Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Dokumentation PID, PND, Forschung an Embryonen - 3., erweiterte ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Meinung der damaligen Bundesministerin<br />
für Gesundheit wiedergab“.<br />
Andrea Fischers strikte Auffassung<br />
werde jetzt nicht mehr geteilt, sagte der<br />
Präsident der Bundesärztekammer<br />
(BÄK), Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich<br />
Hoppe, der Katholischen Nachrichten-<br />
Agentur. Hoppe glaubt indessen nicht<br />
<strong>an</strong> einen generellen Kurswechsel der<br />
Bundesregierung in der Biomedizin. So<br />
haben sich beispielsweise Bundesjustizministerin<br />
Herta Däubler-Gmelin und<br />
Bundesforschungsministerin Edelgard<br />
Bulmahn deutlich gegen das Klonen von<br />
<strong>Embryonen</strong> zu <strong>Forschung</strong>szwecken ausgesprochen.<br />
Bundesk<strong>an</strong>zler Gerhard<br />
Schröder und Bundesgesundheitsministerin<br />
Ulla Schmidt seien jedoch möglicherweise<br />
bereit, die Präimpl<strong>an</strong>tationsdiagnostik<br />
in sehr eng gefassten Grenzen<br />
zu gestatten, so der BÄK-Präsident.<br />
Ob bereits wenige Tage alten <strong>Embryonen</strong><br />
eine Menschenwürde zugesprochen<br />
werden k<strong>an</strong>n, lässt die Bundesregierung<br />
ebenfalls offen. Sie dist<strong>an</strong>ziert sich jedenfalls<br />
nicht ausdrücklich von Äußerungen<br />
des Kulturstaatsministers Juli<strong>an</strong> Nida-<br />
Rümelin (SPD), der die Auffassung vertritt,<br />
dass sich „das Kriterium Menschenwürde<br />
nicht auf <strong>Embryonen</strong> ausweiten“<br />
lässt. „Ethische Argumente sind keine<br />
rechtlichen Argumente“, heißt es dazu in<br />
der Stellungnahme der Bundesregierung.<br />
In der internationalen Philosophie würden<br />
Begriffe wie zum Beispiel der der<br />
Menschenwürde gelegentlich <strong>an</strong>ders verwendet<br />
als im verbindlichen deutschen<br />
Verfassungsrecht. Die Bundesregierung<br />
sehe sich in ihrem H<strong>an</strong>deln auch künftig<br />
verfassungsrechtlich verpflichtet, die<br />
Würde des Menschen, wie sie in der<br />
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />
ihren Ausdruck gefunden hat, zu<br />
achten und zu schützen.<br />
Auch zur Zulässigkeit von Gentests<br />
und ihrer Verwertung wurde die Bundesregierung<br />
befragt. Sie sieht „für die<br />
Verwertung von aus genetischen Tests<br />
gewonnenen Erkenntnissen beim Zug<strong>an</strong>g<br />
zu Sozialversicherungen keinen<br />
Raum“. Die Bundesregierung bewertet<br />
es positiv, dass „in der privaten Kr<strong>an</strong>ken-,<br />
Unfall- und Lebensversicherung<br />
Gentests gegenwärtig nicht als Voraussetzung<br />
für den Abschluss von Versicherungsverträgen<br />
verl<strong>an</strong>gt werden“.<br />
Darauf hätte sich die deutsche Versicherungswirtschaft<br />
verständigt.<br />
72<br />
D O K U M E N T A T I O N<br />
Diese Äußerung stieß auf Kritik bei<br />
den Bundestagsabgeordneten Hubert<br />
Hüppe und Annette Widm<strong>an</strong>n-Mauz<br />
(beide CDU). Sie erklären, dass die<br />
Bundesregierung offenbar ungerührt<br />
scheine von den Sorgen der Bürger, die<br />
mit Recht eine verlässlichere Grundlage<br />
erwarteten als Absprachen unter Wirtschaftsunternehmen.<br />
Nicht nur bei Oppositionspolitikern,<br />
sondern auch in<br />
den eigenen Reihen stieß die Ankündigung<br />
Schröders, einen nationalen Ethikrat<br />
einzurichten, auf Kritik. Dieser solle,<br />
