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Freies Kurdistan Buch

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zurückkehren dürfen oder wollen, sind von solchen Hilfsmaßnahmen ausgeschlossen – weil sie<br />

eigene Wohnungen in den obengenannten Gegenden haben, heißt es. Vor diesen Wohnungen<br />

patrouilliert aber das irakische Militär und verweigert den ehemaligen Bewohnern den Zugang.<br />

„Lieber sterbe ich hier vor Kälte, als dass ich nach Khanaqin gehe“, sagt z.B. eine Frau in<br />

Penjwin entschieden, sie fügt hinzu, „zwei meiner Brüder haben die Baathisten gehängt, meine<br />

anderen Brüder werden gesucht. Ich hätte dort keinen Tag Ruhe.“ 1<br />

Um diese Zeit wird die Lage in der Schutzzone durch zwei Interventionen der türkischen Armee<br />

bzw. Luftwaffe weiter destabilisiert. Sie greift angeblich nur die Lager der „Arbeiterpartei<br />

<strong>Kurdistan</strong>s“ (PKK) an. Aber auch die Zivilbevölkerung in den angegriffenen Gebieten wird<br />

getroffen; drei Napalmbomben sind direkt über die Kleinstadt Şiladıze abgeworfen worden, wo<br />

sich keine PKK-Lager oder -Kämpfer befinden. Massoud Barzani protestiert scharf dagegen,<br />

warnt, dass er sich in Zukunft solcher Einfälle widersetzt und fügt hinzu:<br />

„We consider this aggression a declaration of war. Therefore, we will do what we can,<br />

and the Turkish regime will be responsible.“ 2<br />

Im Dezember haben die Lehrer in der Schutzzone z.B. schon seit zwei Monaten kein Geld mehr<br />

bekommen. Eine Lehrerin an der Mittelschule für Mädchen in Ranye sagt dazu:<br />

„Wir haben uns entschlossen, trotzdem weiter zu arbeiten. Wir können die Schüler nicht<br />

für Saddams Grausamkeit büßen lassen. Wir haben die Verantwortung für das<br />

Bildungswesen und wir dürfen diese Freiheit nicht damit bezahlen, eine Generation von<br />

Analphabeten heranwachsen zu lassen.“ 3<br />

Wie sie finanziell über den Winter kommen soll, weiß die junge Lehrerin nicht so genau,<br />

trotzdem ist sie wie Zehntausende von Lehrerinnen bzw. Lehrern und Beamten überall in der<br />

Schutzzone ihrer beruflichen Verantwortung und nationalen Pflicht durchaus bewusst. „Druck<br />

auf die Regierung in Bagdad auszuüben, um eine Aufhebung des [zweiten] Embargos zu<br />

erreichen“, lautet dann eine der Forderungen, die die kurdische Bevölkerung in der Schutzzone<br />

im Dezember an die UNO stellt. In allen größeren Städten der Region treten kurdische Männer<br />

und Frauen vor den UNO-Centern in einen Hungerstreik. Sie fordern die Erweiterung der<br />

Schutzzone auf den 34. Breitengrad, die Eröffnung eines UNHCR-Centers in Kirkuk und<br />

Rückkehrgarantien für die Flüchtlinge aus Kirkuk und Khanaqin, die zum Teil immer noch in<br />

Zelten leben. In ihren Gesprächen mit den Vertretern von UNHCR äußern sich die<br />

Hungerstreikenden außerdem eindeutig zum Kern der kurdischen Frage, indem sie betonen, dass<br />

1 Zitiert nach Schmidt, 1994, S.81.<br />

2 Zitiert nach Gunter, 1992, S.75; vgl. auch Schmidt, 1994, S.92-93.<br />

3 Zitiert nach Schmidt, 1994, S.88-89.<br />

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