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Freies Kurdistan Buch

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und demokratisch gewählten kurdischen bzw. kurdistanischen Parlament unbedingt nötig war.<br />

Die Entfernung oder der Ausschluss dieser Parteien aus der höchsten Entscheidungsinstitution<br />

bzw. gesetzgebenden Versammlung der Region – als die <strong>Kurdistan</strong>-Front vom Parlament<br />

abgelöst wird – hat die mühsam und nach einem langwierigen Zwist zustande gekommene<br />

politische Einigung und Einheit der Widerstandsbewegung und deren politischer Parteien<br />

praktisch beendet, obwohl gerade ein „Führer der Befreiungsbewegung“ gewählt werden sollte.<br />

Überdies veranlasst die Abwesenheit dieser Parteien im Parlament die Pattsituation zwischen den<br />

beiden großen Fraktionen und begünstigt eine lähmende Aufteilung der Regierungsmacht<br />

zwischen ihnen auf der Basis der fifty:fifty-Vereinbarung, welche einen heftig ausgetragenen<br />

Machtkampf zwischen beiden großen Parteien KDP und PUK entbrennen lässt.<br />

Der Vorschlag von Massoud Barzani über die Beteiligung der kleinen Parteien am Parlament<br />

gleich nach den Wahlen war eben nötig zur Vermeidung der Pattsituation im Parlament sowie<br />

der Lähmung der Regierung durch die 50:50-Vereinbarung und die Ausübung der Macht<br />

außerhalb des gewählten Systems. Die Anwesenheit der kleinen Parteien im Parlament könnte<br />

wahrscheinlich den notwendigen Kompromiss bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den<br />

beiden großen Parteien zustande bringen.<br />

Zudem könnten diese bedeutenden Kräfte der Widerstandsbewegung damit für den geleisteten<br />

Kampf für die kurdische Sache belohnt werden. Diese kleinen Verbündeten der großen Parteien<br />

in der kurdischen Widerstandsbewegung hätten die Beteiligung am Parlament auch deshalb<br />

verdient. Hätten sich die politischen Führungen beider großen Parteien ernsthaft für das<br />

Weiterbestehen der politischen Eintracht und die Verstärkung der nationalen Einheit bei der<br />

Geburt der „kurdischen Demokratie“, entschieden, könnten sie den Abschied bzw. Abgang<br />

aktiver Kräfte der kurdischen Widerstandsbewegung – Verbündete der <strong>Kurdistan</strong>-Front – durch<br />

die erste demokratisch gewählte Legislative nicht schlicht und einfach hinnehmen. Die<br />

<strong>Kurdistan</strong>-Front hat die Einheit der Widerstandsbewegung und des kurdischen Volkes in der<br />

kritischsten Zeit in Irakisch-<strong>Kurdistan</strong> verkörpert, und sie hat wohl Konsensentscheidungen bei<br />

strittigen Fragen ermöglicht. Sie ist aber durch die Wahl des Parlaments außer Gefecht gesetzt<br />

worden.<br />

Nur eines, nämlich neue demokratische Wahlen, können nun das kurdische<br />

Selbstverwaltungsexperiment aus dem Schlamassel herausbringen und ihm zum Erfolg<br />

verhelfen. Geplante Neuwahlen werden aber aufgrund von Meinungsverschiedenheiten und<br />

internen Streitigkeiten wiederholt verschoben und finden nicht statt.<br />

1 Schmidt, 1994, S.99.<br />

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