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Die Erde – ein dynamischer Planet<br />
größeren Asteroiden, die vermutlich in ihrer Frühzeit eine ähnliche Differenzierung<br />
in leichtere und schwerere Elemente durchgemacht hatten wie die Erde.<br />
Aber noch etwas anderes gab den entscheidenden Hinweis, dass der Erdkern<br />
metallisch und mit mindestens einer flüssigen Schicht ausgestattet sein muss: Das<br />
irdische Magnetfeld. Es sorgt dafür, dass ein Kompass immer nach Norden zeigt,<br />
dass es Polarlichter gibt, und es schützt uns vor den harten elektromagnetischen<br />
Strahlen aus dem All. Aber wie entsteht dieses Gitter aus Magnetfeldlinien? Schon<br />
früh vermuteten die Geowissenschaftler einen Mechanismus ähnlich dem eines<br />
Elektromagneten: Die Bewegung eines elektrisch leitenden flüssigen Mediums<br />
gegenüber einem feststehenden erzeugt ein elektrisches Feld. Dieses wiederum<br />
sorgt dafür, dass die Strömung anhält und das Magnetfeld aufrechterhalten<br />
wird. Und genau das, so die Theorie, läuft auch in der Erde ab: Die komplexen<br />
Strömungen im flüssigen äußeren Erdkern und ihr Wechselspiel mit dem festen<br />
inneren Kern erzeugen die Magnetfeldlinien. Das Ganze setzt aber voraus, dass<br />
beide Komponenten leitfähig sind – und damit höchstwahrscheinlich aus Metall<br />
bestehen.<br />
Die Existenz eines globalen<br />
Erdmagnetfelds deutet darauf<br />
hin, dass mindestens ein Kernteil<br />
flüssig sein muss. © NSF, Gary<br />
Glatzmaier/ Darcy E. Ogden /<br />
University of California Santa<br />
Cruz/Paul H. Roberts/UCLA<br />
2007 gelang es schwedischen und russischen Forschern sogar herauszufinden,<br />
in welcher Form das Eisen im Kern angeordnet ist. Schon länger hatte man<br />
beobachtet, dass Wellen an der Oberfläche und im Inneren des inneren Kerns<br />
unerklärlich langsam liefen – fast so, als wenn dieser Kernbereich nicht ganz fest,<br />
sondern weich und sogar zähfließend wäre. Aber fest musste er sein, damit er<br />
zusammen mit dem flüssigen äußeren Kern den „Magnetdynamo“ antreiben kann.<br />
Zudem waren die Wellengeschwindigkeiten höher, wenn diese den Kern in Nord-<br />
Süd-Richtung passierten, und geringer, wenn sie von dieser Achse abwichen. Die<br />
Erklärung lieferte eine auf den Wellendaten basierende Simulation auf einem<br />
Supercomputer. Sie ergab, dass die Eisenatome unter dem<br />
gewaltigen Druck und der Hitze eine besondere Konformation<br />
einnehmen: Sie sind nicht alle gleich fest miteinander<br />
verbunden, sondern bilden würfelförmige Strukturen, eine<br />
so genannte raumzentrierte kubische Gitteranordnung. Die<br />
einzelnen Würfel sind dabei mit ihren Nachbarn nur lose,<br />
wie mit Gummibändern, verknüpft. Das erlaubt ein seitliches<br />
Verschieben und Gleiten und erklärt die Plastizität des<br />
inneren Kerns.<br />
Noch allerdings sind die Forscher weit davon entfernt,<br />
die Strukturen und Prozesse im Kern oder im Erdmantel<br />
restlos verstanden und aufgeklärt zu haben. Ganz im Gegenteil:<br />
Fast jede neue Erkenntnis wirft auch wieder neue –<br />
offene – Fragen auf. Die „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ ist<br />
demnach noch lange nicht vollendet.<br />
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