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Freies Kurdistan Buch

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2.2.3. Die „Anfal-Kampagne“ ∗ (1988)<br />

Die militärischen Offensiven der irakischen Truppen im Jahre 1988 in <strong>Kurdistan</strong>, die als „Anfal-<br />

Kampagne“ bzw. „Operationen“ bekannt sind, werden bereits 1987 vom Baath-Regime<br />

sorgfältig vorbereitet, und zwar als Folgen eines durchdachten Planes zur „Endlösung“ der<br />

kurdischen Frage in Irakisch-<strong>Kurdistan</strong> durch die totale Vernichtung der kurdischen<br />

Widerstandsbewegung und der kurdischen Zivilbevölkerung, die sie unterstützt, und durch die<br />

Verwüstung von deren Heimat. Die führende Person dieser militärischen Operationen, Ali<br />

Hassan al-Majid, ist ein Cousin von Staatschef Saddam Hussein und ziemlich bekannt im Irak<br />

für seine besondere Grausamkeit. In Irakisch-<strong>Kurdistan</strong> wird er „Ali kimyawi“ (Chemiker)<br />

genannt. Von Kirkuk aus leitet al-Majid diesen Vernichtungsfeldzug gegen den kurdischen<br />

Widerstand bzw. gegen das kurdische Volk. Eingesetzt werden außer den regulären irakischen<br />

Streitkräften, der Republikanischen Elitegarde und der Baath-Miliz „der Volksarmee“ auch die<br />

kurdischen paramilitärischen Kollaborateure, die nun vom Baath-Regime als „Bataillone der<br />

Nationalen- (bzw. Patriotischen) Verteidigung“ (BdNV) bezeichnet werden – und sie dürfen den<br />

größten Teil der „Kriegsbeute“, nach der Plünderung und Zerstörung der angegriffenen Dörfer,<br />

für sich behalten. Hier „benutzen sie das Volk gegen das Volk“, eine bekannte kolonialistische<br />

Methode. 1<br />

Das Regime setzt nunmehr chemische Waffen offensiv und flächendeckend in Irakisch-<br />

<strong>Kurdistan</strong> ein, sowohl gegen die kurdische Widerstandsbewegung als auch gegen die kurdische<br />

Zivilbevölkerung in den Gebieten <strong>Kurdistan</strong>s, die von den kurdischen Partisanen (Peshmergas)<br />

befreit worden sind bzw. kontrolliert werden, aber auch in Gebieten, die nichts mit der<br />

Widerstandsbewegung zu tun haben.<br />

Die Anfal-Kampagne umfasst acht militärische Operationen zwischen dem 23. Februar und dem<br />

6. September 1988.<br />

Die erste „Anfal-Operation“ beginnt am 23. Februar und endet am 19. März. Sie trifft die<br />

Orte Yakhsamar, Malume am Berg Gojar, Haladin, Sergelu und Bergelu sowie Surdash und<br />

*Mit den Anfal-Offensiven will das irakische Baath-Regime die kurdische Nationalbewegung bzw. ihre politischmilitärischen<br />

Strukturen in Irakisch-<strong>Kurdistan</strong> und deren festen Rückhalt, die kurdische Zivilbevölkerung in den<br />

befreiten Gebieten, die sie uneingeschränkt unterstützt, endgültig vernichten. Anfal ist der Titel der 8. Sure des<br />

Koran. Sie erläutert den Umgang mit der Beute, die im Krieg gegen die Ungläubigen gemacht wird. Der<br />

Verwüstungsfeldzug, den das Baath-Regime 1988 in <strong>Kurdistan</strong> durchführt, wird mit der Bezeichnung „Anfal-<br />

Operationen“ mit einem religiösen Deckmantel verhüllt. Die meisten der getöteten und verschleppten Kurden und<br />

Kurdinnen sind jedoch gläubige Moslems. Im Gegensatz zu ihnen ist die Baath-Partei eine säkulare Partei und duldet<br />

keine religiöse (islamische) – aber auch nicht-religiöse – Opposition im Irak, vgl. Leukefeld, 1996, S.79. Für mehr<br />

Details über die “Anfal-Kampagne” siehe (HRW), 1995, S.63-199.<br />

1 Fanon, 1966, S.68.<br />

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