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Freies Kurdistan Buch

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Kampagne vorbei. Nach dem Widerhall der Bomben- und Granateneinschläge und dem Wehen<br />

des Pfefferminz- und Knoblauchgeruches der Giftgase der vergangenen Tage streicht nun über<br />

das stille Land nur noch Brandgeruch der verbrannten Dörfer und Felder.<br />

Die fünfte, sechste und siebente Anfal-Operationen ereignen sich zwischen dem 15. Mai und<br />

dem 26. August 1988. Sie treffen die Dörfer der Bergtäler von Shaqlawe und Rawandiz (in der<br />

Provinz Arbil): Smaquli-Tal, Wara, Kaniberd, Garowan, Bileh, Seran, Faqiyan, Akoyan, und die<br />

Dörfer des Balisan-Tales, die bereits im Mai 1987 Ziel von Giftgasangriffen waren. Die<br />

Zivilbevölkerung flieht in zwei Richtungen: Einige in Richtung Südosten, mit dem Ziel, ein<br />

Sammellager nahe der Stadt Ranye zu erreichen; andere nach Norden, um über die Berge in den<br />

Iran zu entkommen. Einige verliefen sich jedoch und landen an einem Ort in der Nähe von<br />

Khalifan, wo sich kurdische Kollaborateure der BdNV befinden. Sie werden von Truppen des<br />

Regimes umstellt und in ein Zeltlager gebracht. Von hier werden die Flüchtlinge später auf<br />

Armeelastwagen zunächst in Richtung Kirkuk abtransportiert. Auch von ihnen hört man nichts<br />

mehr. 1<br />

Die achte und letzte Anfal-Operation dauert vom 28. August bis zum 6. September 1988 und<br />

richtet sich gegen die Region von Badinan in der Provinz Duhok. Dieses Gebiet ist besonders<br />

geeignet für den Guerillakampf. Es ist ein strategisch wichtiges Hochgebirge im Dreiländereck<br />

(Türkei-Iran-Irak), wo sich hohe Berge mit tiefen schwer zugänglichen Tälern abwechseln.<br />

Hunderte Wasserquellen und etliche kleine Flüsse dort bilden den großen Zab (Zéy Badinan), der<br />

in den Tigris mündet. Um den Nachschub für die Widerstandskämpfer zu unterbinden, ist eine<br />

strenge Lebensmittelblockade von der Baath-Regierung gegen die Landbevölkerung in dieser<br />

Region verhängt worden. Bereits 1987 sind zwischen 40 und 50 Dörfer hier zerstört worden. Nun<br />

werden 49 Dörfer in dieser Anfal-Operation seit dem 25. August aus der Luft mit Giftgas<br />

angegriffen; zunächst trifft der Angriff das Hauptquartier der KDP in Zéwe Shkan. Im Laufe der<br />

Offensive fliegen irakische Kampfflugzeuge Angriffe auf weitere Dörfer entlang der Grenze zur<br />

Türkei. Insgesamt sterben über 1500 Menschen – vor allem Kinder – entweder sofort oder erst in<br />

den folgenden Tagen und Wochen. Die Dorfbewohner fliehen nach Norden, Richtung Türkei.<br />

Etwa 80.000 Menschen gelingt die Flucht über die Grenze in das Nachbarland; viele von ihnen<br />

wandern weiter in den Iran. 2 Doch unmittelbar nach den Giftgasangriffen blockieren die Truppen<br />

des Regimes die wenigen Straßen und Wege, die über die Berge führen, einschließlich der<br />

1 „Serdemi Niwé“, Mai 1988, S.7; vgl. auch Leukefeld, 1996, S.95-98.<br />

2 Die Türkei ließ die Flüchtlinge ungern über die Grenze herein. Wegen der schlechten Versorgungs- und Lebens-<br />

Bedingungen begaben sich über die Hälfte der Flüchtlinge in den Iran. vgl. medico international, 1990, S.6-8.<br />

Darüber hinaus bestritt die Türkei offiziell, dass es unter den Flüchtlingen Giftgasopfer gäbe! Hottinger, 1991, S.50.<br />

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