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Freies Kurdistan Buch

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irakischen Armee befreit. Der Iran erklärt offiziell, dass iranische Truppen und kurdische<br />

Widerstandskämpfer gemeinsam die Stadt Halabja erobert haben. Mit dieser Aktion versucht die<br />

kurdische Widerstandsbewegung – besonders die PUK – eine weitere Front in dieser Region zu<br />

errichten, um den starken Druck auf die Region von Sergelu und das Jafeti-Tal zu verringern. 2<br />

Am 16. März 1988 wird die Stadt Halabja von der irakischen Luftwaffe mit Giftgas (Senfgas,<br />

Sarin und Tabun) bombardiert. Über 5.000 Bürger der Stadt werden dadurch grausam getötet,<br />

ungefähr 7.000 werden verwundet – viele von ihnen werden für immer geschädigt – und ca.<br />

55.000 müssen in den Iran fliehen. 3 Nichts wird den Hinterbliebenen von ihrem Hab und Gut<br />

bleiben. Viele tragen Verletzungen für ihr Leben davon. Ihre Häuser, die nicht durch die<br />

Bombardierung zerstört worden sind, werden von Sonderkommandos der irakischen Armee<br />

später gesprengt. Auch die umliegenden Städte und Ortschaften Khurmal, Tewéle und Dujeyle<br />

(Sirwan) 4 sowie die kleinen Vororte von Halabja, Zamaqi und Anab, in denen kurdische<br />

Familien nach den Grenzvertreibungen Ende der 70er Jahre untergekommen waren, werden<br />

angegriffen und zerstört. Diese Städte und Dörfer sind durch die furchtbaren Bombardierungen<br />

mit chemischen Waffen und nach der Flucht der Überlebenden wie ausgestorben. 5 Anscheinend<br />

begeht das irakische Baath-Regime dieses Verbrechen gegen die unschuldige und wehrlose<br />

Zivilbevölkerung von Halabja als Vergeltung für die Befreiung der Stadt von den kurdischen<br />

Widerstandskämpfern. 6<br />

Das irakische Regime überlässt die vergaste und zerstörte Stadt Halabja weitgehend iranischer<br />

Kontrolle, die am 18. März dort ankommen. Wenige Tage nach dem Massaker erreichen<br />

internationale Berichterstatter bzw. Journalisten Halabja und fotografieren die Opfer:<br />

„Kinder, tot, unter dem schützenden Körper ihres Großvaters. Frauen, tot, mit ihren toten<br />

Babys im Arm. Dutzende, Hunderte, Tausende von Toten lagen auf den Straßen und<br />

erfüllten die Luft mit unerträglichem Gestank.“ 1<br />

Die schrecklichen Bilder der verstümmelten Opfer unter der Zivilbevölkerung, die durch die<br />

Medien auf der ganzen Welt gezeigt werden, lösen überall – besonders in Westeuropa – großes<br />

Entsetzen und eine gewaltige Protestwelle gegen das Massaker und außerordentliche<br />

1 Vgl. Leukefeld, 1996, S.90.<br />

2 Vgl. Talabani, 1988, S.59. Laut der Erklärung von Jalal Talabani (Generalsekretär der PUK) hatte Iran in diesem<br />

Zusammenhang bewusst falsche Informationen in die Welt gesetzt. Als Beweis für die Abwesenheit iranischer<br />

Truppen bei der Befreiung der Stadt Halabja sei kein einziger iranischer Soldat oder Pasdar am 16. März dort<br />

getötet oder verletzt worden, vgl. dazu auch Randal, 1997, S.357.<br />

3 Irak hat die Genfer-Konvention von 1925 unterzeichnet, die solche Waffe verbietet bzw. deren Einsatz verurteilt,<br />

Timmerman, 1988, S.99.<br />

4 „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) vom 30. März 1988 in: (GfbV), 1991, S.53-54.<br />

5 Vgl. Ammann, 1990, S.31.<br />

6 Vgl. Cook, 1995, S.112.<br />

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