11.02.2013 Aufrufe

Musikhochschulen an der Schwelle des 21. Jahrhunderts

Musikhochschulen an der Schwelle des 21. Jahrhunderts

Musikhochschulen an der Schwelle des 21. Jahrhunderts

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Künstlerische Entwicklungsvorhaben / Künstlerische Forschung 117<br />

die Entwicklung und den Einsatz <strong>an</strong><strong>der</strong>er Eigenschaften und<br />

Fähigkeiten.<br />

• Die Künste ermöglichen Sinnverstehen über ästhetische Erfahrungen,<br />

die Wissenschaften dagegen die Überprüfbarkeit von Thesen und<br />

Theorien.<br />

• Die Theorie hat im künstlerischen Bereich nicht die gleiche Rolle wie<br />

in <strong>der</strong> Wissenschaft. Sie hat eine Orientierungsrolle und dient dazu, in<br />

<strong>der</strong> Akkumulationsphase sich das erfor<strong>der</strong>liche Wissen <strong>an</strong>zueignen.<br />

Ein Meister wird jedoch nicht <strong>der</strong>, <strong>der</strong> die Theorie beherrscht und sie<br />

<strong>an</strong>wendet, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>, <strong>der</strong> die Regel bricht o<strong>der</strong> umgeht, um dabei<br />

neue Wege zu finden.<br />

Allerdings erweisen sich die Unterschiede im Vergleich zur<br />

wissenschaftlichen Forschung für die künstlerische Forschung nicht als<br />

Defizite. Vielmehr verhilft die künstlerische Forschung auch zu<br />

Erkenntnissen, wie sie Michael Pol<strong>an</strong>yi schon 1967 in seinem Buch „The<br />

tacit dimension“ beschrieben hat. Dort heißt es „we c<strong>an</strong> know more th<strong>an</strong><br />

we c<strong>an</strong> tell“ 39 , was im Kontext einer künstlerischen Forschung meint, dass<br />

künstlerisches Wissen <strong>an</strong><strong>der</strong>es Wissen generiert. 40<br />

Vor diesem Hintergrund stellt sich erneut die Frage nach dem richtigen<br />

Begriff. Die im Deutschen gebräuchlichen Begriffe ‚künstlerische<br />

Entwicklungsvorhaben’ und ‚künstlerische Forschung’ können nicht g<strong>an</strong>z<br />

überzeugen. Die Bezeichnung ‚Entwicklungsvorhaben’ suggeriert<br />

lediglich, dass m<strong>an</strong> die Absicht hat, dass sich etwas entwickeln soll. Das<br />

ist innerhalb <strong>der</strong> Forschung kein typischer Sprachgebrauch. Künstlerische<br />

Forschung wie<strong>der</strong>um stuft die Kunst zum bloßen Adjektiv herab, obwohl<br />

sie doch im Zentrum stehen sollte. In <strong>der</strong> Diskussion <strong>der</strong> Schweizer<br />

<strong>Musikhochschulen</strong> wurde <strong>des</strong>halb <strong>der</strong> Vorschlag gemacht, von „Kunst<br />

und Forschung“ 41 zu sprechen, was <strong>der</strong> Sache zweifellos schon näher<br />

kommt.<br />

39 Pol<strong>an</strong>yi, Michael (1967): The tacit dimension, New York, S. 4<br />

40 Den Hinweis auf Pol<strong>an</strong>yi verd<strong>an</strong>ke ich Nicole Schwindt.<br />

41 Dombois, F.: Kunst als Forschung. Ein Versuch, sich selbst eine Anleitung zu entwerfen.<br />

In: Hochschule <strong>der</strong> Künste Bern (Hrsg.): Jahrbuch 2006, Bern 2006, S. 26

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!