bok%3A978-3-642-01313-3
bok%3A978-3-642-01313-3
bok%3A978-3-642-01313-3
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
Höhlen, Löcher und verschwindende Flüsse<br />
chemische Verwitterungsprozess im Gestein fortschreitet,<br />
desto größere Risse und Spalten tun sich im Erdboden auf.<br />
Doch wo Kalk als Gestein vorkommt, prägt er deshalb<br />
auf einmalige Weise das Gesicht ganzer Landschaften: von<br />
tiefen Klüften zerfressener Fels, versiegende Seen, ausgedehnte<br />
Höhlensysteme, dichte Wälder in den Tropen und<br />
karge Wiesen in unseren Breiten. Benannt ist der Karst nach<br />
einem 500 Meter hohen Plateau zwischen Triest, Vipava,<br />
Gorica und Postojna, dem slowenischen „Kras“, das reich an<br />
Dolinen, Poljen, Tropfsteinhöhlen und Sinterterrassen unterschiedlicher<br />
Größe ist.<br />
Die Intensität der Verwitterung und damit auch die Ausprägung der Karstformen<br />
ist in den feuchtheißen Zonen der Erde am höchsten. In den tropischen<br />
Regionen ist die Karstlandschaft zudem meist von dichter Vegetation bedeckt –<br />
man spricht auch vom „bedeckten“ oder „grünen“ Karst. Die malerischen Karstfelsen<br />
aus der chinesischen Region von Guilin sind sicher die bekanntesten<br />
Beispiele dafür. In den gemäßigten Zonen zeigt sich der Karst dagegen meist<br />
ohne Bewuchs („nackter Karst“) als schroffe, weißgraue Landschaft – wie etwa das<br />
Gottesackerplateau im Kleinwalsertal oder der Burren, eine einzigartige Karstlandschaft<br />
in Irland. Die bedeutendsten Karstgebiete in Europa liegen in den Alpen<br />
und im Dinarischen Gebirge. In den Alpen sind es vor allem die Kalklandschaften<br />
der Nördlichen und Südlichen Kalkalpen, der Französischen Kalkalpen und der<br />
Provenzialischen Bergketten. Auch der Schweizer Jura besteht zum größten Teil<br />
aus Kalkstein. In Deutschland findet man größere Kalklandschaften – neben dem<br />
deutschen Anteil an den Nördlichen Kalkalpen – vor allem im Bereich der Schwäbischen<br />
und Fränkischen Alb.<br />
Die bzarren Karstfelsen von<br />
Guilin liegen am Fluss Li Jiang<br />
in der südchinesischen Provinz<br />
Guangxi. © GFDL<br />
Calciumcarbonat (CaCO3)<br />
kristallisiert im Tropfstein<br />
H2O<br />
Kalkstein (CaCO3)<br />
+ Kohlensäure (H2CO3)<br />
Kohlendioxid (CO2)<br />
in der Luft<br />
Calciumhydrogencarbonat (Ca(HCO3)2)<br />
im Sickerwasser<br />
Wasser (H2O)<br />
im Regen<br />
Kohlensäure (H2CO3)<br />
im sauren Regen<br />
Calciumcarbonat (CaCO3)<br />
im Kalkstein<br />
Auflösung<br />
Der Kreislauf des Kalks<br />
Verantwortlich für die Zersetzung des Kalkgesteins ist Kohlensäure<br />
(H 2 CO 3 ). Sie bildet sich, wenn sich das Regenwasser (H 2 O) mit dem in<br />
der Luft gelösten Kohlendioxid (CO 2 ) verbindet.<br />
Das angereicherte Regenwasser dringt entlang von Spalten und Klüften<br />
in den kalkhaltigen Gesteinsuntergrund ein. Es bilden sich Sickerkanäle,<br />
durch die das Wasser zum nächsten Grundwasserleiter und von<br />
dort weiter über Flüsse zum Meer gelangt. Entlang der Sickerkanäle<br />
löst die im Wasser enthaltene Kohlensäure das umgebende Gestein<br />
aus Calciumcarbonat (CaCO 3 ) langsam auf (Kohlensäure- oder Kalklösungsverwitterung).<br />
Als Ergebnis entsteht Calciumhydrogencarbonat<br />
(Ca(HCO 3 ) 2 ). Die gelösten Partikel werden anschließend mit dem fließenden<br />
Wasser ausgespült. Durch anhaltenden Abbau erweitern sich<br />
die Klüfte im Laufe der Zeit zu ganzen Höhlensystemen. © MMCD NEW<br />
MEDIA<br />
195