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Massenbewegungen<br />

In Mitteleuropa gab es in den letzten 120 Jahren beispielsweise vier<br />

Zeiträume, in denen besonders viele Erdrutschungen beobachtet wurden. Allein<br />

in Rheinland-Pfalz fanden an der Jahreswende 1982/83 innerhalb von 24 Stunden<br />

280 Massenbewegungen statt, dabei gerieten insgesamt zehn Millionen Kubikmeter<br />

Erde und Geröll in Bewegung. Recherchen haben ergeben, dass solche<br />

Häufungen immer dann auftreten, wenn zwei oder drei Jahre lang überdurchschnittlich<br />

viel Niederschlag fällt. Solange der Boden nur feucht ist, hält die Oberflächenspannung<br />

eines dünnen Wasserfilms die Bodenteilchen zusammen und<br />

festigt so den Untergrund. Staut sich aber durch viel Regen die Nässe im Boden,<br />

drängt das zusätzliche Wasser die Bodenkörner auseinander. Es wirkt wie ein<br />

Schmiermittel und macht den Boden instabil. Beste Voraussetzungen für einen<br />

Erdrutsch. Kommt dann noch ein auslösendes Moment hinzu, wie ein plötzliches<br />

Auftauen der gefrorenen Erde durch einen Wärmeeinbruch oder ein heftiger<br />

Regenguss, ist die Katastrophe häufig nicht mehr aufzuhalten. Eine andere natürliche<br />

Ursache für Erdrutsche sind großflächige Erschütterungen der Landschaft<br />

durch Erdbeben oder Vulkanausbrüche.<br />

La Palma<br />

Teneriffa<br />

e a r rut<br />

e e un ri tun<br />

Lanzarote<br />

Fuerteventura<br />

Gran Canaria<br />

Durch Vulkanismus ausgelöste<br />

Massenbewegungen auf Inseln<br />

wie hier den Kanaren können<br />

riesige Flutwellen, so genannte<br />

Tsunamis, erzeugen.<br />

© MMCD NEW MEDIA<br />

Auch der Mensch ist nicht ganz unschuldig an den vielen Massenbewegungen:<br />

In fast 40 Prozent aller Fälle löst er einen Erdrutsch selbst aus, zum<br />

Beispiel durch Hanganschnitte für den Straßenbau, Aufschüttungen oder andere<br />

Baumaßnahmen. Zusätzlich haben auch schon länger zurückliegende menschliche<br />

Eingriffe noch heute massive Auswirkungen auf die Hangstabilität. Vor allem<br />

die schon im Mittelalter begonnene großflächige Rodung der Hangwälder hat<br />

vielerorts zu kahlen Hangflächen geführt, die der Erosion schutzlos ausgesetzt<br />

sind. Besonders fatal: Gerade diese „Hanglagen mit Aussicht“ sind heute besonders<br />

begehrtes Bauland. So wurde in den 1980er Jahren in Rheinhessen ein Gebiet<br />

mit dem vielsagenden Namen „In der Rutsch“ bebaut. Für die stolzen Bauherren<br />

ein teures Vergnügen: Trotz spezieller Fundamente kam es durch Erdbewegungen<br />

zu deutlichen Schäden an den Wohnhäusern.<br />

Erdrutsch nach dem großen<br />

Erdbeben im Jahr 2001 in El<br />

Salvador. © USGS<br />

Aber nicht jedes Abrutschen ist gleich. Je nach Geschwindigkeit und Art der<br />

Bewegung teilen Geologen Massenbewegungen in verschiedene Typen ein. Eine<br />

Abgrenzung zwischen den verschiedenen Formen ist allerdings oft schwierig, da<br />

die Übergänge fließend sind. In Festgesteinen treten Massenbewegungen vor<br />

allem im Hochgebirge auf. Dort lösen sich große Gesteinsmassen an Schichtgrenzen<br />

und poltern als größerer Felssturz, Bergsturz oder als Steinlawine zu Tal.<br />

Brechen immer wieder kleine Gesteinsbrocken ab, spricht man von Steinschlag.<br />

Die Geschwindigkeiten solcher Phänomene sind sehr hoch, meist liegen sie deutlich<br />

über fünf Kilometern pro Stunde.<br />

Ganz anders als Bergstürze laufen die Rutschungen ab. Hier bewegen sich<br />

die Gesteinsmassen eher gleitend als stürzend und bleiben während der Bewegung<br />

im Zusammenhang. Besonders auf tonigen Schichten beginnen ganze<br />

Gesteinsblöcke im Verband zu gleiten. Die Menge, die bei solchen Massenbewegungen<br />

verlagert wird, liegt nicht selten bei über einer Million Kubikmeter<br />

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