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Freies Kurdistan Buch

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erste Gruppe (zwischen 16–35 Jahre alt) wird zur „Generaldirektion der Sicherheit“ gebracht und<br />

die zweite Gruppe (unter 16 Jahre alt) kommt ins Jugendgefängnis in al-Harithiya, die meisten<br />

von ihnen verschwinden dann aber spurlos. 1<br />

Im September 1980 annulliert der irakische Staatschef Saddam Hussein den Vertrag von Algier,<br />

den er persönlich 1975 mit dem Schah von Iran vereinbart und unterschrieben hat. Und die<br />

irakische Armee greift den Iran am 22. September an. Damit beginnt der irakisch-iranische Krieg<br />

bzw. „Saddams Qadissiya“. 2 „Dieser Krieg“ schreibt Beşikçi „hat gezeigt, auf welch brüchigen<br />

Grundfesten dieser Vertrag beruhte. Er hat gezeigt, wie kurzlebig und ungültig solche Verträge<br />

sind, die auf dem Rücken der Kurden ausgehandelt und mit dem Leiden der Kurden bezahlt<br />

worden sind.“ 3 Deshalb wird der erste Golfkrieg von vielen politischen Beobachtern als ein<br />

Resultat des Vertrags von Algier betrachtet.<br />

Anfang der 80er Jahre wird die „Baathisierung“ der Bevölkerung überall im Irak praktiziert,<br />

und zwar durch Vergünstigungen oder Einschüchterungen – mit Zuckerbrot und Peitsche –<br />

erzwungen. Die Loyalität zur Baath-Partei wird für jeden Iraker obligatorisch. Alle<br />

Oppositionsparteien und –gruppen sind längst verboten und sie werden erbarmungslos verfolgt<br />

und bekämpft. Andere Auffassungen werden nicht zugelassen, auch politische Indifferenz wird<br />

nicht mehr geduldet. Man kann nur für oder gegen die Baath-Partei sein. 4 Aber die Baathisierung<br />

in <strong>Kurdistan</strong>, die den Kurden aufgezwungen wird, betrifft gleichzeitig Politik, Verwaltung,<br />

Kultur – Richtlinien für den Schulunterricht zur Verfälschung historischer, geographischer und<br />

demographischer Tatsachen – und nationale Identität; weil die Ideologie der Baath-Partei auf<br />

arabischem Chauvinismus (Radikalnationalismus) beruht. 5<br />

Im Ausland versucht das irakische Regime 1980 erneut kurdische Oppositionelle durch Attentate<br />

zu beseitigen, z.B. versuchen zwei „Diplomaten“ aus der irakischen Botschaft in Ost-Berlin<br />

(DDR) am 1. August einen Sprengstoffanschlag in einem Saal in West-Berlin, wo die kurdische<br />

Studentenvereinigung AKSA ihre Konferenz abhielt, zu verüben. 6<br />

1 Mohammed, 1999, S.49; vgl. auch Vanly, 1986, Bd.2 S.158<br />

2 Lerch, 1992, S.17. Die irakische Regierung nennt diesen Krieg offiziell „Qadissiyat Saddam – Saddams<br />

Qadissiya“, in Anspielung auf die „Schlacht von Qadissiya“ zwischen dem Islamischen Heer unter Sa’d Ibn Abi-<br />

Waqas und den Persischen (Sassaniden-) Truppen unter Rostam während der islamischen Eroberung Persiens im<br />

Jahre 637 n.Ch., Graz, 1990, S.32. Für mehr Details über den ersten Golfkrieg siehe: Khadduri, Majid: The Gulf<br />

War - The Origin and Implications of the Iraq-Iran Conflict, New York 1988; und Rasoul, Fadil: Irak - Iran:<br />

Ursachen und Dimensionen eines Konflikts, Wien 1988 a.<br />

3 Beşikçi, 1987, S.102-103.<br />

4 Vgl. Sayed Ali, 1991, S.68.<br />

5 Vanly, 1986, Bd.2 S.168; vgl. auch Beşikçi, 1987, S.101-105.<br />

6 „Die Welt“ vom 7. November 1980; obwohl die beiden Täter von der Polizei verhaftet werden, werden sie vom<br />

(West)Berliner Senat am 17. September auf dringenden Wunsch der Bundesregierung in den Irak abgeschoben,<br />

siehe auch „die tageszeitung“ (taz) vom 16. September 1980.<br />

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