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Freies Kurdistan Buch

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Ein ziemlich neuer Begriff ist Ethno-Nationalismus; er versteht sich als gewaltlose (zivile)<br />

politische, soziale oder kulturelle Emanzipationsbewegung oder als bewaffnete<br />

Widerstandsbewegung gegen Verfolgung und Existenzbedrohung einer unterdrückten Nation<br />

bzw. Nationalität. 1 Diese Bezeichnung wird für zahlreiche Mobilisierungsformen verwendet, die<br />

auf die autonome Existenz spezifisch ethnischer Formen der Vergesellschaftung Bezug nehmen<br />

und diese politisieren. 2<br />

Die dominante Gruppe oder Ethnie in multiethnischen Staaten definiert sich als Mehrheit (oder<br />

Majorität), was manchmal demographisch gesehen nicht zutrifft. Minderheiten sind in aller<br />

Regel die Mehrheit in den von ihnen bewohnten – oder beanspruchten – Gebieten.<br />

Der Begriff der Minderheit ist daher erklärungsbedürftig. Die meisten Nationalitäten, welche sich<br />

in ihren historischen Rechten von den (neuen) Staaten eingeschränkt sehen, bedrängt, bedroht<br />

oder verfolgt werden, verstehen sich selbst nicht als eine Minderheit.<br />

Als Minderheiten (oder Minoritäten) werden solche Gruppen von Staatsangehörigen bezeichnet,<br />

die sich von der für den betreffenden Staat typischen Bevölkerungsmehrheit durch bestimmte<br />

Merkmale wie Sprache bzw. Volkszugehörigkeit, Religion, Konfession oder Rasse<br />

unterscheiden. Diskriminierung derartiger Minderheiten kann dadurch erfolgen, dass ihren<br />

Angehörigen der Genuss der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte vorenthalten wird, die<br />

sonst allgemein für alle Staatsbürger gelten. Dazu wollen sich die Minderheiten vor<br />

(Zwangs)Assimilierung bzw. Unterdrückung schützen. Sie propagieren das Recht, ihr Anderssein<br />

zu erhalten und zu pflegen.<br />

Die rechtliche, und zwar innerstaatliche Garantie dieses Anderssein als Minderheitenstatus kann<br />

die volle Verwirklichung des „Nationalstaates“ – im Sinne der Mehrheit oder des größten Volkes<br />

bzw. der größten Ethnie – überflüssig machen. Verweigerung oder nicht genügende Garantien<br />

des Minderheitenstatus können jedoch auch in entgegengesetzter Richtung in das „radikale“<br />

Selbstbestimmungsrecht umschlagen. Insofern ist die Garantie eines Minderheitenstatus und die<br />

Garantie eines Selbstbestimmungsrechtes ineinander verzahnt bzw. ineinander verschoben. 3<br />

Die Bezeichnung Minderheit ist relativ neu und wird erst seit den 20er Jahren des vergangenen<br />

Jahrhunderts verwendet. Minderheit ersetzt den älteren Begriff der Nationalität und betont<br />

einseitig die Beziehung zum Staat.<br />

1 Scherrer, 1997, S.154.<br />

2 ders., 1997, S.11-29.<br />

3 Stuby, 1994, S.49-51.<br />

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