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Freies Kurdistan Buch

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zudem das Opfer in die Rolle des Täters. 1<br />

• Staat bedeutet in erster Linie Schutz durch Ordnungsrahmen, verbunden mit<br />

infrastruktureller, wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung. Der irakische Staat hat<br />

bisher – und die anderen Teilungsstaaten immer noch – Unrecht, Unsicherheit und<br />

Unterentwicklung (die nationale Unterdrückung der Kurden, ihre physische und<br />

moralische Vernichtung, ihre Vertreibung aus ihren angestammten Gebieten, die<br />

Zerstörung bzw. Beschlagnahme ihrer Häuser und Felder und die Entstellung ihrer Kultur<br />

und Geschichte) garantiert. Ein Staat feiert und honoriert Massenvernichtungen und<br />

Vertreibungen eigener Staatsbürger, wie z.B. bei der Anfal-Kampagne, entstellt dadurch<br />

in Wirklichkeit die staatlichen Funktionen. Dieser Staat erfüllt nicht nur nicht die<br />

richtigen Funktionen des Staates, er ist – bzw. diese Teilungsstaaten sind – offenbar<br />

angetreten, die kurdische Nation auszulöschen. Diese Staatspraxis und Realität eines<br />

souveränen Staates – oder dieser souveränen Staaten – ist der Kern der Legitimation eines<br />

kurdischen Staates: Kurden würden mit „ihrem“ Land und ihrer Kultur nicht so umgehen,<br />

und wenn sie noch so sehr über Ansprüche streiten würden. 2<br />

• Das Völkerrecht garantiert eigentlich auch dem kurdischen Volk das<br />

Selbstbestimmungsrecht. Dieses schließt auch die Forderung nach Staatlichkeit mit ein.<br />

Das belegt die Völkerrechtspraxis der Dekolonisierung, und in dieser Tradition stehen<br />

jetzt eben die sogenannten Binnenkolonien. Und die Kurden leiden offensichtlich – seit<br />

Jahrhunderten – unter dem Joch des „internen Kolonialismus“ der Nachbarvölker bzw.<br />

von deren „Nationalstaaten“. 3<br />

• Besonders gewichtige Gründe für eine kurdische Staatlichkeit leiten sich aus einem<br />

„realpolitischen“ Ansatz ab: Die ethnischen Fragen werden heute grundsätzlicher gestellt<br />

als vor 13 Jahren. Eine selbstbewusste kurdische Nationalbewegung steht heute dem<br />

früheren despotischen irakischen Staat – und den anderen Teilungsstaaten und deren<br />

Verbündeten – entschiedener als früher gegenüber. Zudem wurde die Bevölkerung in den<br />

vergangenen 12 Jahren in einem quasi unabhängigen Teil <strong>Kurdistan</strong>s von<br />

„demokratischen rechtsstaatlichen Staaten“ geschützt. Das stützt die Annahme, dass ein<br />

1 Vgl. Mönch, 1994, S.197.<br />

2 ders., 1994, S.197.<br />

3 Vgl. Beşikçi, 1994, S.23.<br />

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