18.04.2013 Aufrufe

Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

2642<br />

2643<br />

2644<br />

2645<br />

2646<br />

2647<br />

2648<br />

2649<br />

2650<br />

2651<br />

2652<br />

2653<br />

2654<br />

2655<br />

2656<br />

2657<br />

2658<br />

2659<br />

2660<br />

2661<br />

2662<br />

2663<br />

2664<br />

2665<br />

2666<br />

2667<br />

2668<br />

2669<br />

2670<br />

2671<br />

2672<br />

2673<br />

2674<br />

2675<br />

2676<br />

2677<br />

2678<br />

2679<br />

2680<br />

2681<br />

Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />

Gleichzeitig hat die aktuelle Schuldenlage im Euroraum verdeutlicht, dass die Finanzmärkte das Risiko eines<br />

Zahlungsausfalls der jeweiligen Mitgliedsstaaten mittlerweile stärker einpreisen. Die Risikoprämien auf<br />

Anleihen von Krisenstaaten wie Griechenland, Irland und Portugal sind seit 2008 im Vergleich zum übrigen<br />

Euroraum erheblich gestiegen. Mittlerweile finanzieren sich diese Länder im Rahmen der Euro-Rettungsschirme.<br />

Für die Bun<strong>des</strong>republik impliziert all dies, dass eine Rückführung der gegenwärtigen Verschuldungsquote aus<br />

einer Reihe gewichtiger Gründe geboten ist. Die Rückführung der gegenwärtigen Verschuldungsquote stellt<br />

damit die notwendige Reaktionsfähigkeit für den Fall einer künftigen Wirtschaftskrise wieder her und sichert das<br />

Vertrauen der privaten Kapitalgeberinnen und Kapitalgeber. Auch schafft sie mittelfristig die Grundlage für<br />

Investitionen in Schlüsselbereiche wie Bildung, Forschung und Infrastruktur. Aus europapolitischer Sicht ist die<br />

Einhaltung der vertraglichen Verschuldungsgrenze von 60 Prozent <strong>des</strong> nominalen BIP erforderlich. Darüber<br />

hinaus ist es höchst bedeutsam, dass Deutschland eine Vorbildfunktion wahrnimmt, um zu einer Lösung der<br />

europäischen Schuldenkrise beizutragen. Die Rückführung der Neuverschuldung ist oberstes Ziel, sollte aber<br />

sowohl die Einnahme- als auch die Ausgabeseite in den Blick nehmen.<br />

3.3 Wachstum und Finanzmarkt<br />

Die Erfahrung der weltweiten Finanzkrise hat zu einer Diskussion um die Ausgestaltung der Finanzmärkte und<br />

<strong>des</strong> Bankensektors geführt. So wird die Frage aufgeworfen, ob Finanzmärkte in entwickelten Industrienationen<br />

in ihrer gegenwärtigen Form einen positiven, negativen oder neutralen Einfluss auf den wirtschaftlichen<br />

Wohlstand ausüben. Dabei ist weitgehend unstrittig, dass Finanzmärkte und Banken – in Deutschland mit der<br />

spezifischen Drei-Säulen-Struktur aus Privatbanken, Genossenschaftsbanken und öffentlich-rechtlichen<br />

Instituten (Sparkassen und Lan<strong>des</strong>banken) – grundsätzlich wichtige Funktionen in den modernen<br />

Volkswirtschaften erfüllen und sich nicht ohne Grund herausgebildet haben. Im Folgenden wird daher zunächst<br />

der Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und den Finanzmärkten erörtert. Da die Finanzmärkte in<br />

ihrer Funktion als Komplement zum Bankensektor gesehen werden können, 79 wird das Finanzsystem insgesamt<br />

betrachtet. Anschließend wird kurz dargestellt, welche Konsequenzen aus den Erfahrungen der jüngsten<br />

Finanzkrise gezogen werden können. Eine ausführlichere Analyse der Finanzkrise und der notwendigen<br />

Reformen wird von der Projektgruppe 4 („Nachhaltig gestaltende Ordnungspolitik“) im Kapitel „Regulierung<br />

der Finanzmärkte“ geleistet.<br />

3.3.1 Theoretischer und empirischer Zusammenhang von Finanzsystem und<br />

Wirtschaftswachstum<br />

Prinzipiell dient das Finanzsystem dazu, im Rahmen einer arbeitsteiligen Wirtschaft Informationsasymmetrien<br />

und Transaktionskosten zwischen Schuldnern und Gläubigern zu minimieren. 80 Zwar können Individuen auch<br />

direkt miteinander Kreditverträge abschließen, jedoch würden dadurch erhöhte Kosten entstehen, die ein<br />

etabliertes und ausreichend reguliertes Finanzsystem durch folgende Vorteile reduzieren kann: 81<br />

a) Bessere Information über Investitionsmöglichkeiten: Für Individuen ist es sehr kostspielig und<br />

zeitaufwendig, in Erfahrung zu bringen, welches Investitionsprojekt lohnend ist. Ein funktionstüchtiges<br />

Finanzsystem besitzt hierbei Spezialisierungsvorteile und kann so dazu beitragen, dass Individuen<br />

leichter ihr optimales Projekt finden, Informationsgewinnungskosten reduzieren und das durch die<br />

Kostensenkung gewonnene Kapital reinvestieren.<br />

b) Überwachung und Weisung bei Investitionsprojekten: Anlegerinnen und Anleger haben die<br />

Möglichkeit, die eigenen Investments zu überwachen und Weisungen an das Management abzugeben,<br />

mehr Spielraum in konjunkturellen Schwächephasen, erforderte dafür aber in Aufschwungjahren eine<br />

ehrgeizigere Konsolidierung als bisher vorgeschrieben. Grundgesetzlich vorgeschrieben ist allein die<br />

symmetrische Berücksichtigung von Auf- und Abschwüngen.<br />

79<br />

Vgl. Levine, Ross (2005). Finance and Growth.<br />

80<br />

Informationsasymmetrien existieren insbesondere, weil der Gläubiger nicht exakt evaluieren kann, inwieweit<br />

der Schuldner kreditwürdig ist. Er verfügt somit über weniger Informationen als der Schuldner, der sein Risiko<br />

besser einschätzen kann. Transaktionskosten spiegeln hingegen Kosten wider, die durch den Abschluss von<br />

Verträgen entstehen. So fallen darunter unter anderem Verhandlungs-, Bearbeitungs-, und<br />

Informationsbeschaffungskosten. Eine strenge Regulierung <strong>des</strong> Finanzsystems ist auch <strong>des</strong>halb notwendig, damit<br />

die Finanzintermediäre ihre Funktion, Informationsasymmetrien zwischen Schuldnern oder Gläubigern zu<br />

minimieren und hohe Transaktionskosten zu vermeiden, auch tatsächlich wahrnehmen.<br />

81<br />

Vgl. im Folgenden Levine, Ross (2005). Finance and Growth; sowie Sachverständigenrat zur Begutachtung<br />

der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2008). Das deutsche Finanzsystem.<br />

71

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!