so die Bundesregierung, „die verschiedenen<br />
gesellschaftlichen Positio-<br />
Heft 10, 9. März 2001<br />
Biomedizin<br />
nen widerspiegeln“. Während Ulla<br />
Schmidt die Einrichtung eines Ethikrates<br />
begrüßt, hält Monika Knoche<br />
(Bündnis 90/Die Grünen) ihn nicht<br />
für erforderlich. Ethikräte hätten keine<br />
Definitionshoheit darüber, was das<br />
ethisch Ver<strong>an</strong>twortbare sei. Außerdem<br />
gebe es bereits einen bei dem Bundesgesundheitministeriumzugeordneten<br />
Ethikbeirat sowie die vom Bundestag<br />
eingesetzte Enquete-Kommission<br />
„Recht und Ethik der modernen Medizin“.<br />
Doch offensichtlich, so Hüppe und<br />
Widm<strong>an</strong>n-Mauz, „passt deren Arbeit<br />
Schröder nicht“. Gisela Klinkhammer<br />
Kein „Hirtenwort“, sondern<br />
Diskussions<strong>an</strong>stoß<br />
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hat ein<br />
Thesenpapier zur Bioethik vorgelegt.<br />
Das Zentralkomitee der deutschen<br />
Katholiken (ZdK) will die Überarbeitung<br />
des <strong>Embryonen</strong>schutzgesetzes<br />
oder die Erarbeitung eines<br />
neuen Fortpfl<strong>an</strong>zungsmedizingesetzes<br />
begleiten – und zwar ohne ideologische<br />
Scheuklappen. Dabei hält die katholische<br />
Laienorg<strong>an</strong>isation prinzipiell <strong>an</strong><br />
ihren Positionen fest, wünscht sich jedoch<br />
eine breite gesellschaftliche Debatte.<br />
Unter dem hohen Tempo des biomedizinischen<br />
Erkenntnisgewinns sowie<br />
dem Druck auf die Politiker, die<br />
strengen deutschen St<strong>an</strong>dards im <strong>Embryonen</strong>schutz<br />
zu „nivellieren“, gerate<br />
der ethische Diskurs zunehmend in die<br />
Defensive, warnt das ZdK.<br />
„Nicht nur die Kritiker, sondern auch<br />
die Befürworter des biomedizinischen<br />
Fortschritts müssen die Gründe für ihr<br />
H<strong>an</strong>deln offen legen“, heißt es im Thesenpapier<br />
„Der biomedizinische Fortschritt<br />
als Herausforderung für das<br />
christliche Menschenbild“, das das ZdK<br />
am 1. März in Berlin vorstellte. Darin<br />
werden die katholischen Orientierungen<br />
ben<strong>an</strong>nt und begründet (www.zdk.de).<br />
Die neun „Orientierungen im<br />
Zeitalter der Biomedizin“ des ZdK:<br />
● Die Würde des Menschen ist un<strong>an</strong>tastbar; vom<br />
Moment der Zeugung bis zum Tod.<br />
● Das menschliche Leben ist der Verfügbarkeit<br />
des Menschen entzogen; niem<strong>an</strong>d darf darüber<br />
urteilen, wer lebenswert oder lebensunwert ist.<br />
● Das menschliche Leben ist unteilbar; vorgeburtliche<br />
Phase und der erste Lebensabschnitt unterscheiden<br />
sich nur graduell.<br />
● Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Gene<br />
und Neuronen.<br />
● Der christliche Glaube stellt Menschen mit<br />
Behinderungen, Kr<strong>an</strong>kheiten und Benachteiligungen<br />
in den Mittelpunkt; Gendiagnostik darf<br />
nur nach Einwilligung erfolgen.<br />
● Der Mensch bedarf der Erlösung; nahezu religiöse<br />
Verheißungen der Medizin und der Technik<br />
sind realitätsferne Illusionen.<br />
● Biomedizinische Fortschritte müssen dem Wohl<br />
der Patienten dienen.<br />
● Jeder Mensch ist für sein H<strong>an</strong>deln ver<strong>an</strong>twortlich;<br />
Forscher, Anwender und Nutzer müssen<br />
sich ein eigenes Urteil bilden.<br />
● Der Staat ist auf die Menschenwürde verpflichtet;<br />
sie darf nicht der <strong>Forschung</strong>sfreiheit und<br />
Marktinteressen geopfert werden.