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Freies Kurdistan Buch

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Im Osten (Osteuropa) wurde bis vor kurzem aufgrund des unterschiedlichen politischen<br />

Umgangs mit nicht-dominanten Gruppen nicht wie im Westen von Minderheiten, sondern von<br />

Nationalitäten gesprochen.<br />

Im Diskurs zur Minderheitenfrage in der – zwischenstaatlichen – Politik hat sich in der letzten<br />

Zeit vermehrt das Begriffspaar der nationalen Minderheit durchgesetzt. Dies ist eine Folge der<br />

vermehrten Aufmerksamkeit, die sich in Europa nach dem „Kalten Krieg“ auf die Konflikte bzw.<br />

Frage der Minderheiten gerichtet hat, wobei die Minderheitenfrage immer eng mit der Frage der<br />

Menschenrechte verbunden ist. 1<br />

Der Begriff der Nation – und auch jener der Nationalität – zielt unabhängig vom Kontext stets<br />

auf einen Staat. Dem europäischen Begriff der Nation war allerdings der Drang nach<br />

Staatlichkeit von allem Anfang an inhärent. Der Staat wird im Begriff der Nation nicht nur<br />

immer mitgedacht, sondern der Nationenbegriff scheint zum Zweck der Staatlichkeit erfunden<br />

worden zu sein. 2<br />

Zum Begriff des Staates schreibt J. Barion: „höchste Form menschlichen Gemeinschaftslebens,<br />

zu der sich eine Gesamtheit von Menschen eines bestimmten Gebietes zusammenschließt, indem<br />

sie sich einer obersten Autorität zum Zwecke des Gemeinwohls unterstellt.“ 3<br />

Max Weber definiert den Staat als „ein auf das Mittel der legitimen Gewaltsamkeit gestütztes<br />

Herrschaftsverhältnis von Menschen über Menschen“. 4<br />

Nach Auffassung von Norman Paech und Gerhard Stuby sind die wichtigsten Merkmale der<br />

Staatlichkeit: das Volk (Staatsvolk), das Territorium (Staatsgebiet) und das Gewaltmonopol<br />

(Staatsgewalt). 5<br />

Die betroffenen Staaten verwenden irreführende Begriffe. Handlungen, die man als internen<br />

Kolonialismus und territoriale Invasion bezeichnen würde, heißen in der offiziellen Darstellung<br />

nationale Integration und Entwicklung. 6<br />

In Bezug auf die Kurden stellt sich in diesem Zusammenhang folgende Frage:<br />

Was sind nun die Kurden? Sind sie eine ethnische oder nationale Minderheit, ein Volk oder eine<br />

Nation?<br />

Nach dem deutschen Universal-Wörterbuch Duden stammt das Wort Ethnie aus dem<br />

griechischen Wort éthos = Volk(sstamm) und bedeutet Menschengruppe (insbesondere Stamm<br />

1 Vgl. Scherrer, 1997, S.21.<br />

2 Vgl. Scherrer, 1997, S.33-34.<br />

3 Barion, 1949, S.105, in: Paech / Stuby, 1994, S.283.<br />

4 Weber, 1966,S.28, in: Paech / Stuby, 1994, S.284.<br />

5 Paech / Stuby, 1994, S.293-295.<br />

6 Vgl. Scherrer, 1997, S.119.<br />

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