kraft der – echte<br />

oder vorgebliche – Wunsch entfalten<br />

k<strong>an</strong>n, Menschen zu heilen. Dieser Dynamik<br />

fallen d<strong>an</strong>n allzu schnell jene<br />

zum Opfer, die als unheilbar gelten.<br />

M<strong>an</strong> sollte sich hier<strong>an</strong> erinnern, damit<br />

der „therapeutische Imperativ“ nicht<br />

als ein „kategorischer Imperativ“ missverst<strong>an</strong>den<br />

wird und inhum<strong>an</strong>en Interventionen<br />

Tür und Tor öffnet. ✮<br />

Heft 13, 30. März 2001<br />

<strong>PID</strong><br />

„Glasklare<br />

Regelung“<br />

BÄK-Präsident fordert Rechtssicherheit.<br />

Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe,<br />

Präsident der Bundesärztekammer<br />

(BÄK), fordert eine<br />

„glasklare gesetzliche Regelung zur<br />

<strong>PID</strong>“. Wenn die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />

(<strong>PID</strong>) in Deutschl<strong>an</strong>d zugelassen<br />

werden sollte, d<strong>an</strong>n nur, wie<br />

es der Diskussionsentwurf der BÄK<br />

vom Februar 2000 vorsehe, wenn<br />

Rechtssicherheit und ein hohes<br />

Schutzniveau über strenge und restriktiv<br />

zu fassende Zulassungskriterien<br />

erreicht werden könnten.<br />

Bundesjustizministerin Herta<br />

Däubler-Gmelin wies in einem<br />

Schreiben <strong>an</strong> einen Gynäkologen<br />

auf die Strafbarkeit von „<strong>PID</strong>-Tourismus“<br />

hin: Ein Arzt, der eine Frau<br />

zur <strong>PID</strong> <strong>an</strong> den ausländischen Kollegen<br />

vermittele oder die Patientin<br />

im Rahmen der hormonellen Stimulation<br />

betreue, unterstütze eine<br />

strafbare H<strong>an</strong>dlung. Er könne sich<br />

als Gehilfe strafbar machen. Das<br />

gelte auch, wenn die <strong>PID</strong> in dem<br />

L<strong>an</strong>d, in dem sie vorgenommen<br />

werde, nicht strafbar sei.<br />

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