Musikhochschulen an der Schwelle des 21. Jahrhunderts

50 Die Positionierung der RKM in Bildung und Kultur
dieser Einfluss jedoch zunehmend mit der Einführung von Hochschulräten,
die an dieser Stelle in vielen Bundesländern einen immer stärkeren
Einfluss erhalten haben. Die Folge ist, dass das Berufsbild des Kanzlers
und damit die Anforderungen an die Qualifikation deutlich differenzierter
gesehen werden. War insbesondere für die Kuratorposition das
Juristenprivileg unbestritten, so stellen sich die Biografien heutiger
Kanzler/Kanzlerinnen deutlich heterogener dar. Nur noch 51 % der
deutschen Kanzlerinnen und Kanzler haben einen juristischen
Hintergrund. Eine wirtschaftswissenschaftliche Vorbildung weisen 25 %
auf und 11 % sind verwaltungswissenschaftlich ausgebildet. Die
restlichen 11 % haben einen sonstigen Studienhintergrund (Natur-,
Ingenieur- oder Sozialwissenschaften). 19 Während die formale Bedeutung
der Kanzlerposition eher geringer angesehen wird, hat durch die
Verlagerung von staatlichen Zuständigkeiten auf Hochschulen eine
deutliche Erweiterung des Tätigkeitsprofils und der Expertise der Kanzler
stattgefunden. 20
Im Gegensatz zu der Kanzlerposition an Universitäten liegen für die
adäquaten Positionen an künstlerisch-wissenschaftlichen Hochschulen
keine speziellen Untersuchungen vor. Zwar werden Differenzierungen
zwischen den staatlichen und den privaten Universitäten sowie den nichtuniversitären
Hochschulen bei den Ist-Erhebungen durchaus
vorgenommen, die insgesamt fast 50 künstlerischen Hochschulen werden
dabei jedoch nicht gesondert betrachtet. Dieses ist umso erstaunlicher,
als sich die Kanzlerposition an diesem Hochschultyp historisch völlig
anders entwickelt hat.
Grundsätzlich unterscheidet sich die Entstehungsgeschichte von
künstlerischen Hochschulen nicht von der Biografie anderer Hochschultypen.
Neben traditionsreichen Hochschulen (z.B. Mendelssohn Bartholdy
Hochschule Leipzig) findet sich eine Vielzahl der 24 Musikhochschulen,
die ihrer Entstehung der Bildungsexpansion in den sechziger und
siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts verdanken. Sie entstanden aus
Konservatorien, städtischen Musikausbildungsstätten oder wurden neu
19 A.Blümel (2010): Hochschulkanzler in Deutschland: Ergebnisse einer
hochschulübergreifenden Befragung, in: FÖV discussion papers; 61
20 Battis, U.: a.a.O.