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Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

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Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />

Arbeitsmarktwirkungen<br />

Zunächst hat vor allem die steigende Niedriglohnkonkurrenz erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte<br />

der Industrieländer. Insbesondere Geringqualifizierte, die handelbare Güter herstellen, sind davon betroffen.<br />

Denn in den wohlhabenden Ländern sinkt die Nachfrage nach ihren Qualifikationsprofilen aufgrundsteigender<br />

Importkonkurrenz und der Verlagerung einfacher Tätigkeiten ins Ausland. 203 Damit können sich Einkommensund<br />

Arbeitsplatzchancen dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verschlechtern. Dagegen werden hohe<br />

Qualifikationen immer stärker nachgefragt. Deshalb zeigt sich in vielen Industrieländern – auch in Deutschland –<br />

eine zunehmende Lohnungleichheit zwischen Hoch- und Geringqualifizierten. 204<br />

Eine große Herausforderung für die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik liegt folglich darin,<br />

geringqualifizierten Menschen neue Perspektiven zu ermöglichen. Staatliche Unterstützung ist dabei<br />

gerechtfertigt, da damit die gesamtwirtschaftlichen Vorteile der Globalisierung auch zu denjenigen<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer umverteilt werden können, die zumin<strong>des</strong>t vorübergehend aus dem ersten<br />

Arbeitsmarkt herausfallen.<br />

In gesamtwirtschaftlicher Perspektive ist die pauschale Sorge, die Globalisierung würde in den Industrieländern<br />

zu einem vermeintlichen Ende der Arbeit führen, nicht gerechtfertigt. Es gehen zwar Arbeitsplätze verloren,<br />

doch bei funktionsfähigen Arbeitsmärkten entstehen durch die Wohlstandsgewinne auch höhere Einkommen und<br />

damit eine zusätzliche Nachfrage und neue Arbeitsplätze, beispielsweise in der Dienstleistungsbranche. In der<br />

Tat ist nach Angaben der Datenbank <strong>des</strong> Groningen Growth and Development Centers die Zahl der Arbeitsplätze<br />

in den Industrieländern 205 seit 1985 nicht gesunken, sondern bis vor der Finanzkrise um beachtliche rund<br />

25 Prozent – oder etwa 85 Millionen – gestiegen. Auch das Arbeitsvolumen nahm in diesem Zeitraum um rund<br />

18 Prozent zu.<br />

Steigende Konkurrenz der Schwellenländer<br />

Die Schwellenländer machen den Industrieländern jedoch nicht nur im Niedriglohnbereich mehr Konkurrenz.<br />

Auch bei technologisch anspruchsvolleren Produkten holen China und manche andere Schwellenländer auf –<br />

und können trotzdem noch deutlich billiger anbieten. Es stellt sich daher die Frage, ob Deutschland und andere<br />

hoch entwickelte Länder in Bezug auf ihre komparativen Vorteile bei Wissen und Innovationsfähigkeit gefährdet<br />

werden. Werden sie selbst in ihren eigentlich starken Bastionen angegriffen, wie etwa die These vom „Weltkrieg<br />

um Wohlstand“ 206 suggeriert?<br />

Bislang ist es der deutschen Wirtschaft weitgehend gelungen, diese Herausforderungen zu meistern. 207 So konnte<br />

sie ihren Innovationsvorsprung in vielen Bereichen verteidigen. Außerdem verbessern China und andere ihre<br />

Produktivität nicht nur bei unseren Export-, sondern auch bei unseren Importgütern, wovon wir im Zuge der<br />

damit verbundenen Preisvorteile profitieren. Auch ist die Sorge wohl übertrieben, dass das Heer an gut<br />

ausgebildeten, aber trotzdem billigen Hochschulabsolventinnen und -absolventen vor allem in China und Indien<br />

zu einer Abwanderung der Hochtechnologieproduktion in diese Staaten führen könnte. Denn die Welt<br />

konkurriert sehr stark um diese Arbeitskräfte, sodass die Löhne von Fachkräften in Schwellenländern in den<br />

vergangenen Jahren bereits sprunghaft gestiegen sind – und auch in Zukunft weiter zunehmen werden.<br />

203<br />

Die Globalisierung ist aber nicht die einzige Ursache für eine sinkende Nachfrage nach geringqualifizierter<br />

Arbeit in den Industrieländern. Denn vor allem der einfache Arbeit sparende technische Fortschritt wirkt in die<br />

gleiche Richtung. Empirisch ist es sehr schwierig, beide Triebkräfte voneinander zu trennen, da sie sich<br />

gegenseitig beeinflussen. Vgl. OECD (2007). Offshoring and Employment; International Monetary Fund (IMF)<br />

(2007). World Economic Outlook, October; Krugman, Paul (2008). Trade and Wages, Reconsidered; Lawrence,<br />

Robert (2008). Blue-collar Blues; Matthes, Jürgen (2008). Globalisierung.<br />

204<br />

Vgl. Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) (2011). Divided We Stand: Why<br />

Inequality Keeps Rising. Paris. Special Focus: Inequality in Emerging Economies (EEs): 47-82; siehe auch<br />

Kapitel 3.6 dieses Berichts.<br />

205<br />

In die Berechnung sind die folgenden Staaten einbezogen: Australien, Belgien, Dänemark, Deutschland (vor<br />

1991 Westdeutschland; der Wiedervereinigungseffekt wurde herausgerechnet), Finnland, Frankreich,<br />

Griechenland, Irland, Island, Italien, Japan, Kanada, Luxemburg, Neuseeland, die Niederlande, Norwegen,<br />

Österreich, Portugal, Schweden, die Schweiz, Spanien, die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich.<br />

206<br />

Steingart, Gabor (2006). Weltkrieg um Wohlstand.<br />

207<br />

Vgl. Matthes, Jürgen (2007). Weltkrieg um Wohlstand und pathologischer Exportboom?<br />

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