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Deutscher Bundestag Entwurf des Gesamtberichts

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Enquete Gesamtbericht Stand 8.4.2013: Teil B: Projektgruppe 1<br />

Ausfallsrisiko in verschiedene Kategorien ein. So wurden auch die letztlich mit amerikanischen<br />

Immobilienkrediten besicherten CDO sowie die Staatsanleihen aller Länder <strong>des</strong> Euroraums von Ratingagenturen<br />

bewertet. Indem Ratings die Informationsasymmetrien verringern, soll Investoren die Entscheidungsfindung bei<br />

dem Kauf von Finanzmarktprodukten erleichtert werden. Eine verlässliche Bewertung setzt allerdings die<br />

Unabhängigkeit der Agentur voraus. 96 Ein fundamentales Problem bestand jedoch darin, dass Ratingagenturen<br />

von den Banken beauftragt wurden, die neu auf den Markt zu bringenden Produkte vorab zu bewerten. Zwar<br />

kam es dabei vor, dass CDO vorab auch negativ eingestuft wurden. Die Banken bekamen aber nach dieser<br />

Einstufung die Möglichkeit, ihre Finanzkonstrukte entsprechend neu zu strukturieren, dass sie einer positiven<br />

Einstufung gerecht wurden. Beratung und Bewertung wurden also von der gleichen Institution durchgeführt, was<br />

zu der Befürchtung Anlass gibt, dass die Bewertungsabteilung einer Agentur nicht unabhängig von der<br />

Beratungsabteilung urteilt. Zudem wurde die Bezahlung vom Konstrukteur der Produkte geleistet, der ein<br />

natürliches Interesse an einer möglichst guten Bewertung hat. Um derartige Interessenkonflikte zu vermeiden, ist<br />

anzuraten, Beratung und Bewertung streng voneinander zu trennen und zudem einen anderen Weg der<br />

Bezahlung zu finden, zum Beispiel durch die Käufer der Wertpapiere. Schließlich sollte eine Kontrolle der<br />

Ratingagenturen – wie bei den Banken durch Basel III – eingeführt werden. 97<br />

Des Weiteren ist es notwendig, international gültige Rahmenbedingungen wie zum Beispiel Basel III<br />

auszuhandeln und insbesondere auch in den Vereinigten Staaten durchzusetzen. Darin müssen die Fehler, die in<br />

den bisherigen Regulierungssystemen wie Basel I oder II zur Finanzkrise beigetragen haben, beseitigt werden.<br />

Dazu zählen die Herausnahme der Zweckgesellschaften und Hedgefonds von der Bankenregulierung, die<br />

prozyklisch wirkende Mark-to-Market-Methode und die ungenügende Unterlegungspflicht mit Eigenkapital. Im<br />

reformierten System sollten daher explizit höhere Eigenkapitalquoten verankert werden. Ebenfalls sollte eine<br />

international einheitliche Rechnungslegungsform (entweder International Financial Reporting Standards, IFRS,<br />

oder Generally Accepted Accounting Principles, GAAP) festgelegt werden, sodass es zu keinen<br />

unterschiedlichen Bilanzierungsmöglichkeiten kommen kann. Grund hierfür ist, dass die Bilanzsumme – und<br />

damit die als Anteil an der Bilanzsumme berechnete Eigenkapitalquote – je nach angewandter<br />

Rechnungslegungsform deutlich unterschiedlich ausfallen kann. Eine Erhöhung der regulatorischen<br />

Eigenkapitalanforderung kann also aktuell durch die Wahl der entsprechenden Bilanzierungsform umgangen<br />

werden, ohne dass sich das eingegangene Risiko tatsächlich ändert. In Anbetracht <strong>des</strong>sen wäre es von Vorteil,<br />

eine globale oder zumin<strong>des</strong>t europäische Bankenaufsicht einzuführen, der die nationalen Aufsichtsbehörden<br />

untergeordnet sind. Dies würde es ermöglichen, die empfohlenen Regulierungsmaßnahmen leichter zu<br />

implementieren und Verstöße effizienter zu sanktionieren. Hierdurch wäre eine internationale Angleichung und<br />

Optimierung der Finanzmärkte möglich.<br />

Wichtig wäre zudem, nicht nur Banken, sondern alle finanziellen Unternehmen einer – soweit zielführend –<br />

einheitlichen Regulierung zu unterwerfen. Bezieht sich eine Regulierungsverschärfung nämlich nur auf den<br />

Bankensektor, so besteht die Gefahr, dass riskante Aktivitäten auf weniger kontrollierte Akteure verschoben<br />

werden, ohne dass sich das makroökonomische Risiko verringert. Auch die Aktivitäten am Rande <strong>des</strong> regulierten<br />

Bankensystems (insbesondere in Schattenbanken oder Zweckgesellschaften) sollten in den Regulierungsrahmen<br />

einbezogen werden.<br />

Flankierend könnten auch Selbstverpflichtungen der Banken und anderer finanzieller Unternehmen eine Rolle<br />

spielen. Dazu zählen zum Beispiel die ursprünglich aus dem Nachhaltigkeitsbereich der Banken stammenden<br />

UN Principles for Responsible Investments (UN PRI). Zudem könnten organisatorische Maßnahmen einen<br />

schnell umsetzbaren Beitrag für mehr Stabilität leisten, zum Beispiel die Einführung eines sogenannten New-<br />

Product-Approval-Prozesses, bei dem neue Produkte vor ihrer Einführung einen transparenten und<br />

nachvollziehbaren Genehmigungsprozess durchlaufen.<br />

Auch die Struktur und Organisation <strong>des</strong> Bankensektors insgesamt sollte mit Blick auf die Too-big-to-fail-<br />

Problematik behandelt werden. Konkret wäre zu prüfen, ob eine Einführung <strong>des</strong> sogenannten Trennbanken-<br />

Systems nicht eine zielführende regulatorische Maßnahme sein könnte, um eine Trennung von Risiken aus dem<br />

96<br />

Hier setzen bereits mehrere EG- beziehungsweise EU-Verordnungen an, deren Ziel es ist, die Unabhängigkeit<br />

und Transparenz der Ratingagenturen zu erhöhen. Bereits in Kraft getreten sind die Verordnungen Nr.<br />

1060/2009, 513/2011, 272/2012 sowie 946/2012. Vgl. Europäische Union (2009). Amtsblatt der Europäischen<br />

Union Nr. L 302/1 vom 17. November 2009; Europäische Union (2011). Amtsblatt der Europäischen Union Nr.<br />

L 145/30 vom 31. Mai 2011; Europäische Union (2012). Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 90/6 vom 28.<br />

März 2012; sowie Europäische Union (2012). Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 282/23 vom 16. Oktober<br />

2012.<br />

97<br />

Vgl. Sinn, Hans-Werner (2010). Kasino-Kapitalismus:77-181 sowie 394 f.<br />

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