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Freies Kurdistan Buch

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267<br />

Siebentes Kapitel<br />

Theoretische Ansätze zu ethnischen Konflikten und Lösungsoptionen<br />

Als Leitfaden des Zugangs zur Problematik „Ethnizität“ sollen einige allgemeine<br />

terminologische Begriffe oder Bezeichnungen, wie Ethnie, Volk, Nationalität, Nation,<br />

Nationalismus, Minderheit und Staat definiert oder beleuchtet werden. 1<br />

Schon die Suche nach angemessenen Kategorien ist erschwert; zentrale Begriffe werden oft<br />

identisch gebraucht und kaum unterschieden, z.B. Ethnie, Volk, Nation und Nationalstaat.<br />

Die traditionellen (objektiven) Kriterien der Ethnien bzw. ethnischen Gruppen sind gemeinsame<br />

Abstammung, gleiche Kultur, Sprache, Rasse, Religion und Klasse. 2<br />

Nach Ansicht von Christian Scherrer sind drei dieser Merkmale (Klasse, Rasse und Religion)<br />

nicht sinnvoll; während er die ethnische Form der Vergesellschaftung von derjenigen der<br />

sozialen Klassen unterscheidet, lehnt er Rasse oder Religion bzw. Konfession als ethnische<br />

Kriterien gänzlich ab. 3<br />

Max Weber definiert die „ethnische Gruppe“ und die „Nation“ nicht nach empirischen<br />

gemeinsamen Qualitäten bzw. objektiven Kriterien, sondern subjektiv. Der Begriff Nation besagt<br />

seiner Auffassung nach: „dass gewissen Menschengruppen ein spezifisches<br />

Solidaritätsempfinden anderen gegenüber zuzumuten sei, gehört also der Wertsphäre an.“ 4<br />

Weber unterscheidet aber zwischen der „Nation“ und dem „Staatsvolk“, dazu schreibt er:<br />

„Denn zahlreiche politische Gemeinschaften [...] umfassen Menschengruppen, aus deren<br />

Kreisen emphatisch die Selbständigkeit ihrer “Nation“ den anderen Gruppen gegenüber betont<br />

wird, oder andererseits Teile einer von den Beteiligten als einheitliche “Nation“ hingestellten<br />

Menschengruppe.“ 5<br />

Auch der Anthropologe Fredrik Barth betrachtet in seiner Theorie über die „ethnischen Grenzen“<br />

den „Subjektivismus“ als das einzige Kriterium für die „ethnic boundaries“. Nach seiner<br />

Meinung ist nur die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe der ausschlaggebende Faktor. 1<br />

Ethnische Identität kann also als das Bewusstsein von Andersartigkeit oder kultureller<br />

Eigenständigkeit interpretiert werden.<br />

1 Für mehr Details zum Begriff der „Ethnizität“ vgl. Ammann, 2001, S.45 -56.Und für eine grundlegende Diskussion<br />

über das Ethnizitätskonzept siehe Heckmann, 1992 und Elwert 1989 und zum Begriff der „Nation“ siehe Anderson<br />

1988.<br />

2 Vgl. Zimmermann, 1992, S.75-118, in: Scherrer, 1997, S.22, vgl. auch Isajiw, 1964, S.11- 124 und Isajiw, in:<br />

Heinz, 1993, S.261-272.<br />

3 vgl. Scherrer, 1997, S.22-23.<br />

4 Weber, 1972, S.528.<br />

5 ebd.<br />

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