06.08.2017 Aufrufe

Freies Kurdistan Buch

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

153<br />

Viertes Kapitel<br />

De-facto-Eigenstaatlichkeit oder freies <strong>Kurdistan</strong><br />

1. Die Wahlen in der Schutzzone bzw. in der selbstverwalteten Region <strong>Kurdistan</strong>s<br />

Theoretisch – offiziell auf dem Papier – haben die Kurden in Irakisch-<strong>Kurdistan</strong> [Südkurdistan]<br />

in ihrem Kampf für Selbständigkeit oder Autonomie seit der Gründung des Staates Irak (1921)<br />

gewisse Errungenschaften bzw. die Anerkennung der nationalen Rechte erreicht. Praktisch sind<br />

diese jedoch minimal und kurzfristig oder gar ein Deckmantel einer noch härteren und<br />

intensiveren Unterdrückung (wie in den Jahren 1975 – 1990) gewesen.<br />

Mit der Errichtung der Schutzzone, Gewährung der UNO-Hilfsmaßnahmen und dem speziellen<br />

Sicherheits- bzw. Schutzarrangement der westlichen Alliierten wird ein Sonderstatus in einem<br />

großen Teil von Irakisch-<strong>Kurdistan</strong> geschaffen.<br />

Als die irakische Regierung im Oktober 1991 die Wirtschaftsblockade gegen die Schutzzone<br />

verhängt, die Regierungsverwaltungen von dort zurückzieht und später die echte irakische<br />

Währung (Schweizer Druck) abschafft – die dann als eigene (kurdische) Währung in der<br />

Schutzzone verwendet wird, erreicht sie damit gerade das Gegenteil ihrer Absicht. Die<br />

Entschlossenheit der Kurden wird eigentlich dadurch noch stärker und die Selbständigkeit<br />

scheint diesmal doch in greifbare Nähe zu rücken. Um ein Machtvakuum zu vermeiden und die<br />

Krise zu überstehen sind die Kurden eben gezwungen ihre Selbstverwaltung – durch die<br />

<strong>Kurdistan</strong>-Front – zu übernehmen. Die Kurden nennen die Schutzzone nun auch in ihren Medien<br />

– in der Presse, in Rundfunk- und Fernsehsendern – freies <strong>Kurdistan</strong>.<br />

Die Auswirkungen des zweiten Golfkrieges, der Gegenoffensive des Baath-Regimes nach dem<br />

Aufstand, der internationalen Sanktionen, der Wirtschaftsblockade des Regimes, des Ausfalls der<br />

Gehälter und Löhne der Staatsbeamten und –angestellten und des Rückzugs und der Auflösung<br />

der Staatsverwaltungen sind aber auf das Leben bzw. auf die Situation der Bevölkerung in der<br />

Schutzzone katastrophal. Die <strong>Kurdistan</strong>-Front ist in der Tat überfordert. Einerseits herrscht<br />

Hunger, Armut und Massenarbeitslosigkeit. Andererseits mangelt es an Lebensmitteln,<br />

Medikamenten und Brennstoff. Zudem kommen Tausende von obdachlosen Flüchtlingen und<br />

Vertriebenen aus Kirkuk und anderen vom Baath-Regime kontrollierten Gebieten auf sie zu. 1<br />

Zahlreiche inkompetente und korrupte Funktionäre der <strong>Kurdistan</strong>-Front enttäuschen überdies<br />

nach kurzer Zeit die Bevölkerung – auch Mitglieder und Anhänger der politischen Parteien – in<br />

1 Vgl. Gohary, 1992, S.5-6.<br />

153

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!