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Freies Kurdistan Buch

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Zur Beruhigung des NATO-Partners besuchen westliche Staatsmänner (Ministerpräsidenten und<br />

Außenminister) stets die Türkei und betonen jedes Mal in ihren gemeinsamen Erklärungen mit<br />

der türkischen Regierung, dass sie „ein unabhängiges <strong>Kurdistan</strong> im Nahen Osten“ oder einen<br />

kurdischen Staat im Nordirak nicht dulden werden. 1<br />

Die vordringlichste Aufgabe der kurdischen Regionalregierung wird laut Ministerpräsident<br />

Fouad Massoum der Aufbau einer kurdischen Wirtschaft, die Einrichtung ordentlicher<br />

Verwaltungsstrukturen und die Erstellung eines kurdischen Gesetzbuches sein. 2<br />

4. Die innenpolitische Situation und Außenbedrohungen<br />

Die irakische Regierung übt nun keine Gebietshoheit in der Schutzzone bzw. in der<br />

selbstverwalteten Region <strong>Kurdistan</strong>s mehr aus. Die Region ist mit eigenem Parlament und<br />

eigener Regierung nach den Wahlen in der Tat de facto ein kurdischer Staat. Ohne internationale<br />

Anerkennung fehlt ihm aber die erforderliche politische Macht und materielle Basis für die<br />

Stabilität und Entwicklung. Hinzu kommen die andauernden Attacken, Bombardierungen,<br />

Sabotageakte, Drohungen und Schikanen des Baath-Regimes und die gelegentlichen Angriffe<br />

und ständigen Intrigen der Nachbarstaaten (der Türkei und des Irans).<br />

Gerade in der Bevölkerung wurden aber die Wahlen als die Lösung für alle kritischen Fragen<br />

schlechthin hochgelobt. Die Ernüchterung stellt sich jetzt langsam ein. Natürlich konnten die<br />

Wahlen die erwarteten Lösungen für die großen Probleme nicht bringen; sie hatten weder die<br />

unklare völkerrechtliche Position noch die heikle ökonomische Lage der Region verändern<br />

können. Die neugegründete mittellose kurdische Regierung kann die Versorgungsleistungen für<br />

die Bevölkerung, wie sie der irakische Rentierstaat vor dem Überfall auf Kuwait durch die<br />

„Petrodollars“ auch für einen Teil der Kurden vollbringen konnte, auf keiner Weise erbringen.<br />

Als sich diese Erkenntnis durchsetzt, beginnt es vielerorts zu brodeln. Auf die Landstraße von<br />

Kirkuk nach Sulaimaniya (z.B.) zieht die Bevölkerung der „Umsiedlungslager“ des Baath-<br />

Regimes und demonstriert „gegen Hunger und für Arbeitsmöglichkeiten“. „Um der Welt zu<br />

zeigen, dass unser Problem noch nicht gelöst ist“, “Wir wollen in unser Dorf zurück“, “Unsere<br />

Dörfer liegen an der iranischen Grenze, die ganze Region ist vermint“, sagen die Leute. 1 Zudem<br />

werden die Städte an dieser Straße (Chamchamal – Bazian) in dieser Zeit von immer neuen<br />

Flüchtenden aus Kirkuk aufgesucht. „Tag und Nacht fahren die Panzer durch Kirkuk, die Stadt<br />

1 Beşikçi, 1994, S.32.<br />

2 Schmidt, 1994, S.106.<br />

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