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Freies Kurdistan Buch

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kurdischer Staat prinzipiell nur zustande kommt, wenn er die Billigung bzw. die Duldung<br />

der westlichen Schutzmächte erlangen könnte, mit anderen Worten wenn ein kurdischer<br />

Staat den Interessen des Westens oder der Schutzmächte nützlich wäre. Er hat aber seine<br />

realpolitische Chance wohl kaum als weitere oder fünfte Despotie zusätzlich zu den vier<br />

Despotien der Teilungsstaaten. Nach Auffassung von Ronald Mönch hat ein kurdischer<br />

Staat dann eine Chance, wenn er aus Einsicht in die tieferen Ursachen für das tägliche<br />

Unrecht dieser Staaten sich im Verfassungsrahmen wie in der Verfassungspraxis<br />

vorbehaltlos zu den sogenannten westlichen Grundwerten bekennt: Demokratie,<br />

Gewaltenteilung, Grundrechte, Rechtsstaat. Also, bewusste Abkehr von den<br />

menschenverachtenden Traditionen und Handlungen eines Saddam Hussein oder eines<br />

anderen Despoten. 1<br />

Die über eine halbe Million Menschen umfassende kurdische Diaspora im Westen spielt<br />

sicherlich eine große Rolle beim Transport dieser westlichen Werte nach <strong>Kurdistan</strong>.<br />

Zudem haben Kurden am eigenen Leib erfahren, was totalitäre Despotien bewirken: eine<br />

grundsätzliche Abkehr von dieser Staatstheorie und -praxis liegt nahe; ein neutraler<br />

Beobachter kann es wohl merken – besonders hinsichtlich der Menschenrechte nach der<br />

neuen Eintracht in der selbstverwalteten Region <strong>Kurdistan</strong>s, und wenn man die Lage der<br />

nationalen und religiösen Minderheiten und ihre anerkannten Rechte dort mit deren Lage<br />

bzw. Unterdrückung in den Gebieten, die bis Anfang April 2003 vom Baath-Regime<br />

kontrolliert wurden, vergleicht.<br />

Eine selbstverantwortete Autonomiepraxis in einem nicht demokratischen irakischen<br />

Staatsverband wäre durchaus schwerer durchzuhalten als in sämtlichen Varianten<br />

stärkerer kurdischer Verantwortung, wie es bei jeder Staatsvariante der Fall wäre.<br />

• Die realpolitische Einmischung des Westens hätte, wenn sie die kurdischen Interessen<br />

erstmalig ins Auge fassen würde, ein weiteres Plus. Eingebunden in einen vielseitigen<br />

Friedensdialog im Mittleren Osten zur Lösung der kurdischen Frage bestünde eine<br />

Chance, zugleich den „föderativen kurdischen Teilstaat“ (oder eventuell einen<br />

souveränen kurdischen Staat) und die Teilungsstaaten in ein nahöstliches Sicherheits- und<br />

Kooperationssystem einzubinden: Für eine Vision statt Repression, Abgrenzung,<br />

Drohung, Gewalt und Gegengewalt neue politisch-wirtschaftliche Kooperationsformen<br />

1 Mönch, 1994, S.198.<br />

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